genden Begegnung dieser Leute ausgesetzt war, deren Wohlthat er sich doch nothwendig wieder gefallen lassen mußte, wenn es ihm nicht, als der unverzeihlichste Stolz sollte ausgelegt wer¬ den. -- Am Sonnabend aß er denn bei seinem Vetter dem Peruquenmacher, wo er eine Kleinig¬ keit bezahlte, und mit frohem Herzen aß, und den Sontag wider bei dem Garnisonküster.
Dieß Verzeichniß von Reisers Freitischen, und den Personen, die sie ihm gaben, ist gewiß nicht so unwichtig, wie es manchem vielleicht beim er¬ sten Anblick scheinen mag -- dergleichen klein¬ scheinende Umstände sind es eben, die das Leben ausmachen, und auf die Gemüthsbeschaffenheit eines Menschen den stärksten Einfluß haben. -- Es kam bei Reisers Fleiß und seinen Fortschritten, die er an irgend einem Tage thun sollte, sehr viel darauf an, was er für eine Aussicht auf den fol¬ genden Tag hatte, ob er gerade bei dem Schu¬ ster S..., oder bei der Frau F..., oder dem Gar¬ nisonküster essen mußte. Aus dieser seiner täglichen Situation nun wird sich größtentheils sein nach¬ heriges Betragen erklären lassen, welches sonst
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genden Begegnung dieſer Leute ausgeſetzt war, deren Wohlthat er ſich doch nothwendig wieder gefallen laſſen mußte, wenn es ihm nicht, als der unverzeihlichſte Stolz ſollte ausgelegt wer¬ den. — Am Sonnabend aß er denn bei ſeinem Vetter dem Peruquenmacher, wo er eine Kleinig¬ keit bezahlte, und mit frohem Herzen aß, und den Sontag wider bei dem Garniſonkuͤſter.
Dieß Verzeichniß von Reiſers Freitiſchen, und den Perſonen, die ſie ihm gaben, iſt gewiß nicht ſo unwichtig, wie es manchem vielleicht beim er¬ ſten Anblick ſcheinen mag — dergleichen klein¬ ſcheinende Umſtaͤnde ſind es eben, die das Leben ausmachen, und auf die Gemuͤthsbeſchaffenheit eines Menſchen den ſtaͤrkſten Einfluß haben. — Es kam bei Reiſers Fleiß und ſeinen Fortſchritten, die er an irgend einem Tage thun ſollte, ſehr viel darauf an, was er fuͤr eine Ausſicht auf den fol¬ genden Tag hatte, ob er gerade bei dem Schu¬ ſter S..., oder bei der Frau F..., oder dem Gar¬ niſonkuͤſter eſſen mußte. Aus dieſer ſeiner taͤglichen Situation nun wird ſich groͤßtentheils ſein nach¬ heriges Betragen erklaͤren laſſen, welches ſonſt
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genden Begegnung dieſer Leute ausgeſetzt war,
deren Wohlthat er ſich doch nothwendig wieder
gefallen laſſen mußte, wenn es ihm nicht, als
der unverzeihlichſte Stolz ſollte ausgelegt wer¬
den. — Am Sonnabend aß er denn bei ſeinem
Vetter dem Peruquenmacher, wo er eine Kleinig¬
keit bezahlte, und mit frohem Herzen aß, und
den Sontag wider bei dem Garniſonkuͤſter.
Dieß Verzeichniß von Reiſers Freitiſchen, und
den Perſonen, die ſie ihm gaben, iſt gewiß nicht
ſo unwichtig, wie es manchem vielleicht beim er¬
ſten Anblick ſcheinen mag — dergleichen klein¬
ſcheinende Umſtaͤnde ſind es eben, die das Leben
ausmachen, und auf die Gemuͤthsbeſchaffenheit
eines Menſchen den ſtaͤrkſten Einfluß haben. —
Es kam bei Reiſers Fleiß und ſeinen Fortſchritten,
die er an irgend einem Tage thun ſollte, ſehr viel
darauf an, was er fuͤr eine Ausſicht auf den fol¬
genden Tag hatte, ob er gerade bei dem Schu¬
ſter S..., oder bei der Frau F..., oder dem Gar¬
niſonkuͤſter eſſen mußte. Aus dieſer ſeiner taͤglichen
Situation nun wird ſich groͤßtentheils ſein nach¬
heriges Betragen erklaͤren laſſen, welches ſonſt
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Moritz, Karl Philipp: Anton Reiser. Bd. 2. Berlin, 1786, S. 37. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moritz_reiser02_1786/47>, abgerufen am 16.02.2025.
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