Sinn blieb unbeweglich. Bis endlich die Troja- ner soweit vordrangen, daß sie Feuer in die grie- chischen Schiffe warfen; da gab Achilles seinem Busenfreunde, dem Patroklus, seine Rüstung, und schickte ihn statt seiner mit einem Haufen, den Griechen beizustehn.
Des Patroklus Fall war schon beschlossen; al- lein vorher erwarb er sich noch glänzenden Ruhm; Sarpedon, Jupiters Erzeugter, und viel andre tapfre Helden fielen vor seinem Schwerdte. -- Als aber sein Verhängniß nahte, so stand in Nacht gehüllt, Apollo dicht hinter ihm. -- Auf Nacken und Schultern schlug er ihn mit der flachen Hand, daß sich sein Auge verdunkelte; er warf seinen Helm ihm vom Haupte, daß er unter den Füßen der Pferde rollte; in seiner Hand zerbrach er den schweren ehernen Spieß, und lößte ihm selber den Panzer auf. -- Patroklus stand betäubt mit wan- kendem Knie; Hektor gab ihm den tödtlichen Stoß. Die Seele des Patroklus stieg zum Orkus, und trauerte über ihr Schicksal, weil sie die jugendliche Kraft zurückließ.
Als nun Achilles des Patroklus Tod vernahm, so schwand auf einmal sein Zorn dahin. -- Jam- mernd und wehklagend um den Todten, fand ihn seine Mutter, die aus der Tiefe des Meeres em- porstieg. Ob diese ihm gleich verkündigte, daß nach des Hektors Tode sein Fall beschlossen sey,
Sinn blieb unbeweglich. Bis endlich die Troja- ner ſoweit vordrangen, daß ſie Feuer in die grie- chiſchen Schiffe warfen; da gab Achilles ſeinem Buſenfreunde, dem Patroklus, ſeine Ruͤſtung, und ſchickte ihn ſtatt ſeiner mit einem Haufen, den Griechen beizuſtehn.
Des Patroklus Fall war ſchon beſchloſſen; al- lein vorher erwarb er ſich noch glaͤnzenden Ruhm; Sarpedon, Jupiters Erzeugter, und viel andre tapfre Helden fielen vor ſeinem Schwerdte. — Als aber ſein Verhaͤngniß nahte, ſo ſtand in Nacht gehuͤllt, Apollo dicht hinter ihm. — Auf Nacken und Schultern ſchlug er ihn mit der flachen Hand, daß ſich ſein Auge verdunkelte; er warf ſeinen Helm ihm vom Haupte, daß er unter den Fuͤßen der Pferde rollte; in ſeiner Hand zerbrach er den ſchweren ehernen Spieß, und loͤßte ihm ſelber den Panzer auf. — Patroklus ſtand betaͤubt mit wan- kendem Knie; Hektor gab ihm den toͤdtlichen Stoß. Die Seele des Patroklus ſtieg zum Orkus, und trauerte uͤber ihr Schickſal, weil ſie die jugendliche Kraft zuruͤckließ.
Als nun Achilles des Patroklus Tod vernahm, ſo ſchwand auf einmal ſein Zorn dahin. — Jam- mernd und wehklagend um den Todten, fand ihn ſeine Mutter, die aus der Tiefe des Meeres em- porſtieg. Ob dieſe ihm gleich verkuͤndigte, daß nach des Hektors Tode ſein Fall beſchloſſen ſey,
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><p><pbfacs="#f0448"n="376"/>
Sinn blieb unbeweglich. Bis endlich die Troja-<lb/>
ner ſoweit vordrangen, daß ſie Feuer in die grie-<lb/>
chiſchen Schiffe warfen; da gab Achilles ſeinem<lb/>
Buſenfreunde, dem <hirendition="#fr">Patroklus,</hi>ſeine Ruͤſtung,<lb/>
und ſchickte ihn ſtatt ſeiner mit einem Haufen,<lb/>
den Griechen beizuſtehn.</p><lb/><p>Des Patroklus Fall war ſchon beſchloſſen; al-<lb/>
lein vorher erwarb er ſich noch glaͤnzenden Ruhm;<lb/><hirendition="#fr">Sarpedon,</hi> Jupiters Erzeugter, und viel andre<lb/>
tapfre Helden fielen vor ſeinem Schwerdte. — Als<lb/>
aber ſein Verhaͤngniß nahte, ſo ſtand in Nacht<lb/>
gehuͤllt, Apollo dicht hinter ihm. — Auf Nacken<lb/>
und Schultern ſchlug er ihn mit der flachen Hand,<lb/>
daß ſich ſein Auge verdunkelte; er warf ſeinen<lb/>
Helm ihm vom Haupte, daß er unter den Fuͤßen<lb/>
der Pferde rollte; in ſeiner Hand zerbrach er den<lb/>ſchweren ehernen Spieß, und loͤßte ihm ſelber den<lb/>
Panzer auf. — Patroklus ſtand betaͤubt mit wan-<lb/>
kendem Knie; Hektor gab ihm den toͤdtlichen<lb/>
Stoß. Die Seele des Patroklus ſtieg zum Orkus,<lb/><hirendition="#fr">und trauerte uͤber ihr Schickſal, weil ſie die<lb/>
jugendliche Kraft zuruͤckließ.</hi></p><lb/><p>Als nun Achilles des Patroklus Tod vernahm,<lb/>ſo ſchwand auf einmal ſein Zorn dahin. — Jam-<lb/>
mernd und wehklagend um den Todten, fand ihn<lb/>ſeine Mutter, die aus der Tiefe des Meeres em-<lb/>
porſtieg. Ob dieſe ihm gleich verkuͤndigte, daß<lb/>
nach des Hektors Tode ſein Fall beſchloſſen ſey,<lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[376/0448]
Sinn blieb unbeweglich. Bis endlich die Troja-
ner ſoweit vordrangen, daß ſie Feuer in die grie-
chiſchen Schiffe warfen; da gab Achilles ſeinem
Buſenfreunde, dem Patroklus, ſeine Ruͤſtung,
und ſchickte ihn ſtatt ſeiner mit einem Haufen,
den Griechen beizuſtehn.
Des Patroklus Fall war ſchon beſchloſſen; al-
lein vorher erwarb er ſich noch glaͤnzenden Ruhm;
Sarpedon, Jupiters Erzeugter, und viel andre
tapfre Helden fielen vor ſeinem Schwerdte. — Als
aber ſein Verhaͤngniß nahte, ſo ſtand in Nacht
gehuͤllt, Apollo dicht hinter ihm. — Auf Nacken
und Schultern ſchlug er ihn mit der flachen Hand,
daß ſich ſein Auge verdunkelte; er warf ſeinen
Helm ihm vom Haupte, daß er unter den Fuͤßen
der Pferde rollte; in ſeiner Hand zerbrach er den
ſchweren ehernen Spieß, und loͤßte ihm ſelber den
Panzer auf. — Patroklus ſtand betaͤubt mit wan-
kendem Knie; Hektor gab ihm den toͤdtlichen
Stoß. Die Seele des Patroklus ſtieg zum Orkus,
und trauerte uͤber ihr Schickſal, weil ſie die
jugendliche Kraft zuruͤckließ.
Als nun Achilles des Patroklus Tod vernahm,
ſo ſchwand auf einmal ſein Zorn dahin. — Jam-
mernd und wehklagend um den Todten, fand ihn
ſeine Mutter, die aus der Tiefe des Meeres em-
porſtieg. Ob dieſe ihm gleich verkuͤndigte, daß
nach des Hektors Tode ſein Fall beſchloſſen ſey,
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Moritz, Karl Philipp: Götterlehre oder mythologische Dichtungen der Alten. Berlin, 1791, S. 376. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moritz_goetterlehre_1791/448>, abgerufen am 28.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.