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Moritz, Karl Philipp: Über die bildende Nachahmung des Schönen. Braunschweig, 1788.

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Sonst würde freilich der Zusammenhang der gan¬
zen Natur, welcher zu sich selber, als zu dem gröss¬
ten uns denkbaren Ganzen, die meisten Beziehungen
in sich fasst, auch für uns das höchste Schöne seyn,
wenn derselbe nur einen Augenblick von unsrer Ein¬
bildungskraft umfasst werden könnte.

Denn dieser grosse Zusammenhang der Dinge ist
doch eigentlich das einzige, wahre Ganze; jedes ein¬
zelne Ganze in ihm, ist, wegen der unauflösslichen
Verkettung der Dinge, nur eingebildet -- aber auch
selbst dies Eingebildete muss sich dennoch, als Gan¬
zes betrachtet, jenem grossen Ganzen in unsrer Vor¬
stellung ähnlich, und nach eben den ewigen, festen
Regeln bilden, nach welchen dieses sich von allen Sei¬
ten auf seinen Mittelpunkt stützt, und auf seinem eig¬
nen Daseyn ruht.

Jedes schöne Ganze aus der Hand des bildenden
Künstlers, ist daher im Kleinen ein Abdruck des höch¬
sten Schönen im grossen Ganzen der Natur; welche
das noch mittelbar durch die bildendende Hand des
Künstlers nacherschafft, was unmittelbar nicht in ih¬
ren grossen Plan gehörte.

Wem also von der Natur selbst, der Sinn für ihre
Schöpfungskraft in sein ganzes Wesen, und das Maass
des Schönen in Aug' und Seele gedrückt ward, der
begnügt sich nicht, sie anzuschauen; er muss ihr
nachahmen, ihr nachstreben, in ihrer geheimen Werk¬
statt sie belauschen, und mit der lodernden Flamm' im
Busen bilden und schaffen, so wie sie: --

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Sonſt würde freilich der Zuſammenhang der gan¬
zen Natur, welcher zu ſich ſelber, als zu dem gröſs¬
ten uns denkbaren Ganzen, die meiſten Beziehungen
in ſich faſst, auch für uns das höchſte Schöne ſeyn,
wenn derſelbe nur einen Augenblick von unſrer Ein¬
bildungskraft umfaſst werden könnte.

Denn dieſer grosſe Zuſammenhang der Dinge iſt
doch eigentlich das einzige, wahre Ganze; jedes ein¬
zelne Ganze in ihm, iſt, wegen der unauflöſslichen
Verkettung der Dinge, nur eingebildet — aber auch
ſelbſt dies Eingebildete muſs ſich dennoch, als Gan¬
zes betrachtet, jenem grosſen Ganzen in unſrer Vor¬
ſtellung ähnlich, und nach eben den ewigen, feſten
Regeln bilden, nach welchen dieſes ſich von allen Sei¬
ten auf ſeinen Mittelpunkt ſtützt, und auf ſeinem eig¬
nen Daſeyn ruht.

Jedes ſchöne Ganze aus der Hand des bildenden
Künſtlers, iſt daher im Kleinen ein Abdruck des höch¬
ſten Schönen im grosſen Ganzen der Natur; welche
das noch mittelbar durch die bildendende Hand des
Künſtlers nacherſchafft, was unmittelbar nicht in ih¬
ren grosſen Plan gehörte.

Wem alſo von der Natur ſelbſt, der Sinn für ihre
Schöpfungskraft in ſein ganzes Weſen, und das Maaſs
des Schönen in Aug' und Seele gedrückt ward, der
begnügt ſich nicht, ſie anzuſchauen; er muſs ihr
nachahmen, ihr nachſtreben, in ihrer geheimen Werk¬
ſtatt ſie belauſchen, und mit der lodernden Flamm' im
Buſen bilden und ſchaffen, ſo wie ſie: —

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[19/0025] Sonſt würde freilich der Zuſammenhang der gan¬ zen Natur, welcher zu ſich ſelber, als zu dem gröſs¬ ten uns denkbaren Ganzen, die meiſten Beziehungen in ſich faſst, auch für uns das höchſte Schöne ſeyn, wenn derſelbe nur einen Augenblick von unſrer Ein¬ bildungskraft umfaſst werden könnte. Denn dieſer grosſe Zuſammenhang der Dinge iſt doch eigentlich das einzige, wahre Ganze; jedes ein¬ zelne Ganze in ihm, iſt, wegen der unauflöſslichen Verkettung der Dinge, nur eingebildet — aber auch ſelbſt dies Eingebildete muſs ſich dennoch, als Gan¬ zes betrachtet, jenem grosſen Ganzen in unſrer Vor¬ ſtellung ähnlich, und nach eben den ewigen, feſten Regeln bilden, nach welchen dieſes ſich von allen Sei¬ ten auf ſeinen Mittelpunkt ſtützt, und auf ſeinem eig¬ nen Daſeyn ruht. Jedes ſchöne Ganze aus der Hand des bildenden Künſtlers, iſt daher im Kleinen ein Abdruck des höch¬ ſten Schönen im grosſen Ganzen der Natur; welche das noch mittelbar durch die bildendende Hand des Künſtlers nacherſchafft, was unmittelbar nicht in ih¬ ren grosſen Plan gehörte. Wem alſo von der Natur ſelbſt, der Sinn für ihre Schöpfungskraft in ſein ganzes Weſen, und das Maaſs des Schönen in Aug' und Seele gedrückt ward, der begnügt ſich nicht, ſie anzuſchauen; er muſs ihr nachahmen, ihr nachſtreben, in ihrer geheimen Werk¬ ſtatt ſie belauſchen, und mit der lodernden Flamm' im Buſen bilden und ſchaffen, ſo wie ſie: — In¬ B 2

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Zitationshilfe: Moritz, Karl Philipp: Über die bildende Nachahmung des Schönen. Braunschweig, 1788, S. 19. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moritz_nachahmung_1788/25>, abgerufen am 21.11.2024.