Doch denke einen Gott, und schnell wirds um dich helle -- Und deine Seele schwingt sich mächtig him¬ melan. --
Durch die Empfindungen, welche während der Zeit, daß er diß Gedicht verfertigte, in ihm abwechselten, war wirklich seine ganze Seele er¬ schüttert -- er bebte vor dem schrecklichen Ab¬ grunde des blinden Ohngefährs, an dessen Rande er schon stand, mit Schaudern und Entsetzen zurück, und schmiegte sich gleichsam mit allen seinen Gedan¬ ken und Empfindungen in die tröstende Idee von dem Daseyn eines alles regierenden und lenken¬ den gütigen Wesens hinein --
Da nun diß Gedicht auch seines Freundes völ¬ ligen Beifall fand, so lernte es auswendig, und den nächsten Tag in der Woche, da Deklama¬ tionsübung war, nahm er sich vor, es zu dekla¬ miren. -- Er erschien hierbei mit seinem neuan¬ geschaften Kleide, das sich ziemlich gut ausnahm, und das erste feine Kleid war, welches er in sei¬ nem Leben trug -- das war ein nicht unbedeu¬
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Doch denke einen Gott, und ſchnell wirds um dich helle — Und deine Seele ſchwingt ſich maͤchtig him¬ melan. —
Durch die Empfindungen, welche waͤhrend der Zeit, daß er diß Gedicht verfertigte, in ihm abwechſelten, war wirklich ſeine ganze Seele er¬ ſchuͤttert — er bebte vor dem ſchrecklichen Ab¬ grunde des blinden Ohngefaͤhrs, an deſſen Rande er ſchon ſtand, mit Schaudern und Entſetzen zuruͤck, und ſchmiegte ſich gleichſam mit allen ſeinen Gedan¬ ken und Empfindungen in die troͤſtende Idee von dem Daſeyn eines alles regierenden und lenken¬ den guͤtigen Weſens hinein —
Da nun diß Gedicht auch ſeines Freundes voͤl¬ ligen Beifall fand, ſo lernte es auswendig, und den naͤchſten Tag in der Woche, da Deklama¬ tionsuͤbung war, nahm er ſich vor, es zu dekla¬ miren. — Er erſchien hierbei mit ſeinem neuan¬ geſchaften Kleide, das ſich ziemlich gut ausnahm, und das erſte feine Kleid war, welches er in ſei¬ nem Leben trug — das war ein nicht unbedeu¬
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Doch denke einen Gott, und ſchnell wirds
um dich helle —
Und deine Seele ſchwingt ſich maͤchtig him¬
melan. —
Durch die Empfindungen, welche waͤhrend
der Zeit, daß er diß Gedicht verfertigte, in ihm
abwechſelten, war wirklich ſeine ganze Seele er¬
ſchuͤttert — er bebte vor dem ſchrecklichen Ab¬
grunde des blinden Ohngefaͤhrs, an deſſen Rande
er ſchon ſtand, mit Schaudern und Entſetzen zuruͤck,
und ſchmiegte ſich gleichſam mit allen ſeinen Gedan¬
ken und Empfindungen in die troͤſtende Idee von
dem Daſeyn eines alles regierenden und lenken¬
den guͤtigen Weſens hinein —
Da nun diß Gedicht auch ſeines Freundes voͤl¬
ligen Beifall fand, ſo lernte es auswendig, und
den naͤchſten Tag in der Woche, da Deklama¬
tionsuͤbung war, nahm er ſich vor, es zu dekla¬
miren. — Er erſchien hierbei mit ſeinem neuan¬
geſchaften Kleide, das ſich ziemlich gut ausnahm,
und das erſte feine Kleid war, welches er in ſei¬
nem Leben trug — das war ein nicht unbedeu¬
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Moritz, Karl Philipp: Anton Reiser. Bd. 3. Berlin, 1786, S. 117. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moritz_reiser03_1786/127>, abgerufen am 22.07.2024.
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