leicht nur irgendwo statt finden kann. Da war nichts, keine Bürste und keine Scheere, was nicht seit Jahren seinen bestimmten angewiesenen Platz gehabt hätte. Da war kein Morgen, der anbrach, wo nicht um acht Uhr Kaffee getrun¬ ken, und um neun Uhr der Morgenseegen gelesen worden wäre, welches allemal knieend geschahe, indes die Frau F. . . aus dem Benjamin Schmolke vorlaß, wobei denn Reiser auch mit knieen mußte. Des Abends nach neun Uhr wurde auf eben die Art indem jeder vor seinem Stuhle kniete, auch der Abendseegen aus dem Schmolke gelesen, und dann zu Bette gegangen. Dies war die unverbrüchli¬ che Ordnung, welche von diesen Leuten schon seit beinahe zwanzig Jahren, wo sie auch beständig auf derselben Stube gewohnt hatten, war beob¬ achtet worden. Und sie waren gewiß dabei sehr glücklich, aber sie durften auch schlechterdings durch nichts darin gestört werden, wenn nicht zu¬ gleich ihre innre Zufriedenheit, die gröstentheils auf diese unverbrüchliche Ordnung gebaut war, mit darunter leiden sollte. Dieß hatten sie nicht recht erwogen, da sie sich entschlossen, ihre Stu¬ bengesellschaft mit jemanden zu vermehren, der
leicht nur irgendwo ſtatt finden kann. Da war nichts, keine Buͤrſte und keine Scheere, was nicht ſeit Jahren ſeinen beſtimmten angewieſenen Platz gehabt haͤtte. Da war kein Morgen, der anbrach, wo nicht um acht Uhr Kaffee getrun¬ ken, und um neun Uhr der Morgenſeegen geleſen worden waͤre, welches allemal knieend geſchahe, indes die Frau F. . . aus dem Benjamin Schmolke vorlaß, wobei denn Reiſer auch mit knieen mußte. Des Abends nach neun Uhr wurde auf eben die Art indem jeder vor ſeinem Stuhle kniete, auch der Abendſeegen aus dem Schmolke geleſen, und dann zu Bette gegangen. Dies war die unverbruͤchli¬ che Ordnung, welche von dieſen Leuten ſchon ſeit beinahe zwanzig Jahren, wo ſie auch beſtaͤndig auf derſelben Stube gewohnt hatten, war beob¬ achtet worden. Und ſie waren gewiß dabei ſehr gluͤcklich, aber ſie durften auch ſchlechterdings durch nichts darin geſtoͤrt werden, wenn nicht zu¬ gleich ihre innre Zufriedenheit, die groͤſtentheils auf dieſe unverbruͤchliche Ordnung gebaut war, mit darunter leiden ſollte. Dieß hatten ſie nicht recht erwogen, da ſie ſich entſchloſſen, ihre Stu¬ bengeſellſchaft mit jemanden zu vermehren, der
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leicht nur irgendwo ſtatt finden kann. Da war
nichts, keine Buͤrſte und keine Scheere, was
nicht ſeit Jahren ſeinen beſtimmten angewieſenen
Platz gehabt haͤtte. Da war kein Morgen, der
anbrach, wo nicht um acht Uhr Kaffee getrun¬
ken, und um neun Uhr der Morgenſeegen geleſen
worden waͤre, welches allemal knieend geſchahe,
indes die Frau F. . . aus dem Benjamin Schmolke
vorlaß, wobei denn Reiſer auch mit knieen mußte.
Des Abends nach neun Uhr wurde auf eben die Art
indem jeder vor ſeinem Stuhle kniete, auch der
Abendſeegen aus dem Schmolke geleſen, und dann
zu Bette gegangen. Dies war die unverbruͤchli¬
che Ordnung, welche von dieſen Leuten ſchon ſeit
beinahe zwanzig Jahren, wo ſie auch beſtaͤndig
auf derſelben Stube gewohnt hatten, war beob¬
achtet worden. Und ſie waren gewiß dabei ſehr
gluͤcklich, aber ſie durften auch ſchlechterdings
durch nichts darin geſtoͤrt werden, wenn nicht zu¬
gleich ihre innre Zufriedenheit, die groͤſtentheils
auf dieſe unverbruͤchliche Ordnung gebaut war,
mit darunter leiden ſollte. Dieß hatten ſie nicht
recht erwogen, da ſie ſich entſchloſſen, ihre Stu¬
bengeſellſchaft mit jemanden zu vermehren, der
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Moritz, Karl Philipp: Anton Reiser. Bd. 2. Berlin, 1786, S. 22. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moritz_reiser02_1786/32>, abgerufen am 16.07.2024.
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