Leben war, und wo er oft am Rande der Ver¬ z[w]eiflung stand. --
Da er nun hier eingezogen war, so fühlte er sich auf einmal aus alle den Verbindungen, die er vormals so ängstlich gesucht hatte, herausge¬ setzt, und zwar wie er selbst glaubte, durch seine eigne Schuld herausgesetzt -- Der Prinz, der Pastor M. . ., der Rektor, alle die Personen von denen sein künftiges Schicksal abhing, waren nun nichts mehr für ihn, und damit verschwan¬ den zugleich alle seine Aussichten. --
Was Wunder, daß sich durch diese Veran¬ lassung eine neue Phantasie in seiner Seele bil¬ dete, in der er von nun an Trost suchte, und sie Tag und Nacht mit sich umher trug, und wel¬ che ihn von der gänzlichen Verzweiflung rettete.
Er hatte nehmlich damals unter andern die Operette Klarissa oder das unbekannte Dienstmädchen gesehen, und nicht leicht hätte in seiner Lage irgend ein Stück mehr Interesse für ihn haben können, als dieses. --
Der vorzüglichste Umstand, wodurch dieß große Interesse bei ihm bewürkt wurde, war, daß ein junger Edelmann sich entschließt, ein Bauer
Leben war, und wo er oft am Rande der Ver¬ z[w]eiflung ſtand. —
Da er nun hier eingezogen war, ſo fuͤhlte er ſich auf einmal aus alle den Verbindungen, die er vormals ſo aͤngſtlich geſucht hatte, herausge¬ ſetzt, und zwar wie er ſelbſt glaubte, durch ſeine eigne Schuld herausgeſetzt — Der Prinz, der Paſtor M. . ., der Rektor, alle die Perſonen von denen ſein kuͤnftiges Schickſal abhing, waren nun nichts mehr fuͤr ihn, und damit verſchwan¬ den zugleich alle ſeine Ausſichten. —
Was Wunder, daß ſich durch dieſe Veran¬ laſſung eine neue Phantaſie in ſeiner Seele bil¬ dete, in der er von nun an Troſt ſuchte, und ſie Tag und Nacht mit ſich umher trug, und wel¬ che ihn von der gaͤnzlichen Verzweiflung rettete.
Er hatte nehmlich damals unter andern die Operette Klariſſa oder das unbekannte Dienſtmaͤdchen geſehen, und nicht leicht haͤtte in ſeiner Lage irgend ein Stuͤck mehr Intereſſe fuͤr ihn haben koͤnnen, als dieſes. —
Der vorzuͤglichſte Umſtand, wodurch dieß große Intereſſe bei ihm bewuͤrkt wurde, war, daß ein junger Edelmann ſich entſchließt, ein Bauer
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Leben war, und wo er oft am Rande der Ver¬
zweiflung ſtand. —
Da er nun hier eingezogen war, ſo fuͤhlte er
ſich auf einmal aus alle den Verbindungen, die
er vormals ſo aͤngſtlich geſucht hatte, herausge¬
ſetzt, und zwar wie er ſelbſt glaubte, durch ſeine
eigne Schuld herausgeſetzt — Der Prinz, der
Paſtor M. . ., der Rektor, alle die Perſonen
von denen ſein kuͤnftiges Schickſal abhing, waren
nun nichts mehr fuͤr ihn, und damit verſchwan¬
den zugleich alle ſeine Ausſichten. —
Was Wunder, daß ſich durch dieſe Veran¬
laſſung eine neue Phantaſie in ſeiner Seele bil¬
dete, in der er von nun an Troſt ſuchte, und
ſie Tag und Nacht mit ſich umher trug, und wel¬
che ihn von der gaͤnzlichen Verzweiflung rettete.
Er hatte nehmlich damals unter andern die
Operette Klariſſa oder das unbekannte
Dienſtmaͤdchen geſehen, und nicht leicht haͤtte
in ſeiner Lage irgend ein Stuͤck mehr Intereſſe
fuͤr ihn haben koͤnnen, als dieſes. —
Der vorzuͤglichſte Umſtand, wodurch dieß
große Intereſſe bei ihm bewuͤrkt wurde, war, daß
ein junger Edelmann ſich entſchließt, ein Bauer
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Moritz, Karl Philipp: Anton Reiser. Bd. 2. Berlin, 1786, S. 168. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moritz_reiser02_1786/178>, abgerufen am 16.02.2025.
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