Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Moritz, Karl Philipp: Anton Reiser. Bd. 2. Berlin, 1786.

Bild:
<< vorherige Seite

druck, hohe Schüler, welchen er ebenfalls oft
gehört hatte, machten, daß ihm seine Bestim¬
mung, diese Schule zu besuchen, immer wichti¬
ger und größer vorkam.

Der Zeitpunkt, wo dieß geschehen! sollte,
war nun da, und mit klopfenden Herzen erwar¬
tete er den Augenblick wo ihn der Direktor B. . .
in einen dieser Hörsäle der Weisheit führen wür¬
de. Er wurde von dem Direktor geprüft, und
tüchtig befunden, in die zweyte Klasse gesetzt zu
werden. Die mit einer natürlichen Würde ver¬
knüpfte Freundlichkeit, womit ihn dieser Mann
zuerst mein lieber Reiser! nannte, ging ihm durch
die Seele, und flößte ihm das innigste Zutrauen
verbunden mit einer unbegränzten Ehrfurcht ge¬
gen den Direktor ein. O was vermag ein Schul¬
mann über die Herzen junger Leute, wenn er ge¬
rade so wie der Direktor B. . . den rechten Ton
einer durch Leutseligkeit gemilderten Würde in
seinem Betragen zu treffen weiß!

Den Sontag nach der Konfirmation, ging
nun Reiser zuerst zum Abendmahl, und suchte
nun aufs gewissenhafteste die Lehren in Ausübung
zu bringen, welche er sich darüber aufgeschrieben

druck, hohe Schuͤler, welchen er ebenfalls oft
gehoͤrt hatte, machten, daß ihm ſeine Beſtim¬
mung, dieſe Schule zu beſuchen, immer wichti¬
ger und groͤßer vorkam.

Der Zeitpunkt, wo dieß geſchehen! ſollte,
war nun da, und mit klopfenden Herzen erwar¬
tete er den Augenblick wo ihn der Direktor B. . .
in einen dieſer Hoͤrſaͤle der Weisheit fuͤhren wuͤr¬
de. Er wurde von dem Direktor gepruͤft, und
tuͤchtig befunden, in die zweyte Klaſſe geſetzt zu
werden. Die mit einer natuͤrlichen Wuͤrde ver¬
knuͤpfte Freundlichkeit, womit ihn dieſer Mann
zuerſt mein lieber Reiſer! nannte, ging ihm durch
die Seele, und floͤßte ihm das innigſte Zutrauen
verbunden mit einer unbegraͤnzten Ehrfurcht ge¬
gen den Direktor ein. O was vermag ein Schul¬
mann uͤber die Herzen junger Leute, wenn er ge¬
rade ſo wie der Direktor B. . . den rechten Ton
einer durch Leutſeligkeit gemilderten Wuͤrde in
ſeinem Betragen zu treffen weiß!

Den Sontag nach der Konfirmation, ging
nun Reiſer zuerſt zum Abendmahl, und ſuchte
nun aufs gewiſſenhafteſte die Lehren in Ausuͤbung
zu bringen, welche er ſich daruͤber aufgeſchrieben

<TEI>
  <text>
    <body>
      <p><pb facs="#f0052" n="42"/>
druck, <hi rendition="#fr">hohe Schu&#x0364;ler</hi>, welchen er ebenfalls oft<lb/>
geho&#x0364;rt hatte, machten, daß ihm &#x017F;eine Be&#x017F;tim¬<lb/>
mung, die&#x017F;e Schule zu be&#x017F;uchen, immer wichti¬<lb/>
ger und gro&#x0364;ßer vorkam.</p><lb/>
      <p>Der Zeitpunkt, wo dieß ge&#x017F;chehen! &#x017F;ollte,<lb/>
war nun da, und mit klopfenden Herzen erwar¬<lb/>
tete er den Augenblick wo ihn der Direktor B. . .<lb/>
in einen die&#x017F;er Ho&#x0364;r&#x017F;a&#x0364;le der Weisheit fu&#x0364;hren wu&#x0364;<lb/>
de. Er wurde von dem Direktor gepru&#x0364;ft, und<lb/>
tu&#x0364;chtig befunden, in die zweyte Kla&#x017F;&#x017F;e ge&#x017F;etzt zu<lb/>
werden. Die mit einer natu&#x0364;rlichen Wu&#x0364;rde ver¬<lb/>
knu&#x0364;pfte Freundlichkeit, womit ihn die&#x017F;er Mann<lb/>
zuer&#x017F;t mein lieber Rei&#x017F;er! nannte, ging ihm durch<lb/>
die Seele, und flo&#x0364;ßte ihm das innig&#x017F;te Zutrauen<lb/>
verbunden mit einer unbegra&#x0364;nzten Ehrfurcht ge¬<lb/>
gen den Direktor ein. O was vermag ein Schul¬<lb/>
mann u&#x0364;ber die Herzen junger Leute, wenn er ge¬<lb/>
rade &#x017F;o wie der Direktor B. . . den rechten Ton<lb/>
einer durch Leut&#x017F;eligkeit gemilderten Wu&#x0364;rde in<lb/>
&#x017F;einem Betragen zu treffen weiß!</p><lb/>
      <p>Den Sontag nach der Konfirmation, ging<lb/>
nun Rei&#x017F;er zuer&#x017F;t zum Abendmahl, und &#x017F;uchte<lb/>
nun aufs gewi&#x017F;&#x017F;enhafte&#x017F;te die Lehren in Ausu&#x0364;bung<lb/>
zu bringen, welche er &#x017F;ich daru&#x0364;ber aufge&#x017F;chrieben<lb/></p>
    </body>
  </text>
</TEI>
[42/0052] druck, hohe Schuͤler, welchen er ebenfalls oft gehoͤrt hatte, machten, daß ihm ſeine Beſtim¬ mung, dieſe Schule zu beſuchen, immer wichti¬ ger und groͤßer vorkam. Der Zeitpunkt, wo dieß geſchehen! ſollte, war nun da, und mit klopfenden Herzen erwar¬ tete er den Augenblick wo ihn der Direktor B. . . in einen dieſer Hoͤrſaͤle der Weisheit fuͤhren wuͤr¬ de. Er wurde von dem Direktor gepruͤft, und tuͤchtig befunden, in die zweyte Klaſſe geſetzt zu werden. Die mit einer natuͤrlichen Wuͤrde ver¬ knuͤpfte Freundlichkeit, womit ihn dieſer Mann zuerſt mein lieber Reiſer! nannte, ging ihm durch die Seele, und floͤßte ihm das innigſte Zutrauen verbunden mit einer unbegraͤnzten Ehrfurcht ge¬ gen den Direktor ein. O was vermag ein Schul¬ mann uͤber die Herzen junger Leute, wenn er ge¬ rade ſo wie der Direktor B. . . den rechten Ton einer durch Leutſeligkeit gemilderten Wuͤrde in ſeinem Betragen zu treffen weiß! Den Sontag nach der Konfirmation, ging nun Reiſer zuerſt zum Abendmahl, und ſuchte nun aufs gewiſſenhafteſte die Lehren in Ausuͤbung zu bringen, welche er ſich daruͤber aufgeſchrieben

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/moritz_reiser02_1786
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/moritz_reiser02_1786/52
Zitationshilfe: Moritz, Karl Philipp: Anton Reiser. Bd. 2. Berlin, 1786, S. 42. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moritz_reiser02_1786/52>, abgerufen am 25.11.2024.