suchen sollte, in welcher nun auch der allerärmste besser als er gekleidet war, ein Umstand, der nicht wenig dazu beitrug, gleich anfänglich seinen Muth in etwas niederzuschlagen.
Dazu kam nun noch, daß er das Kommis¬ brodt, welches der Hauboist F. . . empfing, hoh¬ len, und unter den Armen durch die Stadt tra¬ gen mußte, welches er zwar, wenn es irgend möglich war, in der Dämmerung that, aber es sich doch auf keine Weise durfte merken lassen, daß er sich dieß zu thun schäme, wenn es ihm nicht ebenfalls als ein unverzeihlicher Stolz sollte aus¬ gelegt werden; denn von diesem Brodte wurde ihm selbst wöchentlich eins für ein geringes Geld überlassen, wovon er denn sein Frühstück und sei¬ nen Abendtisch bestreiten mußte.
Gegen dieß alles durfte er sich nun nicht im mindesten auflehnen, weil der Pastor M. . . in die Einsichten der Frau F. . ., was Reisers Er¬ ziehung und die Einrichtung seiner Lebensart an betraf, ein unbegränztes Zutrauen setzte. In derselben Woche machte er auch noch seinen Be¬ such bei diesen Leuten, und dankte ihnen, daß sie die nähere Aufsicht über Reisern hätten überneh¬
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ſuchen ſollte, in welcher nun auch der alleraͤrmſte beſſer als er gekleidet war, ein Umſtand, der nicht wenig dazu beitrug, gleich anfaͤnglich ſeinen Muth in etwas niederzuſchlagen.
Dazu kam nun noch, daß er das Kommis¬ brodt, welches der Hauboiſt F. . . empfing, hoh¬ len, und unter den Armen durch die Stadt tra¬ gen mußte, welches er zwar, wenn es irgend moͤglich war, in der Daͤmmerung that, aber es ſich doch auf keine Weiſe durfte merken laſſen, daß er ſich dieß zu thun ſchaͤme, wenn es ihm nicht ebenfalls als ein unverzeihlicher Stolz ſollte aus¬ gelegt werden; denn von dieſem Brodte wurde ihm ſelbſt woͤchentlich eins fuͤr ein geringes Geld uͤberlaſſen, wovon er denn ſein Fruͤhſtuͤck und ſei¬ nen Abendtiſch beſtreiten mußte.
Gegen dieß alles durfte er ſich nun nicht im mindeſten auflehnen, weil der Paſtor M. . . in die Einſichten der Frau F. . ., was Reiſers Er¬ ziehung und die Einrichtung ſeiner Lebensart an betraf, ein unbegraͤnztes Zutrauen ſetzte. In derſelben Woche machte er auch noch ſeinen Be¬ ſuch bei dieſen Leuten, und dankte ihnen, daß ſie die naͤhere Aufſicht uͤber Reiſern haͤtten uͤberneh¬
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ſuchen ſollte, in welcher nun auch der alleraͤrmſte
beſſer als er gekleidet war, ein Umſtand, der nicht
wenig dazu beitrug, gleich anfaͤnglich ſeinen Muth
in etwas niederzuſchlagen.
Dazu kam nun noch, daß er das Kommis¬
brodt, welches der Hauboiſt F. . . empfing, hoh¬
len, und unter den Armen durch die Stadt tra¬
gen mußte, welches er zwar, wenn es irgend
moͤglich war, in der Daͤmmerung that, aber es
ſich doch auf keine Weiſe durfte merken laſſen, daß
er ſich dieß zu thun ſchaͤme, wenn es ihm nicht
ebenfalls als ein unverzeihlicher Stolz ſollte aus¬
gelegt werden; denn von dieſem Brodte wurde
ihm ſelbſt woͤchentlich eins fuͤr ein geringes Geld
uͤberlaſſen, wovon er denn ſein Fruͤhſtuͤck und ſei¬
nen Abendtiſch beſtreiten mußte.
Gegen dieß alles durfte er ſich nun nicht im
mindeſten auflehnen, weil der Paſtor M. . . in
die Einſichten der Frau F. . ., was Reiſers Er¬
ziehung und die Einrichtung ſeiner Lebensart an
betraf, ein unbegraͤnztes Zutrauen ſetzte. In
derſelben Woche machte er auch noch ſeinen Be¬
ſuch bei dieſen Leuten, und dankte ihnen, daß ſie
die naͤhere Aufſicht uͤber Reiſern haͤtten uͤberneh¬
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Moritz, Karl Philipp: Anton Reiser. Bd. 2. Berlin, 1786, S. 39. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moritz_reiser02_1786/49>, abgerufen am 16.07.2024.
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