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Moritz, Karl Philipp: Anton Reiser. Bd. 1. Berlin, 1785.

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Ueberhaupt pflegte Anton in seiner Kindheit
durch den Klang der eignen Namen von Perso¬
nen oder Städten zu sonderbaren Bildern und
Vorstellungen von den dadurch bezeichneten Ge¬
genständen veranlaßt zu werden.

Die Höhe oder Tiefe der Vokale in einem
solchen Namen trug zur Bestimmung des Bil¬
des das meiste bei.

So klang der Name Hannover beständig
prächtig in seinem Ohre, und ehe er es sahe,
war es ihm ein Ort mit hohen Häusern und
Thürmen, und von einem hellen und lichten
Ansehen.

Braunschweig schien ihm länglicht von dunk¬
lerm Ansehen und größer zu seyn, und Paris
stellte er sich, nach eben einem solchen dunklen
Gefühle bei dem Namen, vorzüglich voll heller
weißlichter Häuser vor.

Es ist dieses auch sehr natürlich: denn von
einem Dinge, wovon man nichts wie den Na¬
men weiß, arbeitet die Seele, sich, auch vermit¬
telst der entferntesten Aehnlichkeiten, ein Bild
zu entwerfen, und in Ermangelung aller andern
Vergleichungen, muß sie zu dem willkührlichen

Namen

Ueberhaupt pflegte Anton in ſeiner Kindheit
durch den Klang der eignen Namen von Perſo¬
nen oder Staͤdten zu ſonderbaren Bildern und
Vorſtellungen von den dadurch bezeichneten Ge¬
genſtaͤnden veranlaßt zu werden.

Die Hoͤhe oder Tiefe der Vokale in einem
ſolchen Namen trug zur Beſtimmung des Bil¬
des das meiſte bei.

So klang der Name Hannover beſtaͤndig
praͤchtig in ſeinem Ohre, und ehe er es ſahe,
war es ihm ein Ort mit hohen Haͤuſern und
Thuͤrmen, und von einem hellen und lichten
Anſehen.

Braunſchweig ſchien ihm laͤnglicht von dunk¬
lerm Anſehen und groͤßer zu ſeyn, und Paris
ſtellte er ſich, nach eben einem ſolchen dunklen
Gefuͤhle bei dem Namen, vorzuͤglich voll heller
weißlichter Haͤuſer vor.

Es iſt dieſes auch ſehr natuͤrlich: denn von
einem Dinge, wovon man nichts wie den Na¬
men weiß, arbeitet die Seele, ſich, auch vermit¬
telſt der entfernteſten Aehnlichkeiten, ein Bild
zu entwerfen, und in Ermangelung aller andern
Vergleichungen, muß ſie zu dem willkuͤhrlichen

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[80/0090] Ueberhaupt pflegte Anton in ſeiner Kindheit durch den Klang der eignen Namen von Perſo¬ nen oder Staͤdten zu ſonderbaren Bildern und Vorſtellungen von den dadurch bezeichneten Ge¬ genſtaͤnden veranlaßt zu werden. Die Hoͤhe oder Tiefe der Vokale in einem ſolchen Namen trug zur Beſtimmung des Bil¬ des das meiſte bei. So klang der Name Hannover beſtaͤndig praͤchtig in ſeinem Ohre, und ehe er es ſahe, war es ihm ein Ort mit hohen Haͤuſern und Thuͤrmen, und von einem hellen und lichten Anſehen. Braunſchweig ſchien ihm laͤnglicht von dunk¬ lerm Anſehen und groͤßer zu ſeyn, und Paris ſtellte er ſich, nach eben einem ſolchen dunklen Gefuͤhle bei dem Namen, vorzuͤglich voll heller weißlichter Haͤuſer vor. Es iſt dieſes auch ſehr natuͤrlich: denn von einem Dinge, wovon man nichts wie den Na¬ men weiß, arbeitet die Seele, ſich, auch vermit¬ telſt der entfernteſten Aehnlichkeiten, ein Bild zu entwerfen, und in Ermangelung aller andern Vergleichungen, muß ſie zu dem willkuͤhrlichen Namen

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Zitationshilfe: Moritz, Karl Philipp: Anton Reiser. Bd. 1. Berlin, 1785, S. 80. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moritz_reiser01_1785/90>, abgerufen am 23.11.2024.