Es bedarf nur der leichtesten Berührung mit den Fingerspitzen, um den Umwälzungen der Din- ge ihre Bahnen, dem Mächtigen seine Schran- ken vorzuschreiben. Es ist die leichteste Arbeit von weiblichen Händen, wodurch der geheim- nißvolle Umlauf der Dinge gelenkt wird.
Das schöne Bild von dem zart gesponnenen, mit der leichtesten Mühe zerschnittenen Lebensfa- den ist durch kein andres zu ersetzen. -- Der Fa- den reißt nicht, sondern wird absichtlich von der Hand der Parze mit dem trennenden Eisen durch- schnitten. -- Die Ursache des Aufhörens liegt in der Willkür der höhern Mächte, bei denen das schon fest beschlossen ist, was Götter und Men- schen noch zu bewirken oder zu verhindern sich be- mühen.
Vergeblich wünscht Jupiter, dem Fatum zuwi- der, seinem Sohne Sarpedon im Treffen vor Troja, das Leben zu erhalten. Weh mir, ruft er aus, daß mein Sarpedon jetzt, nach dem Schluß des Schicksals, durch die Hand des Patroklus fallen muß! und ob er nun gleich dem Fatum zuwider ihn gerne retten möchte; so muß es sich doch so fügen, daß er auf den Rath der Juno, ihn erst durch die Hand des Patroklus fal- len läßt, und ihn dann dem Tode und dem süßen Schlummer übergiebt, die ihn in seine Heimath
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Es bedarf nur der leichteſten Beruͤhrung mit den Fingerſpitzen, um den Umwaͤlzungen der Din- ge ihre Bahnen, dem Maͤchtigen ſeine Schran- ken vorzuſchreiben. Es iſt die leichteſte Arbeit von weiblichen Haͤnden, wodurch der geheim- nißvolle Umlauf der Dinge gelenkt wird.
Das ſchoͤne Bild von dem zart geſponnenen, mit der leichteſten Muͤhe zerſchnittenen Lebensfa- den iſt durch kein andres zu erſetzen. — Der Fa- den reißt nicht, ſondern wird abſichtlich von der Hand der Parze mit dem trennenden Eiſen durch- ſchnitten. — Die Urſache des Aufhoͤrens liegt in der Willkuͤr der hoͤhern Maͤchte, bei denen das ſchon feſt beſchloſſen iſt, was Goͤtter und Men- ſchen noch zu bewirken oder zu verhindern ſich be- muͤhen.
Vergeblich wuͤnſcht Jupiter, dem Fatum zuwi- der, ſeinem Sohne Sarpedon im Treffen vor Troja, das Leben zu erhalten. Weh mir, ruft er aus, daß mein Sarpedon jetzt, nach dem Schluß des Schickſals, durch die Hand des Patroklus fallen muß! und ob er nun gleich dem Fatum zuwider ihn gerne retten moͤchte; ſo muß es ſich doch ſo fuͤgen, daß er auf den Rath der Juno, ihn erſt durch die Hand des Patroklus fal- len laͤßt, und ihn dann dem Tode und dem ſuͤßen Schlummer uͤbergiebt, die ihn in ſeine Heimath
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Es bedarf nur der leichteſten Beruͤhrung mit
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ken vorzuſchreiben. Es iſt die leichteſte Arbeit
von weiblichen Haͤnden, wodurch der geheim-
nißvolle Umlauf der Dinge gelenkt wird.
Das ſchoͤne Bild von dem zart geſponnenen,
mit der leichteſten Muͤhe zerſchnittenen Lebensfa-
den iſt durch kein andres zu erſetzen. — Der Fa-
den reißt nicht, ſondern wird abſichtlich von der
Hand der Parze mit dem trennenden Eiſen durch-
ſchnitten. — Die Urſache des Aufhoͤrens liegt in
der Willkuͤr der hoͤhern Maͤchte, bei denen das
ſchon feſt beſchloſſen iſt, was Goͤtter und Men-
ſchen noch zu bewirken oder zu verhindern ſich be-
muͤhen.
Vergeblich wuͤnſcht Jupiter, dem Fatum zuwi-
der, ſeinem Sohne Sarpedon im Treffen vor
Troja, das Leben zu erhalten. Weh mir, ruft
er aus, daß mein Sarpedon jetzt, nach dem
Schluß des Schickſals, durch die Hand des
Patroklus fallen muß! und ob er nun gleich dem
Fatum zuwider ihn gerne retten moͤchte; ſo muß
es ſich doch ſo fuͤgen, daß er auf den Rath der
Juno, ihn erſt durch die Hand des Patroklus fal-
len laͤßt, und ihn dann dem Tode und dem ſuͤßen
Schlummer uͤbergiebt, die ihn in ſeine Heimath
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Moritz, Karl Philipp: Götterlehre oder mythologische Dichtungen der Alten. Berlin, 1791, S. 49. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moritz_goetterlehre_1791/73>, abgerufen am 24.11.2024.
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