war, zu ihm zu sagen: seyn Sie ja recht auf Ih¬ rer Hur, und denken Sie, daß man genau auf Sie acht giebt. -- Es sind große Dinge mit Ih¬ nen im Werke! und dergleichen mehr, wodurch nun Reiser freilich anfieng, sich eine wichtigere Person, als bisher zu glauben, und seine kleine Eitelkeit mehr wie zu viel Nahrung erhielt, die sich denn oft thöricht genug in seinem Gange und und in seinen Mienen äußerte, indem er manch¬ mal in seinen Gedanken mit allem Ernst und der Würde eines Lehrers des Volks auf der Straße einhertrat, wie er dieß denn schon in B. . . gethan hatte, besonders wenn er schwarze Weste und Beinkleider trug. Bei seinem Gange hatte er sich den Gang eines jungen Geistlichen, der damals Lazarethprediger in H. . . und zugleich Konrektor am Lyceum war, zum Muster genommen, weil dieser in der Art sein Kinn zu tragen, etwas hat¬ te, das Reisern ganz besonders gefiel.
Nie kann wohl jemand in irgend einem Ge¬ nuß, glücklicher gewesen seyn, als es Reiser da¬ mals in der Erwartung der großen Dinge war, die mit ihm vorgehen sollten. -- Dieß erhitzte sei¬ ne Einbiidungskraft bis auf einen hohen Grad.
war, zu ihm zu ſagen: ſeyn Sie ja recht auf Ih¬ rer Hur, und denken Sie, daß man genau auf Sie acht giebt. — Es ſind große Dinge mit Ih¬ nen im Werke! und dergleichen mehr, wodurch nun Reiſer freilich anfieng, ſich eine wichtigere Perſon, als bisher zu glauben, und ſeine kleine Eitelkeit mehr wie zu viel Nahrung erhielt, die ſich denn oft thoͤricht genug in ſeinem Gange und und in ſeinen Mienen aͤußerte, indem er manch¬ mal in ſeinen Gedanken mit allem Ernſt und der Wuͤrde eines Lehrers des Volks auf der Straße einhertrat, wie er dieß denn ſchon in B. . . gethan hatte, beſonders wenn er ſchwarze Weſte und Beinkleider trug. Bei ſeinem Gange hatte er ſich den Gang eines jungen Geiſtlichen, der damals Lazarethprediger in H. . . und zugleich Konrektor am Lyceum war, zum Muſter genommen, weil dieſer in der Art ſein Kinn zu tragen, etwas hat¬ te, das Reiſern ganz beſonders gefiel.
Nie kann wohl jemand in irgend einem Ge¬ nuß, gluͤcklicher geweſen ſeyn, als es Reiſer da¬ mals in der Erwartung der großen Dinge war, die mit ihm vorgehen ſollten. — Dieß erhitzte ſei¬ ne Einbiidungskraft bis auf einen hohen Grad.
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war, zu ihm zu ſagen: ſeyn Sie ja recht auf Ih¬
rer Hur, und denken Sie, daß man genau auf
Sie acht giebt. — Es ſind große Dinge mit Ih¬
nen im Werke! und dergleichen mehr, wodurch
nun Reiſer freilich anfieng, ſich eine wichtigere
Perſon, als bisher zu glauben, und ſeine kleine
Eitelkeit mehr wie zu viel Nahrung erhielt, die
ſich denn oft thoͤricht genug in ſeinem Gange und
und in ſeinen Mienen aͤußerte, indem er manch¬
mal in ſeinen Gedanken mit allem Ernſt und der
Wuͤrde eines Lehrers des Volks auf der Straße
einhertrat, wie er dieß denn ſchon in B. . . gethan
hatte, beſonders wenn er ſchwarze Weſte und
Beinkleider trug. Bei ſeinem Gange hatte er ſich
den Gang eines jungen Geiſtlichen, der damals
Lazarethprediger in H. . . und zugleich Konrektor
am Lyceum war, zum Muſter genommen, weil
dieſer in der Art ſein Kinn zu tragen, etwas hat¬
te, das Reiſern ganz beſonders gefiel.
Nie kann wohl jemand in irgend einem Ge¬
nuß, gluͤcklicher geweſen ſeyn, als es Reiſer da¬
mals in der Erwartung der großen Dinge war,
die mit ihm vorgehen ſollten. — Dieß erhitzte ſei¬
ne Einbiidungskraft bis auf einen hohen Grad.
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Moritz, Karl Philipp: Anton Reiser. Bd. 2. Berlin, 1786, S. 6. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moritz_reiser02_1786/16>, abgerufen am 16.02.2025.
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