Moritz, Karl Philipp: Anton Reiser. Bd. 2. Berlin, 1786.welchen -- Mit diesen Gedanken schlief er ein Dieß nun zu unterlassen, und statt dessen Wenn man die Begriffe der Menschen von der welchen — Mit dieſen Gedanken ſchlief er ein Dieß nun zu unterlaſſen, und ſtatt deſſen Wenn man die Begriffe der Menſchen von der <TEI> <text> <body> <p><pb facs="#f0195" n="185"/> welchen — Mit dieſen Gedanken ſchlief er ein<lb/> — und da er am Morgen erwachte, ſo war es<lb/> wieder ſo leer in ſeinem Herzen; die Ausſicht<lb/> auf den Tag war ſo truͤbe und oͤde; alle ſeine<lb/> aͤußern Verhaͤltniſſe waren ſo unwiederbringlich<lb/> zerruͤttet; ein unuͤberwindlicher Lebensuͤberdruß<lb/> trat an die Stelle der geſtrigen Empfindung,<lb/> womit er einſchlief — er ſuchte ſich vor ſich ſelbſt zu<lb/> retten, und machte den Anfang, tugendhaft zu<lb/> ſeyn, damit daß er auf den Boden ging, und in<lb/> Schlachtordnung geſtellte Kirſchkerne zerſchmet¬<lb/> terte. —</p><lb/> <p>Dieß nun zu unterlaſſen, und ſtatt deſſen<lb/> etwa in dem alten Virgil, den er noch hatte, eine<lb/> Ekloge zu leſen, waͤre der eigentliche Anfang zur<lb/> Ausuͤbung der Tugend geweſen — aber auf die¬<lb/> ſen zu <hi rendition="#fr">geringfuͤgig ſcheinenden Fall</hi> hatte er<lb/> ſich bei ſeinem heldenmuͤthigen Entſchluſſe nicht<lb/> gefaßt gemacht.</p><lb/> <p>Wenn man die Begriffe der Menſchen von der<lb/><hi rendition="#fr">Tugend</hi> pruͤfen wollte, ſo wuͤrden ſie vielleicht bei<lb/> den meiſten auf eben ſolche dunkle und verworre¬<lb/> ne Vorſtellungen herauslaufen — und man ſieht<lb/></p> </body> </text> </TEI> [185/0195]
welchen — Mit dieſen Gedanken ſchlief er ein
— und da er am Morgen erwachte, ſo war es
wieder ſo leer in ſeinem Herzen; die Ausſicht
auf den Tag war ſo truͤbe und oͤde; alle ſeine
aͤußern Verhaͤltniſſe waren ſo unwiederbringlich
zerruͤttet; ein unuͤberwindlicher Lebensuͤberdruß
trat an die Stelle der geſtrigen Empfindung,
womit er einſchlief — er ſuchte ſich vor ſich ſelbſt zu
retten, und machte den Anfang, tugendhaft zu
ſeyn, damit daß er auf den Boden ging, und in
Schlachtordnung geſtellte Kirſchkerne zerſchmet¬
terte. —
Dieß nun zu unterlaſſen, und ſtatt deſſen
etwa in dem alten Virgil, den er noch hatte, eine
Ekloge zu leſen, waͤre der eigentliche Anfang zur
Ausuͤbung der Tugend geweſen — aber auf die¬
ſen zu geringfuͤgig ſcheinenden Fall hatte er
ſich bei ſeinem heldenmuͤthigen Entſchluſſe nicht
gefaßt gemacht.
Wenn man die Begriffe der Menſchen von der
Tugend pruͤfen wollte, ſo wuͤrden ſie vielleicht bei
den meiſten auf eben ſolche dunkle und verworre¬
ne Vorſtellungen herauslaufen — und man ſieht
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