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Moritz, Karl Philipp: Anton Reiser. Bd. 1. Berlin, 1785.

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Der Konrektor, ein kleines muntres Männ¬
chen, flößte ihm, ohngeachtet seiner nicht sehr
gravitätischen Miene, dennoch durch seinen
schwarzen Rock und Stutzperuque einen tiefen
Respekt ein.

Dieser Mann ging auch auf einen ziemlich
freundschaftlichen Fuß mit seinen Schülern um:
gewöhnlich nannte er zwar einen jeden ihr, aber
die vier öbersten, welche er auch im Scherz Ve¬
teraner hieß, wurden vorzugsweise er genannt.

Ob er dabei gleich sehr strenge war, hat doch
Anton niemals einen Vorwurf noch weniger
einen Schlag von ihm bekommen: er glaubte
daher auch in der Schule immer mehr Gerech¬
tigkeit, als bei seinen Eltern zu finden.

Er mußte nun anfangen, den Donat aus¬
wendig zu lernen, allein freilich hatte er einen
wunderbaren Accent, der sich bald zeigte, da er
gleich in der zweiten Stunde sein Mensa aus¬
wendig hersagen mußte, und indem er Singu¬
lariter und Pluraliter sagte, immer den Ton
auf die vorletzte Sylbe legte, weil er sich beim
Auswendiglernen dieses Pensums, wegen der
Aehnlichkeit dieser Wörter mit Amoriter, Je¬

Der Konrektor, ein kleines muntres Maͤnn¬
chen, floͤßte ihm, ohngeachtet ſeiner nicht ſehr
gravitaͤtiſchen Miene, dennoch durch ſeinen
ſchwarzen Rock und Stutzperuque einen tiefen
Reſpekt ein.

Dieſer Mann ging auch auf einen ziemlich
freundſchaftlichen Fuß mit ſeinen Schuͤlern um:
gewoͤhnlich nannte er zwar einen jeden ihr, aber
die vier oͤberſten, welche er auch im Scherz Ve¬
teraner hieß, wurden vorzugsweiſe er genannt.

Ob er dabei gleich ſehr ſtrenge war, hat doch
Anton niemals einen Vorwurf noch weniger
einen Schlag von ihm bekommen: er glaubte
daher auch in der Schule immer mehr Gerech¬
tigkeit, als bei ſeinen Eltern zu finden.

Er mußte nun anfangen, den Donat aus¬
wendig zu lernen, allein freilich hatte er einen
wunderbaren Accent, der ſich bald zeigte, da er
gleich in der zweiten Stunde ſein Menſa aus¬
wendig herſagen mußte, und indem er Singu¬
lariter und Pluraliter ſagte, immer den Ton
auf die vorletzte Sylbe legte, weil er ſich beim
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[58/0068] Der Konrektor, ein kleines muntres Maͤnn¬ chen, floͤßte ihm, ohngeachtet ſeiner nicht ſehr gravitaͤtiſchen Miene, dennoch durch ſeinen ſchwarzen Rock und Stutzperuque einen tiefen Reſpekt ein. Dieſer Mann ging auch auf einen ziemlich freundſchaftlichen Fuß mit ſeinen Schuͤlern um: gewoͤhnlich nannte er zwar einen jeden ihr, aber die vier oͤberſten, welche er auch im Scherz Ve¬ teraner hieß, wurden vorzugsweiſe er genannt. Ob er dabei gleich ſehr ſtrenge war, hat doch Anton niemals einen Vorwurf noch weniger einen Schlag von ihm bekommen: er glaubte daher auch in der Schule immer mehr Gerech¬ tigkeit, als bei ſeinen Eltern zu finden. Er mußte nun anfangen, den Donat aus¬ wendig zu lernen, allein freilich hatte er einen wunderbaren Accent, der ſich bald zeigte, da er gleich in der zweiten Stunde ſein Menſa aus¬ wendig herſagen mußte, und indem er Singu¬ lariter und Pluraliter ſagte, immer den Ton auf die vorletzte Sylbe legte, weil er ſich beim Auswendiglernen dieſes Penſums, wegen der Aehnlichkeit dieſer Woͤrter mit Amoriter, Je¬

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Zitationshilfe: Moritz, Karl Philipp: Anton Reiser. Bd. 1. Berlin, 1785, S. 58. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moritz_reiser01_1785/68>, abgerufen am 27.11.2024.