Brandes als Pamela, fast jeden Tag wechsels¬ weise einmal in seine Gedanken gekommen wa¬ ren -- und mit diesen Personen hatte er denn auch bis zur Ankunft der Ackermanschen Trup¬ pen die Stücke, die er laß, in seiner Phantasie grö߬ tentheils aufgeführt. --
Es fügte sich also gerade bei ihm, daß er, wenn jene mit diesen zusammengenommen wur¬ den, nun alle die vorzüglichsten Schauspieler Deutschlands zu sehen bekommen hatte, die jetzt in ganz Deutschland zerstreut sind. --
Dadurch bildete sich ein Ideal von der Schauspielkunst in ihm, das nachher nirgends befriedigt wurde, und ihm doch weder Tag noch Nacht Ruhe ließ, sondern ihn unaufhörlich um¬ hertrieb, und sein Leben unstät und flüchtig machte. --
Weil er ehemals Böck, und jetzt Brock¬ mannen die Rollen spielen sahe, wobei am meisten geweint wurde, so waren diese auch seine Lieblingsakteurs, mit denen sich seine Ge¬ danken immer am meisten beschäftigten. --
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Brandes als Pamela, faſt jeden Tag wechſels¬ weiſe einmal in ſeine Gedanken gekommen wa¬ ren — und mit dieſen Perſonen hatte er denn auch bis zur Ankunft der Ackermanſchen Trup¬ pen die Stuͤcke, die er laß, in ſeiner Phantaſie groͤ߬ tentheils aufgefuͤhrt. —
Es fuͤgte ſich alſo gerade bei ihm, daß er, wenn jene mit dieſen zuſammengenommen wur¬ den, nun alle die vorzuͤglichſten Schauſpieler Deutſchlands zu ſehen bekommen hatte, die jetzt in ganz Deutſchland zerſtreut ſind. —
Dadurch bildete ſich ein Ideal von der Schauſpielkunſt in ihm, das nachher nirgends befriedigt wurde, und ihm doch weder Tag noch Nacht Ruhe ließ, ſondern ihn unaufhoͤrlich um¬ hertrieb, und ſein Leben unſtaͤt und fluͤchtig machte. —
Weil er ehemals Boͤck, und jetzt Brock¬ mannen die Rollen ſpielen ſahe, wobei am meiſten geweint wurde, ſo waren dieſe auch ſeine Lieblingsakteurs, mit denen ſich ſeine Ge¬ danken immer am meiſten beſchaͤftigten. —
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Brandes als Pamela, faſt jeden Tag wechſels¬
weiſe einmal in ſeine Gedanken gekommen wa¬
ren — und mit dieſen Perſonen hatte er denn
auch bis zur Ankunft der Ackermanſchen Trup¬
pen die Stuͤcke, die er laß, in ſeiner Phantaſie groͤ߬
tentheils aufgefuͤhrt. —
Es fuͤgte ſich alſo gerade bei ihm, daß er,
wenn jene mit dieſen zuſammengenommen wur¬
den, nun alle die vorzuͤglichſten Schauſpieler
Deutſchlands zu ſehen bekommen hatte, die jetzt
in ganz Deutſchland zerſtreut ſind. —
Dadurch bildete ſich ein Ideal von der
Schauſpielkunſt in ihm, das nachher nirgends
befriedigt wurde, und ihm doch weder Tag noch
Nacht Ruhe ließ, ſondern ihn unaufhoͤrlich um¬
hertrieb, und ſein Leben unſtaͤt und fluͤchtig
machte. —
Weil er ehemals Boͤck, und jetzt Brock¬
mannen die Rollen ſpielen ſahe, wobei am
meiſten geweint wurde, ſo waren dieſe auch
ſeine Lieblingsakteurs, mit denen ſich ſeine Ge¬
danken immer am meiſten beſchaͤftigten. —
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Moritz, Karl Philipp: Anton Reiser. Bd. 2. Berlin, 1786, S. 165. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moritz_reiser02_1786/175>, abgerufen am 15.08.2024.
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