Moritz, Karl Philipp: Anton Reiser. Bd. 3. Berlin, 1786.Es bemächtigte sich seiner hiebei ein Gefühl, Allein kein Zufall in seinem Leben fügte sich Es bemaͤchtigte ſich ſeiner hiebei ein Gefuͤhl, Allein kein Zufall in ſeinem Leben fuͤgte ſich <TEI> <text> <body> <pb facs="#f0016" n="6"/> <p>Es bemaͤchtigte ſich ſeiner hiebei ein Gefuͤhl,<lb/> das er in ſeinen Leben noch nicht gekannt hatte<lb/> — <hi rendition="#fr">ſeinen Vater neben ſich in bittender<lb/> Stellung vor dem Paſtor M... ſtehen zu<lb/> ſehen</hi>, war ihm unertraͤglich — alles in der<lb/> Welt haͤtte er darum gegeben, daß dieſer in dem<lb/> Augenblick hundert Meilen weit entfernt geweſen<lb/> waͤre. — Er fuͤhlte ſich in ſeinem Vater doppelt<lb/> gedemuͤthigt und beſchaͤmt — und dann kam der<lb/> Verdruß dazu, daß ihm die ganze Fußfallsſcene<lb/> mißlungen war — alles ging nun ſo <hi rendition="#fr">kalt</hi>, ſo<lb/><hi rendition="#fr">gemein</hi>, ſo <hi rendition="#fr">gewoͤhnlich</hi> zu — — Reiſer ſtand<lb/> ſo unausgezeichnet, wie ein ganz gemeiner, all¬<lb/> taͤglicher Boͤſewicht da, dem man uͤber ſein Be¬<lb/> tragen die verdienten Vorwuͤrfe macht — und er<lb/> wollte ſich doch ſelbſt, als einen recht großen Boͤ¬<lb/> ſewicht ſchildern, und ſelbſt die haͤrteſte Strafe<lb/> fuͤr ſein Verbrechen nun auf ſich herab erbit¬<lb/> ten. —</p><lb/> <p>Allein kein Zufall in ſeinem Leben fuͤgte ſich<lb/> vielleicht mehr zu ſeinem wahren Vortheil, als<lb/> eben dieſer — Waͤre es ihm dißmal mit der an¬<lb/> gelegten Scene gelungen, wer weiß, wozu er in<lb/> der Folge noch geſchritten, und was fuͤr Rollen<lb/></p> </body> </text> </TEI> [6/0016]
Es bemaͤchtigte ſich ſeiner hiebei ein Gefuͤhl,
das er in ſeinen Leben noch nicht gekannt hatte
— ſeinen Vater neben ſich in bittender
Stellung vor dem Paſtor M... ſtehen zu
ſehen, war ihm unertraͤglich — alles in der
Welt haͤtte er darum gegeben, daß dieſer in dem
Augenblick hundert Meilen weit entfernt geweſen
waͤre. — Er fuͤhlte ſich in ſeinem Vater doppelt
gedemuͤthigt und beſchaͤmt — und dann kam der
Verdruß dazu, daß ihm die ganze Fußfallsſcene
mißlungen war — alles ging nun ſo kalt, ſo
gemein, ſo gewoͤhnlich zu — — Reiſer ſtand
ſo unausgezeichnet, wie ein ganz gemeiner, all¬
taͤglicher Boͤſewicht da, dem man uͤber ſein Be¬
tragen die verdienten Vorwuͤrfe macht — und er
wollte ſich doch ſelbſt, als einen recht großen Boͤ¬
ſewicht ſchildern, und ſelbſt die haͤrteſte Strafe
fuͤr ſein Verbrechen nun auf ſich herab erbit¬
ten. —
Allein kein Zufall in ſeinem Leben fuͤgte ſich
vielleicht mehr zu ſeinem wahren Vortheil, als
eben dieſer — Waͤre es ihm dißmal mit der an¬
gelegten Scene gelungen, wer weiß, wozu er in
der Folge noch geſchritten, und was fuͤr Rollen
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