zes -- er hörte und sahe nicht mehr, was um ihn her vorging, und ließ alles mit sich machen, was man wollte, so daß er in dem Zustande ein würdiger Gegenstand des Spottes und der Ver¬ achtung zu seyn schien.
Was Wunder, wenn er am Ende durch diese fortgesetzte Behandlung würklich niederträchtig gesinnt geworden wäre -- Aber er fühlte noch immer Kraft geung in sich, in gewissen Stunden, sich ganz aus seiner wirklichen Welt zu verse¬ tzen. -- Das war es, was ihn aufrecht erhielt -- Wenn seine Seele durch tausend Demüthi¬ gungen in seiner wirklichen Welt erniedrigt war, so übte er sich wieder in den edlen Gesinnungen der Großmuth, Entschlossenheit, Uneigennützig¬ keit und Standhaftigkeit, so oft er irgend ei¬ nen Roman, oder heroisches Drama durchlaß oder durchdachte. -- Oft träumte er sich auf die Weise über allen Kummer der Erde hinaus, in heitre Scenen hin, wenn er vom Frost er¬ starrt, im Chore sang, und verphantasierte so manche Stunde, wo denn gewisse Melodien, die er hörte und mitsang, seinen Traum oft fortpflanzen halfen. -- Nichts klang ihm
zes — er hoͤrte und ſahe nicht mehr, was um ihn her vorging, und ließ alles mit ſich machen, was man wollte, ſo daß er in dem Zuſtande ein wuͤrdiger Gegenſtand des Spottes und der Ver¬ achtung zu ſeyn ſchien.
Was Wunder, wenn er am Ende durch dieſe fortgeſetzte Behandlung wuͤrklich niedertraͤchtig geſinnt geworden waͤre — Aber er fuͤhlte noch immer Kraft geung in ſich, in gewiſſen Stunden, ſich ganz aus ſeiner wirklichen Welt zu verſe¬ tzen. — Das war es, was ihn aufrecht erhielt — Wenn ſeine Seele durch tauſend Demuͤthi¬ gungen in ſeiner wirklichen Welt erniedrigt war, ſo uͤbte er ſich wieder in den edlen Geſinnungen der Großmuth, Entſchloſſenheit, Uneigennuͤtzig¬ keit und Standhaftigkeit, ſo oft er irgend ei¬ nen Roman, oder heroiſches Drama durchlaß oder durchdachte. — Oft traͤumte er ſich auf die Weiſe uͤber allen Kummer der Erde hinaus, in heitre Scenen hin, wenn er vom Froſt er¬ ſtarrt, im Chore ſang, und verphantaſierte ſo manche Stunde, wo denn gewiſſe Melodien, die er hoͤrte und mitſang, ſeinen Traum oft fortpflanzen halfen. — Nichts klang ihm
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zes — er hoͤrte und ſahe nicht mehr, was um
ihn her vorging, und ließ alles mit ſich machen,
was man wollte, ſo daß er in dem Zuſtande ein
wuͤrdiger Gegenſtand des Spottes und der Ver¬
achtung zu ſeyn ſchien.
Was Wunder, wenn er am Ende durch dieſe
fortgeſetzte Behandlung wuͤrklich niedertraͤchtig
geſinnt geworden waͤre — Aber er fuͤhlte noch
immer Kraft geung in ſich, in gewiſſen Stunden,
ſich ganz aus ſeiner wirklichen Welt zu verſe¬
tzen. — Das war es, was ihn aufrecht erhielt
— Wenn ſeine Seele durch tauſend Demuͤthi¬
gungen in ſeiner wirklichen Welt erniedrigt war,
ſo uͤbte er ſich wieder in den edlen Geſinnungen
der Großmuth, Entſchloſſenheit, Uneigennuͤtzig¬
keit und Standhaftigkeit, ſo oft er irgend ei¬
nen Roman, oder heroiſches Drama durchlaß
oder durchdachte. — Oft traͤumte er ſich auf
die Weiſe uͤber allen Kummer der Erde hinaus,
in heitre Scenen hin, wenn er vom Froſt er¬
ſtarrt, im Chore ſang, und verphantaſierte ſo
manche Stunde, wo denn gewiſſe Melodien,
die er hoͤrte und mitſang, ſeinen Traum
oft fortpflanzen halfen. — Nichts klang ihm
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Moritz, Karl Philipp: Anton Reiser. Bd. 2. Berlin, 1786, S. 120. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moritz_reiser02_1786/130>, abgerufen am 16.07.2024.
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