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Moritz, Karl Philipp: Anton Reiser. Bd. 1. Berlin, 1785.

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sey, ob er gleich innerlich fühlte, daß er der be¬
leidigende Theil war.

Diese Erinnerung ist wegen ihrer Seltenheit
und Deutlichkeit merkwürdig: auch ist sie ächt,
weil der Umstand an sich zu geringfügig war,
als daß ihm nachher jemand davon hätte erzäh¬
len sollen.

Die zweite Erinnerung ist aus dem vierten
Jahre, wo seine Mutter ihn wegen einer wirk¬
lichen Unart schalt; indem er sich nun gerade
auszog, fügte es sich, daß eines seiner Kleidungs¬
stücke mit einigem Geräusch auf den Stuhl fiel:
seine Mutter glaubte, er habe es aus Trotz hin¬
geworfen, und züchtigte ihn hart.

Dies war das erste wirkliche Unrecht, was
er tief empfand, und was ihm nie aus dem
Sinne gekommen ist; seit der Zeit hielt er auch
seine Mutter für ungerecht, und bei jeder neuen
Züchtigung fiel ihm dieser Umstand ein.

Ich habe schon erwähnt, wie ihm der Tod
in seiner Kindheit vorgekommen sey. Dies
dauerte bis in sein zehntes Jahr, als einmal
eine Nachbarin seine Eltern besuchte, und er¬
zählte, wie ihr Vetter, der ein Bergmann war,

D 2

ſey, ob er gleich innerlich fuͤhlte, daß er der be¬
leidigende Theil war.

Dieſe Erinnerung iſt wegen ihrer Seltenheit
und Deutlichkeit merkwuͤrdig: auch iſt ſie aͤcht,
weil der Umſtand an ſich zu geringfuͤgig war,
als daß ihm nachher jemand davon haͤtte erzaͤh¬
len ſollen.

Die zweite Erinnerung iſt aus dem vierten
Jahre, wo ſeine Mutter ihn wegen einer wirk¬
lichen Unart ſchalt; indem er ſich nun gerade
auszog, fuͤgte es ſich, daß eines ſeiner Kleidungs¬
ſtuͤcke mit einigem Geraͤuſch auf den Stuhl fiel:
ſeine Mutter glaubte, er habe es aus Trotz hin¬
geworfen, und zuͤchtigte ihn hart.

Dies war das erſte wirkliche Unrecht, was
er tief empfand, und was ihm nie aus dem
Sinne gekommen iſt; ſeit der Zeit hielt er auch
ſeine Mutter fuͤr ungerecht, und bei jeder neuen
Zuͤchtigung fiel ihm dieſer Umſtand ein.

Ich habe ſchon erwaͤhnt, wie ihm der Tod
in ſeiner Kindheit vorgekommen ſey. Dies
dauerte bis in ſein zehntes Jahr, als einmal
eine Nachbarin ſeine Eltern beſuchte, und er¬
zaͤhlte, wie ihr Vetter, der ein Bergmann war,

D 2
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[51/0061] ſey, ob er gleich innerlich fuͤhlte, daß er der be¬ leidigende Theil war. Dieſe Erinnerung iſt wegen ihrer Seltenheit und Deutlichkeit merkwuͤrdig: auch iſt ſie aͤcht, weil der Umſtand an ſich zu geringfuͤgig war, als daß ihm nachher jemand davon haͤtte erzaͤh¬ len ſollen. Die zweite Erinnerung iſt aus dem vierten Jahre, wo ſeine Mutter ihn wegen einer wirk¬ lichen Unart ſchalt; indem er ſich nun gerade auszog, fuͤgte es ſich, daß eines ſeiner Kleidungs¬ ſtuͤcke mit einigem Geraͤuſch auf den Stuhl fiel: ſeine Mutter glaubte, er habe es aus Trotz hin¬ geworfen, und zuͤchtigte ihn hart. Dies war das erſte wirkliche Unrecht, was er tief empfand, und was ihm nie aus dem Sinne gekommen iſt; ſeit der Zeit hielt er auch ſeine Mutter fuͤr ungerecht, und bei jeder neuen Zuͤchtigung fiel ihm dieſer Umſtand ein. Ich habe ſchon erwaͤhnt, wie ihm der Tod in ſeiner Kindheit vorgekommen ſey. Dies dauerte bis in ſein zehntes Jahr, als einmal eine Nachbarin ſeine Eltern beſuchte, und er¬ zaͤhlte, wie ihr Vetter, der ein Bergmann war, D 2

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Zitationshilfe: Moritz, Karl Philipp: Anton Reiser. Bd. 1. Berlin, 1785, S. 51. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moritz_reiser01_1785/61>, abgerufen am 23.11.2024.