als dereinst einmal in diesem Zirkel Zutritt zu haben -- denn er wagte es nicht, sich ein sol¬ ches Glück anders, als im Traume vorzuspie¬ geln. --
Seine Spatziergänge wurden ihm nun immer interessanter; er ging mit Ideen, die er aus der Lektüre gesammlet hatte, hinaus, und kehrte mit neuen Ideen, die er aus der Betrachtung der Natur geschöpft hatte, wieder herein -- Auch machte er wieder einige Versuche in der Dicht¬ kunst, die sich aber immer um allgemeine Be¬ griffe herumdrehten, und sich wieder zu seiner Spekulation hinneigten, die doch immer seine Lieblingsbeschäftigung war. --
So ging er einmal auf der Wiese, wo die hin und her zerstreuten hohen Bäume standen, und seine Ideen stiegen auf einer Art von Stuffen¬ leiter bis zu dem Begriff des Unendlichen empor -- Dadurch verwandelte sich seine Spekulation in eine Art von poetischer Begeisterung, wozu sich denn die Begierde, den Beifall seines Freun¬ des zu erhalten, gesellte -- er dachte sich ein Ideal eines Weisen, eines Menschen, der so viel Ideen hat, als einem Sterblichen nur möglich
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als dereinſt einmal in dieſem Zirkel Zutritt zu haben — denn er wagte es nicht, ſich ein ſol¬ ches Gluͤck anders, als im Traume vorzuſpie¬ geln. —
Seine Spatziergaͤnge wurden ihm nun immer intereſſanter; er ging mit Ideen, die er aus der Lektuͤre geſammlet hatte, hinaus, und kehrte mit neuen Ideen, die er aus der Betrachtung der Natur geſchoͤpft hatte, wieder herein — Auch machte er wieder einige Verſuche in der Dicht¬ kunſt, die ſich aber immer um allgemeine Be¬ griffe herumdrehten, und ſich wieder zu ſeiner Spekulation hinneigten, die doch immer ſeine Lieblingsbeſchaͤftigung war. —
So ging er einmal auf der Wieſe, wo die hin und her zerſtreuten hohen Baͤume ſtanden, und ſeine Ideen ſtiegen auf einer Art von Stuffen¬ leiter bis zu dem Begriff des Unendlichen empor — Dadurch verwandelte ſich ſeine Spekulation in eine Art von poetiſcher Begeiſterung, wozu ſich denn die Begierde, den Beifall ſeines Freun¬ des zu erhalten, geſellte — er dachte ſich ein Ideal eines Weiſen, eines Menſchen, der ſo viel Ideen hat, als einem Sterblichen nur moͤglich
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[101/0111]
als dereinſt einmal in dieſem Zirkel Zutritt zu
haben — denn er wagte es nicht, ſich ein ſol¬
ches Gluͤck anders, als im Traume vorzuſpie¬
geln. —
Seine Spatziergaͤnge wurden ihm nun immer
intereſſanter; er ging mit Ideen, die er aus der
Lektuͤre geſammlet hatte, hinaus, und kehrte mit
neuen Ideen, die er aus der Betrachtung der
Natur geſchoͤpft hatte, wieder herein — Auch
machte er wieder einige Verſuche in der Dicht¬
kunſt, die ſich aber immer um allgemeine Be¬
griffe herumdrehten, und ſich wieder zu ſeiner
Spekulation hinneigten, die doch immer ſeine
Lieblingsbeſchaͤftigung war. —
So ging er einmal auf der Wieſe, wo die hin
und her zerſtreuten hohen Baͤume ſtanden, und
ſeine Ideen ſtiegen auf einer Art von Stuffen¬
leiter bis zu dem Begriff des Unendlichen empor
— Dadurch verwandelte ſich ſeine Spekulation
in eine Art von poetiſcher Begeiſterung, wozu
ſich denn die Begierde, den Beifall ſeines Freun¬
des zu erhalten, geſellte — er dachte ſich ein
Ideal eines Weiſen, eines Menſchen, der ſo viel
Ideen hat, als einem Sterblichen nur moͤglich
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Moritz, Karl Philipp: Anton Reiser. Bd. 3. Berlin, 1786, S. 101. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moritz_reiser03_1786/111>, abgerufen am 22.07.2024.
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