kommenden Schiffe entgegen sahe, und das schwarze Segel erblickte, welches der Steuer- mann mit dem weißen zu vertauschen aus der Acht gelassen, stürzte er sich voll Verzweiflung, weil er nun alles für verlohren hielt, vom Felsen in das Meer herab, welches nachher nach seinem Nah- men das Aegeische hieß.
Den Theseus empfingen die Athenienser mit lautem Jubel, als ihren Schutzgott, dem sie allein ihre Rettung dankten. -- Als Theseus nun in der Regierung dem Aegeus folgte, nutzte er die Liebe des Volks dazu, um einer weisen Ge- setzgebung Eingang zu verschaffen.
Er schuf zuerst den Staat, indem er das zer- streute Volk, so viel wie möglich, in eine einzige Stadt zu versammlen suchte, und es in Klassen theilte. Auch setzte er, im Einverständniß mit den benachbarten Völkern, dem Attischen Gebiete seine festen Grenzen. -- Und weil es ihm gelungen war, nach seiner Einsicht das Volk zu lenken, so führte er zuerst den Dienst der Pitho, der Göt- tin der Ueberredung, ein.
Großmüthig begab er darauf sich selbst des größten Theils seiner Gewalt, weil er schon da- mals, nach einem Orakelspruch, Athen zu einem Freistaat zu bilden suchte. -- Zu Ehren des Neptun, den das Gerücht für seinen Vater aus- gab, erneuerte er auch die Isthmischen Spiele,
kommenden Schiffe entgegen ſahe, und das ſchwarze Segel erblickte, welches der Steuer- mann mit dem weißen zu vertauſchen aus der Acht gelaſſen, ſtuͤrzte er ſich voll Verzweiflung, weil er nun alles fuͤr verlohren hielt, vom Felſen in das Meer herab, welches nachher nach ſeinem Nah- men das Aegeiſche hieß.
Den Theſeus empfingen die Athenienſer mit lautem Jubel, als ihren Schutzgott, dem ſie allein ihre Rettung dankten. — Als Theſeus nun in der Regierung dem Aegeus folgte, nutzte er die Liebe des Volks dazu, um einer weiſen Ge- ſetzgebung Eingang zu verſchaffen.
Er ſchuf zuerſt den Staat, indem er das zer- ſtreute Volk, ſo viel wie moͤglich, in eine einzige Stadt zu verſammlen ſuchte, und es in Klaſſen theilte. Auch ſetzte er, im Einverſtaͤndniß mit den benachbarten Voͤlkern, dem Attiſchen Gebiete ſeine feſten Grenzen. — Und weil es ihm gelungen war, nach ſeiner Einſicht das Volk zu lenken, ſo fuͤhrte er zuerſt den Dienſt der Pitho, der Goͤt- tin der Ueberredung, ein.
Großmuͤthig begab er darauf ſich ſelbſt des groͤßten Theils ſeiner Gewalt, weil er ſchon da- mals, nach einem Orakelſpruch, Athen zu einem Freiſtaat zu bilden ſuchte. — Zu Ehren des Neptun, den das Geruͤcht fuͤr ſeinen Vater aus- gab, erneuerte er auch die Iſthmiſchen Spiele,
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><p><pbfacs="#f0353"n="295"/>
kommenden Schiffe entgegen ſahe, und das<lb/><hirendition="#fr">ſchwarze Segel</hi> erblickte, welches der Steuer-<lb/>
mann mit dem weißen zu vertauſchen aus der Acht<lb/>
gelaſſen, ſtuͤrzte er ſich voll Verzweiflung, weil er<lb/>
nun alles fuͤr verlohren hielt, vom Felſen in das<lb/>
Meer herab, welches nachher nach ſeinem Nah-<lb/>
men das <hirendition="#fr">Aegeiſche</hi> hieß.</p><lb/><p>Den Theſeus empfingen die Athenienſer mit<lb/>
lautem Jubel, als ihren Schutzgott, dem ſie<lb/>
allein ihre Rettung dankten. — Als Theſeus<lb/>
nun in der Regierung dem Aegeus folgte, nutzte<lb/>
er die Liebe des Volks dazu, um einer weiſen Ge-<lb/>ſetzgebung Eingang zu verſchaffen.</p><lb/><p>Er ſchuf zuerſt den Staat, indem er das zer-<lb/>ſtreute Volk, ſo viel wie moͤglich, in eine einzige<lb/>
Stadt zu verſammlen ſuchte, und es in Klaſſen<lb/>
theilte. Auch ſetzte er, im Einverſtaͤndniß mit<lb/>
den benachbarten Voͤlkern, dem Attiſchen Gebiete<lb/>ſeine feſten Grenzen. — Und weil es ihm gelungen<lb/>
war, nach ſeiner Einſicht das Volk zu <hirendition="#fr">lenken,</hi>ſo<lb/>
fuͤhrte er zuerſt den Dienſt der <hirendition="#fr">Pitho,</hi> der Goͤt-<lb/>
tin der <hirendition="#fr">Ueberredung,</hi> ein.</p><lb/><p>Großmuͤthig begab er darauf ſich ſelbſt des<lb/>
groͤßten Theils ſeiner Gewalt, weil er ſchon da-<lb/>
mals, nach einem Orakelſpruch, Athen zu einem<lb/><hirendition="#fr">Freiſtaat</hi> zu bilden ſuchte. — Zu Ehren des<lb/>
Neptun, den das Geruͤcht fuͤr ſeinen Vater aus-<lb/>
gab, erneuerte er auch die <hirendition="#fr">Iſthmiſchen</hi> Spiele,<lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[295/0353]
kommenden Schiffe entgegen ſahe, und das
ſchwarze Segel erblickte, welches der Steuer-
mann mit dem weißen zu vertauſchen aus der Acht
gelaſſen, ſtuͤrzte er ſich voll Verzweiflung, weil er
nun alles fuͤr verlohren hielt, vom Felſen in das
Meer herab, welches nachher nach ſeinem Nah-
men das Aegeiſche hieß.
Den Theſeus empfingen die Athenienſer mit
lautem Jubel, als ihren Schutzgott, dem ſie
allein ihre Rettung dankten. — Als Theſeus
nun in der Regierung dem Aegeus folgte, nutzte
er die Liebe des Volks dazu, um einer weiſen Ge-
ſetzgebung Eingang zu verſchaffen.
Er ſchuf zuerſt den Staat, indem er das zer-
ſtreute Volk, ſo viel wie moͤglich, in eine einzige
Stadt zu verſammlen ſuchte, und es in Klaſſen
theilte. Auch ſetzte er, im Einverſtaͤndniß mit
den benachbarten Voͤlkern, dem Attiſchen Gebiete
ſeine feſten Grenzen. — Und weil es ihm gelungen
war, nach ſeiner Einſicht das Volk zu lenken, ſo
fuͤhrte er zuerſt den Dienſt der Pitho, der Goͤt-
tin der Ueberredung, ein.
Großmuͤthig begab er darauf ſich ſelbſt des
groͤßten Theils ſeiner Gewalt, weil er ſchon da-
mals, nach einem Orakelſpruch, Athen zu einem
Freiſtaat zu bilden ſuchte. — Zu Ehren des
Neptun, den das Geruͤcht fuͤr ſeinen Vater aus-
gab, erneuerte er auch die Iſthmiſchen Spiele,
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Moritz, Karl Philipp: Götterlehre oder mythologische Dichtungen der Alten. Berlin, 1791, S. 295. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moritz_goetterlehre_1791/353>, abgerufen am 29.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.