Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Moritz, Karl Philipp: Anton Reiser. Bd. 1. Berlin, 1785.

Bild:
<< vorherige Seite

werden. Denn sein jetziges Dastehen auf
der Brücke, und den hohen Wall hinauf¬
sehen
, wo die Schildwache stand, schloß sich
dicht an sein Dastehen und den hohen Wall
hinauf sehen
vor anderthalb Jahren an. Die
Vergangenheit, alle die Scenen des Lebens, das
Anton in B. . . geführet hatte, stellte er sich jetzt
wieder vor, wie er sie sich damals vor anderthalb
Jahren noch als zukünftig gedacht hatte, und
die zu lebhafte Vorstellung und Wiedererinne¬
rung des Orts, machte, daß die Erinnerung
an den Zwischenraum der Zeit, welche unterdeß
verflossen war, verlosch, oder schwächer wurde -- --
anders wenigstens läßt sich wohl schwerlich das
Phänomen jener sonderbaren Empfindung erklä¬
ren, die Anton damals hatte, und die ein jeder
wenigstens einigemale in seinem Leben gehabt zu
haben sich erinnern wird.

Mehr als zehnmal stand Anton auf dem
Punkte, nicht wieder in die Stadt zurückzukeh¬
ren, sondern gerade den Weg vor sich hin, wie¬
der nach H. . . zu gehen, wenn ihn nicht der
Gedanke an Hunger und Kälte wieder zurück¬
geschreckt hätte.

Aber
K

werden. Denn ſein jetziges Daſtehen auf
der Bruͤcke, und den hohen Wall hinauf¬
ſehen
, wo die Schildwache ſtand, ſchloß ſich
dicht an ſein Daſtehen und den hohen Wall
hinauf ſehen
vor anderthalb Jahren an. Die
Vergangenheit, alle die Scenen des Lebens, das
Anton in B. . . gefuͤhret hatte, ſtellte er ſich jetzt
wieder vor, wie er ſie ſich damals vor anderthalb
Jahren noch als zukuͤnftig gedacht hatte, und
die zu lebhafte Vorſtellung und Wiedererinne¬
rung des Orts, machte, daß die Erinnerung
an den Zwiſchenraum der Zeit, welche unterdeß
verfloſſen war, verloſch, oder ſchwaͤcher wurde — —
anders wenigſtens laͤßt ſich wohl ſchwerlich das
Phaͤnomen jener ſonderbaren Empfindung erklaͤ¬
ren, die Anton damals hatte, und die ein jeder
wenigſtens einigemale in ſeinem Leben gehabt zu
haben ſich erinnern wird.

Mehr als zehnmal ſtand Anton auf dem
Punkte, nicht wieder in die Stadt zuruͤckzukeh¬
ren, ſondern gerade den Weg vor ſich hin, wie¬
der nach H. . . zu gehen, wenn ihn nicht der
Gedanke an Hunger und Kaͤlte wieder zuruͤck¬
geſchreckt haͤtte.

Aber
K
<TEI>
  <text>
    <body>
      <p><pb facs="#f0155" n="145"/>
werden. Denn &#x017F;ein jetziges <hi rendition="#fr">Da&#x017F;tehen</hi> auf<lb/>
der Bru&#x0364;cke, und <hi rendition="#fr">den hohen Wall hinauf¬<lb/>
&#x017F;ehen</hi>, wo die Schildwache &#x017F;tand, &#x017F;chloß &#x017F;ich<lb/>
dicht an &#x017F;ein <hi rendition="#fr">Da&#x017F;tehen</hi> und <hi rendition="#fr">den hohen Wall<lb/>
hinauf &#x017F;ehen</hi> vor anderthalb Jahren an. Die<lb/>
Vergangenheit, alle die Scenen des Lebens, das<lb/>
Anton in B. . . gefu&#x0364;hret hatte, &#x017F;tellte er &#x017F;ich jetzt<lb/>
wieder vor, wie er &#x017F;ie &#x017F;ich damals vor anderthalb<lb/>
Jahren noch als zuku&#x0364;nftig gedacht hatte, und<lb/>
die zu lebhafte Vor&#x017F;tellung und Wiedererinne¬<lb/>
rung des Orts, machte, daß die Erinnerung<lb/>
an den Zwi&#x017F;chenraum der Zeit, welche unterdeß<lb/>
verflo&#x017F;&#x017F;en war, verlo&#x017F;ch, oder &#x017F;chwa&#x0364;cher wurde &#x2014; &#x2014;<lb/>
anders wenig&#x017F;tens la&#x0364;ßt &#x017F;ich wohl &#x017F;chwerlich das<lb/>
Pha&#x0364;nomen jener &#x017F;onderbaren Empfindung erkla&#x0364;¬<lb/>
ren, die Anton damals hatte, und die ein jeder<lb/>
wenig&#x017F;tens einigemale in &#x017F;einem Leben gehabt zu<lb/>
haben &#x017F;ich erinnern wird.</p><lb/>
      <p>Mehr als zehnmal &#x017F;tand Anton auf dem<lb/>
Punkte, nicht wieder in die Stadt zuru&#x0364;ckzukeh¬<lb/>
ren, &#x017F;ondern gerade den Weg vor &#x017F;ich hin, wie¬<lb/>
der nach H. . . zu gehen, wenn ihn nicht der<lb/>
Gedanke an Hunger und Ka&#x0364;lte wieder zuru&#x0364;ck¬<lb/>
ge&#x017F;chreckt ha&#x0364;tte.</p><lb/>
      <fw place="bottom" type="sig">K<lb/></fw>
      <fw place="bottom" type="catch">Aber<lb/></fw>
    </body>
  </text>
</TEI>
[145/0155] werden. Denn ſein jetziges Daſtehen auf der Bruͤcke, und den hohen Wall hinauf¬ ſehen, wo die Schildwache ſtand, ſchloß ſich dicht an ſein Daſtehen und den hohen Wall hinauf ſehen vor anderthalb Jahren an. Die Vergangenheit, alle die Scenen des Lebens, das Anton in B. . . gefuͤhret hatte, ſtellte er ſich jetzt wieder vor, wie er ſie ſich damals vor anderthalb Jahren noch als zukuͤnftig gedacht hatte, und die zu lebhafte Vorſtellung und Wiedererinne¬ rung des Orts, machte, daß die Erinnerung an den Zwiſchenraum der Zeit, welche unterdeß verfloſſen war, verloſch, oder ſchwaͤcher wurde — — anders wenigſtens laͤßt ſich wohl ſchwerlich das Phaͤnomen jener ſonderbaren Empfindung erklaͤ¬ ren, die Anton damals hatte, und die ein jeder wenigſtens einigemale in ſeinem Leben gehabt zu haben ſich erinnern wird. Mehr als zehnmal ſtand Anton auf dem Punkte, nicht wieder in die Stadt zuruͤckzukeh¬ ren, ſondern gerade den Weg vor ſich hin, wie¬ der nach H. . . zu gehen, wenn ihn nicht der Gedanke an Hunger und Kaͤlte wieder zuruͤck¬ geſchreckt haͤtte. Aber K

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/moritz_reiser01_1785
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/moritz_reiser01_1785/155
Zitationshilfe: Moritz, Karl Philipp: Anton Reiser. Bd. 1. Berlin, 1785, S. 145. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moritz_reiser01_1785/155>, abgerufen am 27.11.2024.