sich ins Haus zu nehmen. Es mußte also drauf gedacht werden, ihn irgendwo bei ordentlichen Leuten unterzubringen. Und ein Hauboist Nah¬ mens F. . . vom Regiment des Prinzen . . . erbot sich von freien Stücken dazu, Reisern unentgeld¬ lich bei sich wohnen zu lassen. Ein Schuster, bei dem seine Eltern einmal im Hause gewohnt hat¬ ten, noch ein Hauboist, ein Hofmusikus, ein Garkoch, und ein Seidensticker, erboten sich je¬ der, ihm wöchentlich einen Freitisch zu geben.
Dieß verringerte Reisers Freude in etwas wie¬ der, welcher glaubte, daß das, was der Prinz für ihn hergab, zu seinem Unterhalt zureichen würde, ohne daß er an fremden Tischen sein Brodt essen dürfte. Auch verringerte dieß seine Freude nicht ohne Ursach, denn es setzte ihn in der Folge oft in eine höchst peinliche und ängstliche Lage, so daß er oft im eigentlichen Verstande sein Brodt mit Thränen essen mußte. --- Denn alles beeifer¬ te sich zwar, auf die Weise ihm Wohlthaten zu er¬ zeigen, aber jeder glaubte auch dadurch ein Recht erworben zu haben, über seine Aufführung zu wa¬ chen, und ihm in Ansehung seines Betragens Rath zu ertheilen, der dann immer ganz blind¬
ſich ins Haus zu nehmen. Es mußte alſo drauf gedacht werden, ihn irgendwo bei ordentlichen Leuten unterzubringen. Und ein Hauboiſt Nah¬ mens F. . . vom Regiment des Prinzen . . . erbot ſich von freien Stuͤcken dazu, Reiſern unentgeld¬ lich bei ſich wohnen zu laſſen. Ein Schuſter, bei dem ſeine Eltern einmal im Hauſe gewohnt hat¬ ten, noch ein Hauboiſt, ein Hofmuſikus, ein Garkoch, und ein Seidenſticker, erboten ſich je¬ der, ihm woͤchentlich einen Freitiſch zu geben.
Dieß verringerte Reiſers Freude in etwas wie¬ der, welcher glaubte, daß das, was der Prinz fuͤr ihn hergab, zu ſeinem Unterhalt zureichen wuͤrde, ohne daß er an fremden Tiſchen ſein Brodt eſſen duͤrfte. Auch verringerte dieß ſeine Freude nicht ohne Urſach, denn es ſetzte ihn in der Folge oft in eine hoͤchſt peinliche und aͤngſtliche Lage, ſo daß er oft im eigentlichen Verſtande ſein Brodt mit Thraͤnen eſſen mußte. --- Denn alles beeifer¬ te ſich zwar, auf die Weiſe ihm Wohlthaten zu er¬ zeigen, aber jeder glaubte auch dadurch ein Recht erworben zu haben, uͤber ſeine Auffuͤhrung zu wa¬ chen, und ihm in Anſehung ſeines Betragens Rath zu ertheilen, der dann immer ganz blind¬
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ſich ins Haus zu nehmen. Es mußte alſo drauf
gedacht werden, ihn irgendwo bei ordentlichen
Leuten unterzubringen. Und ein Hauboiſt Nah¬
mens F. . . vom Regiment des Prinzen . . . erbot
ſich von freien Stuͤcken dazu, Reiſern unentgeld¬
lich bei ſich wohnen zu laſſen. Ein Schuſter, bei
dem ſeine Eltern einmal im Hauſe gewohnt hat¬
ten, noch ein Hauboiſt, ein Hofmuſikus, ein
Garkoch, und ein Seidenſticker, erboten ſich je¬
der, ihm woͤchentlich einen Freitiſch zu geben.
Dieß verringerte Reiſers Freude in etwas wie¬
der, welcher glaubte, daß das, was der Prinz
fuͤr ihn hergab, zu ſeinem Unterhalt zureichen
wuͤrde, ohne daß er an fremden Tiſchen ſein Brodt
eſſen duͤrfte. Auch verringerte dieß ſeine Freude
nicht ohne Urſach, denn es ſetzte ihn in der Folge
oft in eine hoͤchſt peinliche und aͤngſtliche Lage, ſo
daß er oft im eigentlichen Verſtande ſein Brodt
mit Thraͤnen eſſen mußte. --- Denn alles beeifer¬
te ſich zwar, auf die Weiſe ihm Wohlthaten zu er¬
zeigen, aber jeder glaubte auch dadurch ein Recht
erworben zu haben, uͤber ſeine Auffuͤhrung zu wa¬
chen, und ihm in Anſehung ſeines Betragens
Rath zu ertheilen, der dann immer ganz blind¬
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Moritz, Karl Philipp: Anton Reiser. Bd. 2. Berlin, 1786, S. 18. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moritz_reiser02_1786/28>, abgerufen am 16.02.2025.
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