sehr oft mit seinem Charakter widersprechend schei¬ nen würde.
Ein großer Vortheil würde es für Reisern ge¬ wesen seyn, wenn ihn der Pastor M. . . wöchent¬ lich einmal hätte bei sich essen lassen. Aber dieser gab ihm statt dessen einen sogenannten Geldtisch so wie auch der Seidensticker; von diesen weni¬ gen Groschen nun mußte Reiser wöchentlich sein Frühstück und Abendbrodt bestreiten. So hatte die Frau F. . . es angeordnet. Denn was der Prinz hergab, sollte alles für ihn gespart werden. Sein Frühstück bestand also in ein wenig Thee, und einem Stück Brodt, und sein Abendessen in ein wenig Brodt und Butter und Salz. Dann sagte die Frau F. . . er müsse sich ans Mittagsessen halten, doch aber, gab sie ihm zu verstehen, daß er sich ja hüten müsse, sich zu überessen.
So war nun Reisers Oekonomie eingerichtet, was seinen Unterhalt anbetraf. Aber auch zu seiner Kleidung wurde nicht einmal von dem Gel¬ de, was der Prinz für ihn hergab, etwas genom¬ men, sondern ein alter grober rother Soldaten¬ rock für ihn gekauft, der ihm zurechtgemacht wur¬ de, und womit er nun die öffentliche Schule be¬
ſehr oft mit ſeinem Charakter widerſprechend ſchei¬ nen wuͤrde.
Ein großer Vortheil wuͤrde es fuͤr Reiſern ge¬ weſen ſeyn, wenn ihn der Paſtor M. . . woͤchent¬ lich einmal haͤtte bei ſich eſſen laſſen. Aber dieſer gab ihm ſtatt deſſen einen ſogenannten Geldtiſch ſo wie auch der Seidenſticker; von dieſen weni¬ gen Groſchen nun mußte Reiſer woͤchentlich ſein Fruͤhſtuͤck und Abendbrodt beſtreiten. So hatte die Frau F. . . es angeordnet. Denn was der Prinz hergab, ſollte alles fuͤr ihn geſpart werden. Sein Fruͤhſtuͤck beſtand alſo in ein wenig Thee, und einem Stuͤck Brodt, und ſein Abendeſſen in ein wenig Brodt und Butter und Salz. Dann ſagte die Frau F. . . er muͤſſe ſich ans Mittagseſſen halten, doch aber, gab ſie ihm zu verſtehen, daß er ſich ja huͤten muͤſſe, ſich zu uͤbereſſen.
So war nun Reiſers Oekonomie eingerichtet, was ſeinen Unterhalt anbetraf. Aber auch zu ſeiner Kleidung wurde nicht einmal von dem Gel¬ de, was der Prinz fuͤr ihn hergab, etwas genom¬ men, ſondern ein alter grober rother Soldaten¬ rock fuͤr ihn gekauft, der ihm zurechtgemacht wur¬ de, und womit er nun die oͤffentliche Schule be¬
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ſehr oft mit ſeinem Charakter widerſprechend ſchei¬
nen wuͤrde.
Ein großer Vortheil wuͤrde es fuͤr Reiſern ge¬
weſen ſeyn, wenn ihn der Paſtor M. . . woͤchent¬
lich einmal haͤtte bei ſich eſſen laſſen. Aber dieſer
gab ihm ſtatt deſſen einen ſogenannten Geldtiſch
ſo wie auch der Seidenſticker; von dieſen weni¬
gen Groſchen nun mußte Reiſer woͤchentlich ſein
Fruͤhſtuͤck und Abendbrodt beſtreiten. So hatte
die Frau F. . . es angeordnet. Denn was der
Prinz hergab, ſollte alles fuͤr ihn geſpart werden.
Sein Fruͤhſtuͤck beſtand alſo in ein wenig Thee,
und einem Stuͤck Brodt, und ſein Abendeſſen in
ein wenig Brodt und Butter und Salz. Dann
ſagte die Frau F. . . er muͤſſe ſich ans Mittagseſſen
halten, doch aber, gab ſie ihm zu verſtehen, daß
er ſich ja huͤten muͤſſe, ſich zu uͤbereſſen.
So war nun Reiſers Oekonomie eingerichtet,
was ſeinen Unterhalt anbetraf. Aber auch zu
ſeiner Kleidung wurde nicht einmal von dem Gel¬
de, was der Prinz fuͤr ihn hergab, etwas genom¬
men, ſondern ein alter grober rother Soldaten¬
rock fuͤr ihn gekauft, der ihm zurechtgemacht wur¬
de, und womit er nun die oͤffentliche Schule be¬
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Moritz, Karl Philipp: Anton Reiser. Bd. 2. Berlin, 1786, S. 38. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moritz_reiser02_1786/48>, abgerufen am 16.02.2025.
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