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Moritz, Karl Philipp: Götterlehre oder mythologische Dichtungen der Alten. Berlin, 1791.

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welche bei diesem hohen Götteramte jede Bewe-
gung begleiten mußte.

Atys.

Auch Cybele, die ernsthafte Mutter der
Götter, wählte sich den schönen Knaben Atys zu
ihrem Lieblinge. -- Er verließ seine väterlichen
Fluren, und eilte in die phrygischen Wälder, um
dem Dinste der strengen und keuschen Göttin sich
ganz zu widmen.

Als er aber einst ihres Verbots vergaß, der
Liebe nie zu pflegen, und von den Reitzen der schö-
nen Nymphe Sangaris hingerissen, mit dieser
der Liebe pflog; brach über ihn und den Gegen-
stand seiner Liebe der Zorn der Göttin aus. -- Er
selber bestrafte sich durch Entmannung für sein
Vergehen, und mußte durch immerwiederkehrende
Anfälle von Raserei für seinen zu nahen Umgang
mit der zu hoch erhabnen, geheimnißvollen Gott-
heit büßen.

Eine schöne Dichtung aus dem Alterthum
stellt ihn dar, am Ufer des Meeres stehend, und
eine kleine Weile seines Bewußtseyns mächtig,
sehnsuchtsvoll nach dem entfernten Ufer hinüber-
blickend, wo er im Schooße seiner Eltern, und
mit seinen Gespielen, der Kindheit süßen Traum
verlebte.

welche bei dieſem hohen Goͤtteramte jede Bewe-
gung begleiten mußte.

Atys.

Auch Cybele, die ernſthafte Mutter der
Goͤtter, waͤhlte ſich den ſchoͤnen Knaben Atys zu
ihrem Lieblinge. — Er verließ ſeine vaͤterlichen
Fluren, und eilte in die phrygiſchen Waͤlder, um
dem Dinſte der ſtrengen und keuſchen Goͤttin ſich
ganz zu widmen.

Als er aber einſt ihres Verbots vergaß, der
Liebe nie zu pflegen, und von den Reitzen der ſchoͤ-
nen Nymphe Sangaris hingeriſſen, mit dieſer
der Liebe pflog; brach uͤber ihn und den Gegen-
ſtand ſeiner Liebe der Zorn der Goͤttin aus. — Er
ſelber beſtrafte ſich durch Entmannung fuͤr ſein
Vergehen, und mußte durch immerwiederkehrende
Anfaͤlle von Raſerei fuͤr ſeinen zu nahen Umgang
mit der zu hoch erhabnen, geheimnißvollen Gott-
heit buͤßen.

Eine ſchoͤne Dichtung aus dem Alterthum
ſtellt ihn dar, am Ufer des Meeres ſtehend, und
eine kleine Weile ſeines Bewußtſeyns maͤchtig,
ſehnſuchtsvoll nach dem entfernten Ufer hinuͤber-
blickend, wo er im Schooße ſeiner Eltern, und
mit ſeinen Geſpielen, der Kindheit ſuͤßen Traum
verlebte.

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[333/0401] welche bei dieſem hohen Goͤtteramte jede Bewe- gung begleiten mußte. Atys. Auch Cybele, die ernſthafte Mutter der Goͤtter, waͤhlte ſich den ſchoͤnen Knaben Atys zu ihrem Lieblinge. — Er verließ ſeine vaͤterlichen Fluren, und eilte in die phrygiſchen Waͤlder, um dem Dinſte der ſtrengen und keuſchen Goͤttin ſich ganz zu widmen. Als er aber einſt ihres Verbots vergaß, der Liebe nie zu pflegen, und von den Reitzen der ſchoͤ- nen Nymphe Sangaris hingeriſſen, mit dieſer der Liebe pflog; brach uͤber ihn und den Gegen- ſtand ſeiner Liebe der Zorn der Goͤttin aus. — Er ſelber beſtrafte ſich durch Entmannung fuͤr ſein Vergehen, und mußte durch immerwiederkehrende Anfaͤlle von Raſerei fuͤr ſeinen zu nahen Umgang mit der zu hoch erhabnen, geheimnißvollen Gott- heit buͤßen. Eine ſchoͤne Dichtung aus dem Alterthum ſtellt ihn dar, am Ufer des Meeres ſtehend, und eine kleine Weile ſeines Bewußtſeyns maͤchtig, ſehnſuchtsvoll nach dem entfernten Ufer hinuͤber- blickend, wo er im Schooße ſeiner Eltern, und mit ſeinen Geſpielen, der Kindheit ſuͤßen Traum verlebte.

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Zitationshilfe: Moritz, Karl Philipp: Götterlehre oder mythologische Dichtungen der Alten. Berlin, 1791, S. 333. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moritz_goetterlehre_1791/401>, abgerufen am 20.11.2024.