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Moritz, Karl Philipp: Anton Reiser. Bd. 1. Berlin, 1785.

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hatte nur die eine Hälfte der Glocke, die sich mit
ihrer ungeheuren Wölbung empor hub, und nicht
ihren ganzen Umfang gesehen -- von der Größe
dieser Glocke hatte er von Kindheit an gehört,
und seine Einbildungskraft vergrößerte das Bild
in seiner Seele noch zu unzähligenmalen, so daß
er sich davon die romanhaftesten und aus¬
schweifendsten Ideen machte.

Bei seinen Schmerzen nun, die er am Fuße
erduldete; bei aller Bedrückung von seinen El¬
tern, worunter er seufzte; was war sein Trost?
was war der angenehmste Traum seiner Kind¬
heit? was sein sehnlichster Wunsch, über den er
oft alles vergas? -- -- Was anders, als die nahe
Beschauung des Zifferblatts und der Gallerie
am neustädtischen Thurme in H. . ., und der
Glocken, die darinn hingen.

Länger als ein Jahr hindurch versüßte ihm
diß Spiel seiner Phantasie die trübsten Stun¬
den seines Lebens -- aber ach, er mußte H...
verlassen, ohne seines sehnlichsten Wunsches ge¬
währt zu werden. -- -- Doch das Bild vom
neustädtischen Thurme wich nie aus seinen Ge¬
danken, es verfolgte ihn nach B. . ., und

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hatte nur die eine Haͤlfte der Glocke, die ſich mit
ihrer ungeheuren Woͤlbung empor hub, und nicht
ihren ganzen Umfang geſehen — von der Groͤße
dieſer Glocke hatte er von Kindheit an gehoͤrt,
und ſeine Einbildungskraft vergroͤßerte das Bild
in ſeiner Seele noch zu unzaͤhligenmalen, ſo daß
er ſich davon die romanhafteſten und aus¬
ſchweifendſten Ideen machte.

Bei ſeinen Schmerzen nun, die er am Fuße
erduldete; bei aller Bedruͤckung von ſeinen El¬
tern, worunter er ſeufzte; was war ſein Troſt?
was war der angenehmſte Traum ſeiner Kind¬
heit? was ſein ſehnlichſter Wunſch, uͤber den er
oft alles vergas? — — Was anders, als die nahe
Beſchauung des Zifferblatts und der Gallerie
am neuſtaͤdtiſchen Thurme in H. . ., und der
Glocken, die darinn hingen.

Laͤnger als ein Jahr hindurch verſuͤßte ihm
diß Spiel ſeiner Phantaſie die truͤbſten Stun¬
den ſeines Lebens — aber ach, er mußte H...
verlaſſen, ohne ſeines ſehnlichſten Wunſches ge¬
waͤhrt zu werden. — — Doch das Bild vom
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danken, es verfolgte ihn nach B. . ., und

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[151/0161] hatte nur die eine Haͤlfte der Glocke, die ſich mit ihrer ungeheuren Woͤlbung empor hub, und nicht ihren ganzen Umfang geſehen — von der Groͤße dieſer Glocke hatte er von Kindheit an gehoͤrt, und ſeine Einbildungskraft vergroͤßerte das Bild in ſeiner Seele noch zu unzaͤhligenmalen, ſo daß er ſich davon die romanhafteſten und aus¬ ſchweifendſten Ideen machte. Bei ſeinen Schmerzen nun, die er am Fuße erduldete; bei aller Bedruͤckung von ſeinen El¬ tern, worunter er ſeufzte; was war ſein Troſt? was war der angenehmſte Traum ſeiner Kind¬ heit? was ſein ſehnlichſter Wunſch, uͤber den er oft alles vergas? — — Was anders, als die nahe Beſchauung des Zifferblatts und der Gallerie am neuſtaͤdtiſchen Thurme in H. . ., und der Glocken, die darinn hingen. Laͤnger als ein Jahr hindurch verſuͤßte ihm diß Spiel ſeiner Phantaſie die truͤbſten Stun¬ den ſeines Lebens — aber ach, er mußte H... verlaſſen, ohne ſeines ſehnlichſten Wunſches ge¬ waͤhrt zu werden. — — Doch das Bild vom neuſtaͤdtiſchen Thurme wich nie aus ſeinen Ge¬ danken, es verfolgte ihn nach B. . ., und ſchwebte K 4

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Zitationshilfe: Moritz, Karl Philipp: Anton Reiser. Bd. 1. Berlin, 1785, S. 151. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moritz_reiser01_1785/161>, abgerufen am 27.11.2024.