logen zusammen zu lesen, wobei sie wirklich das reinste Vergnügen genossen, nachdem sie eine Ek¬ loge mit vieler Mühe für sich selbst herausgebracht hatten, und nun ein jeder eine Uebersetzung da¬ von niederschrieb -- allein dieß konnte natürli¬ cher Weise unter den Umständen nicht lange dauren -- sobald ein jeder seine Lage wieder leb¬ haft empfand, so war aller Muth und Lust zum Studieren verschwunden. --
In Ansehung der Kleidung war es mit G... und M... eben so schlecht, wie mit Reisern be¬ stellt -- sie machten daher, wenn sie ausgingen, zusammen einen Aufzug, der das wahre Bild der Liederlichkeit und Unordnung schien, so daß man mit Fingern auf sie wieß, weswegen sie denn auch immer auf Abwegen und durch enge Stras¬ sen aus der Stadt zu kommen suchten, wenn sie spatzieren gingen.
Diese drei Leute führten nun auch völlig ein Leben, wie es mit ihren Zustande übereinstimmte -- sie blieben oft den ganzen Tag im Bette lie¬ gen -- oft saßen sie alle drei zusammen, den Kopf auf die Hand gestützt, und dachten über ihr Schicksal nach; oft trenten sie sich, und
M 2
logen zuſammen zu leſen, wobei ſie wirklich das reinſte Vergnuͤgen genoſſen, nachdem ſie eine Ek¬ loge mit vieler Muͤhe fuͤr ſich ſelbſt herausgebracht hatten, und nun ein jeder eine Ueberſetzung da¬ von niederſchrieb — allein dieß konnte natuͤrli¬ cher Weiſe unter den Umſtaͤnden nicht lange dauren — ſobald ein jeder ſeine Lage wieder leb¬ haft empfand, ſo war aller Muth und Luſt zum Studieren verſchwunden. —
In Anſehung der Kleidung war es mit G... und M... eben ſo ſchlecht, wie mit Reiſern be¬ ſtellt — ſie machten daher, wenn ſie ausgingen, zuſammen einen Aufzug, der das wahre Bild der Liederlichkeit und Unordnung ſchien, ſo daß man mit Fingern auf ſie wieß, weswegen ſie denn auch immer auf Abwegen und durch enge Straſ¬ ſen aus der Stadt zu kommen ſuchten, wenn ſie ſpatzieren gingen.
Dieſe drei Leute fuͤhrten nun auch voͤllig ein Leben, wie es mit ihren Zuſtande uͤbereinſtimmte — ſie blieben oft den ganzen Tag im Bette lie¬ gen — oft ſaßen ſie alle drei zuſammen, den Kopf auf die Hand geſtuͤtzt, und dachten uͤber ihr Schickſal nach; oft trenten ſie ſich, und
M 2
<TEI><text><body><p><pbfacs="#f0189"n="179"/>
logen zuſammen zu leſen, wobei ſie wirklich das<lb/>
reinſte Vergnuͤgen genoſſen, nachdem ſie eine Ek¬<lb/>
loge mit vieler Muͤhe fuͤr ſich ſelbſt herausgebracht<lb/>
hatten, und nun ein jeder eine Ueberſetzung da¬<lb/>
von niederſchrieb — allein dieß konnte natuͤrli¬<lb/>
cher Weiſe unter den Umſtaͤnden nicht lange<lb/>
dauren —ſobald ein jeder ſeine Lage wieder leb¬<lb/>
haft empfand, ſo war aller Muth und Luſt zum<lb/>
Studieren verſchwunden. —</p><lb/><p>In Anſehung der Kleidung war es mit G...<lb/>
und M... eben ſo ſchlecht, wie mit Reiſern be¬<lb/>ſtellt —ſie machten daher, wenn ſie ausgingen,<lb/>
zuſammen einen Aufzug, der das wahre Bild der<lb/>
Liederlichkeit und Unordnung ſchien, ſo daß man<lb/>
mit Fingern auf ſie wieß, weswegen ſie denn<lb/>
auch immer auf Abwegen und durch enge Straſ¬<lb/>ſen aus der Stadt zu kommen ſuchten, wenn ſie<lb/>ſpatzieren gingen.</p><lb/><p>Dieſe drei Leute fuͤhrten nun auch voͤllig ein<lb/>
Leben, wie es mit ihren Zuſtande uͤbereinſtimmte<lb/>—ſie blieben oft den ganzen Tag im Bette lie¬<lb/>
gen — oft ſaßen ſie alle drei zuſammen, den<lb/>
Kopf auf die Hand geſtuͤtzt, und dachten uͤber<lb/>
ihr Schickſal nach; oft trenten ſie ſich, und<lb/><fwplace="bottom"type="sig">M 2<lb/></fw></p></body></text></TEI>
[179/0189]
logen zuſammen zu leſen, wobei ſie wirklich das
reinſte Vergnuͤgen genoſſen, nachdem ſie eine Ek¬
loge mit vieler Muͤhe fuͤr ſich ſelbſt herausgebracht
hatten, und nun ein jeder eine Ueberſetzung da¬
von niederſchrieb — allein dieß konnte natuͤrli¬
cher Weiſe unter den Umſtaͤnden nicht lange
dauren — ſobald ein jeder ſeine Lage wieder leb¬
haft empfand, ſo war aller Muth und Luſt zum
Studieren verſchwunden. —
In Anſehung der Kleidung war es mit G...
und M... eben ſo ſchlecht, wie mit Reiſern be¬
ſtellt — ſie machten daher, wenn ſie ausgingen,
zuſammen einen Aufzug, der das wahre Bild der
Liederlichkeit und Unordnung ſchien, ſo daß man
mit Fingern auf ſie wieß, weswegen ſie denn
auch immer auf Abwegen und durch enge Straſ¬
ſen aus der Stadt zu kommen ſuchten, wenn ſie
ſpatzieren gingen.
Dieſe drei Leute fuͤhrten nun auch voͤllig ein
Leben, wie es mit ihren Zuſtande uͤbereinſtimmte
— ſie blieben oft den ganzen Tag im Bette lie¬
gen — oft ſaßen ſie alle drei zuſammen, den
Kopf auf die Hand geſtuͤtzt, und dachten uͤber
ihr Schickſal nach; oft trenten ſie ſich, und
M 2
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend
gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien
von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem
DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.
Moritz, Karl Philipp: Anton Reiser. Bd. 2. Berlin, 1786, S. 179. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moritz_reiser02_1786/189>, abgerufen am 15.08.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.