Huld nicht verehren will. -- Das Bedürfniß, einen Gott zu glauben, erwachte bei dieser Gele¬ genheit, da er erst bloß damit umging, ein Ge¬ dicht zu verfertigen, und zu deklamiren, so mäch¬ tig in Reisers Seele, daß er gegen den, der diesen Trost ihm rauben wolle, gleichsam eine Art von gerechter Erbitterung fühlte, und sich in diesem Feuer erhalten konnte, bis sein Gedicht vollendet war, das sich mit der frohen Ueberzeu¬ gung von dem Daseyn einer vernünftigen Ursach aller Dinge, welche sind und geschehn, anhub und endigte, und bei aller Unregelmäßigkeit, und dem oftmals Gezwungnen im Ausdruck, doch ein Ganzes von Empfindungen ausmachte, welches Reisern bis jetzt hervorzubringen noch nicht gelungen war. -- Die Mittheilung dieses Gedichts wird daher in dieser Rücksicht nicht überflüßig seyn, wenn es gleich um sein selbst willen keine Aufbewahrung verdiene:
Der Gottesleugner.
Es ist ein Gott -- wohl mir! Dem Vater meiner Tage,
3r Theil. H
Huld nicht verehren will. — Das Beduͤrfniß, einen Gott zu glauben, erwachte bei dieſer Gele¬ genheit, da er erſt bloß damit umging, ein Ge¬ dicht zu verfertigen, und zu deklamiren, ſo maͤch¬ tig in Reiſers Seele, daß er gegen den, der dieſen Troſt ihm rauben wolle, gleichſam eine Art von gerechter Erbitterung fuͤhlte, und ſich in dieſem Feuer erhalten konnte, bis ſein Gedicht vollendet war, das ſich mit der frohen Ueberzeu¬ gung von dem Daſeyn einer vernuͤnftigen Urſach aller Dinge, welche ſind und geſchehn, anhub und endigte, und bei aller Unregelmaͤßigkeit, und dem oftmals Gezwungnen im Ausdruck, doch ein Ganzes von Empfindungen ausmachte, welches Reiſern bis jetzt hervorzubringen noch nicht gelungen war. — Die Mittheilung dieſes Gedichts wird daher in dieſer Ruͤckſicht nicht uͤberfluͤßig ſeyn, wenn es gleich um ſein ſelbſt willen keine Aufbewahrung verdiene:
Der Gottesleugner.
Es iſt ein Gott — wohl mir! Dem Vater meiner Tage,
3r Theil. H
<TEI><text><body><p><pbfacs="#f0123"n="113"/>
Huld nicht verehren will. — Das <hirendition="#fr">Beduͤrfniß</hi>,<lb/>
einen Gott zu glauben, erwachte bei dieſer Gele¬<lb/>
genheit, da er erſt bloß damit umging, ein Ge¬<lb/>
dicht zu verfertigen, und zu deklamiren, ſo maͤch¬<lb/>
tig in Reiſers Seele, daß er gegen den, der<lb/>
dieſen Troſt ihm rauben wolle, gleichſam eine<lb/>
Art von gerechter Erbitterung fuͤhlte, und ſich in<lb/>
dieſem Feuer erhalten konnte, bis ſein Gedicht<lb/>
vollendet war, das ſich mit der frohen Ueberzeu¬<lb/>
gung von dem Daſeyn einer vernuͤnftigen Urſach<lb/>
aller Dinge, welche ſind und geſchehn, anhub<lb/>
und endigte, und bei aller Unregelmaͤßigkeit, und<lb/>
dem oftmals Gezwungnen im Ausdruck, doch<lb/>
ein Ganzes von Empfindungen ausmachte,<lb/>
welches Reiſern bis jetzt hervorzubringen noch<lb/>
nicht gelungen war. — Die Mittheilung dieſes<lb/>
Gedichts wird daher in dieſer Ruͤckſicht nicht<lb/>
uͤberfluͤßig ſeyn, wenn es gleich um ſein ſelbſt<lb/>
willen keine Aufbewahrung verdiene:</p><lb/><prendition="#c">Der Gottesleugner.</p><lb/><lgtype="poem"><lgn="1"><l><hirendition="#in">E</hi>s iſt ein Gott — wohl mir! Dem Vater</l><lb/><l>meiner Tage,</l><lb/></lg><fwplace="bottom"type="sig">3r <hirendition="#fr">Theil</hi>. H<lb/></fw></lg></body></text></TEI>
[113/0123]
Huld nicht verehren will. — Das Beduͤrfniß,
einen Gott zu glauben, erwachte bei dieſer Gele¬
genheit, da er erſt bloß damit umging, ein Ge¬
dicht zu verfertigen, und zu deklamiren, ſo maͤch¬
tig in Reiſers Seele, daß er gegen den, der
dieſen Troſt ihm rauben wolle, gleichſam eine
Art von gerechter Erbitterung fuͤhlte, und ſich in
dieſem Feuer erhalten konnte, bis ſein Gedicht
vollendet war, das ſich mit der frohen Ueberzeu¬
gung von dem Daſeyn einer vernuͤnftigen Urſach
aller Dinge, welche ſind und geſchehn, anhub
und endigte, und bei aller Unregelmaͤßigkeit, und
dem oftmals Gezwungnen im Ausdruck, doch
ein Ganzes von Empfindungen ausmachte,
welches Reiſern bis jetzt hervorzubringen noch
nicht gelungen war. — Die Mittheilung dieſes
Gedichts wird daher in dieſer Ruͤckſicht nicht
uͤberfluͤßig ſeyn, wenn es gleich um ſein ſelbſt
willen keine Aufbewahrung verdiene:
Der Gottesleugner.
Es iſt ein Gott — wohl mir! Dem Vater
meiner Tage,
3r Theil. H
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend
gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien
von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem
DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.
Moritz, Karl Philipp: Anton Reiser. Bd. 3. Berlin, 1786, S. 113. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moritz_reiser03_1786/123>, abgerufen am 17.02.2025.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2025 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften
(Kontakt).
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2025. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.