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Moritz, Karl Philipp: Anton Reiser. Bd. 1. Berlin, 1785.

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seinen Mitschülern, sondern von seinen Lehrern sey
ihm Unrecht geschehn, diese vernachläßigten ihn,
und niemand fragte ihn mehr, wenn er gleich die
Sache besser, als andre wüßte. Hierinn möchte
man ihm doch Recht verschaffen!

Der Inspektor suchte ihm das auszureden, und
entschuldigte die Lehrer mit der Menge der Schüler,
von der Zeit an aber fing er an, selbst aufmerk¬
samer auf ihn zu werden, und fragte ihn des Mor¬
gens in der Frühstunde öfter, als sonst.

In einer Stunde wöchentlich wurde eine Ue¬
bung mit den Psalmen angestellt, wo ein jeder
der Schüler sich Lehren herausziehn mußte; diese
wurden auf ein Blatt Papier oder eine Rechentafel
geschrieben, und dann abgelesen, wobei mancher
stark zu schwitzen pflegte. -- Der Inspector war
dabei. Anton schrieb nichts auf. Als aber die
Reihe an ihn kam, ging er den ganzen Psalm
durch, und hielt eine ordentliche Abhandlung oder
Predigt darüber, die fast eine halbe Stunde dau¬
erte, so daß der Inspector selbst am Ende sagte:
es sey nun gnug; -- er solle den Psalm nicht

eigent¬

ſeinen Mitſchuͤlern, ſondern von ſeinen Lehrern ſey
ihm Unrecht geſchehn, dieſe vernachlaͤßigten ihn,
und niemand fragte ihn mehr, wenn er gleich die
Sache beſſer, als andre wuͤßte. Hierinn moͤchte
man ihm doch Recht verſchaffen!

Der Inſpektor ſuchte ihm das auszureden, und
entſchuldigte die Lehrer mit der Menge der Schuͤler,
von der Zeit an aber fing er an, ſelbſt aufmerk¬
ſamer auf ihn zu werden, und fragte ihn des Mor¬
gens in der Fruͤhſtunde oͤfter, als ſonſt.

In einer Stunde woͤchentlich wurde eine Ue¬
bung mit den Pſalmen angeſtellt, wo ein jeder
der Schuͤler ſich Lehren herausziehn mußte; dieſe
wurden auf ein Blatt Papier oder eine Rechentafel
geſchrieben, und dann abgeleſen, wobei mancher
ſtark zu ſchwitzen pflegte. — Der Inſpector war
dabei. Anton ſchrieb nichts auf. Als aber die
Reihe an ihn kam, ging er den ganzen Pſalm
durch, und hielt eine ordentliche Abhandlung oder
Predigt daruͤber, die faſt eine halbe Stunde dau¬
erte, ſo daß der Inſpector ſelbſt am Ende ſagte:
es ſey nun gnug; — er ſolle den Pſalm nicht

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[182/0192] ſeinen Mitſchuͤlern, ſondern von ſeinen Lehrern ſey ihm Unrecht geſchehn, dieſe vernachlaͤßigten ihn, und niemand fragte ihn mehr, wenn er gleich die Sache beſſer, als andre wuͤßte. Hierinn moͤchte man ihm doch Recht verſchaffen! Der Inſpektor ſuchte ihm das auszureden, und entſchuldigte die Lehrer mit der Menge der Schuͤler, von der Zeit an aber fing er an, ſelbſt aufmerk¬ ſamer auf ihn zu werden, und fragte ihn des Mor¬ gens in der Fruͤhſtunde oͤfter, als ſonſt. In einer Stunde woͤchentlich wurde eine Ue¬ bung mit den Pſalmen angeſtellt, wo ein jeder der Schuͤler ſich Lehren herausziehn mußte; dieſe wurden auf ein Blatt Papier oder eine Rechentafel geſchrieben, und dann abgeleſen, wobei mancher ſtark zu ſchwitzen pflegte. — Der Inſpector war dabei. Anton ſchrieb nichts auf. Als aber die Reihe an ihn kam, ging er den ganzen Pſalm durch, und hielt eine ordentliche Abhandlung oder Predigt daruͤber, die faſt eine halbe Stunde dau¬ erte, ſo daß der Inſpector ſelbſt am Ende ſagte: es ſey nun gnug; — er ſolle den Pſalm nicht eigent¬

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Zitationshilfe: Moritz, Karl Philipp: Anton Reiser. Bd. 1. Berlin, 1785, S. 182. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moritz_reiser01_1785/192>, abgerufen am 23.11.2024.