Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Moritz, Karl Philipp: Götterlehre oder mythologische Dichtungen der Alten. Berlin, 1791.

Bild:
<< vorherige Seite

welche dem Theseus einen schlankern Wuchs und
feinere Züge giebt.

Als Theseus, mit seines Vaters Schwerdt
bewafnet, von Trözen auf den Isthmus zuwan-
dernd, durch die Länder von Epidaurus kam,
stieß er zuerst auf den wegen seiner Grausamkeit
berüchtigten Periphetes, der bei seiner Riesen-
stärke bloß mit einer Keule bewafnet, den Reisen-
den furchtbar war; als er es wagte, den Theseus
anzugreifen, schlug dieser ihn zu Boden und töd-
tete ihn, und trug nachher beständig, zum An-
denken seines ersten Sieges, die Keule des Peri-
phetes.

Da er nun auf dem Isthmus von Korinth
anlangte, mußte er mit einem noch grausamern
Mörder, dem Sinnis kämpfen, den man den
Fichtenbeuger nannte, weil er die Fremden zwi-
schen zwei zur Erde gebeugten und schnell wieder
in die Höhe fahrenden Fichten festgebunden, zu
seiner Lust zu zerreißen pflegte. Als Theseus ihn
überwunden hatte, ließ er mit der von dem Mör-
der selbst erfundnen Todesart, ihn für seine Grau-
samkeit und seinen Frevel büßen.

Auch befreite Theseus die Länder, durch wel-
che er reiste, von Ungeheuern, und tödtete unter
andern die Krommyonische Sau, welche dem
ganzen Lande furchtbar, überall Schaden stiftete
und die Aecker verwüstete. -- Als er hierauf an

T

welche dem Theſeus einen ſchlankern Wuchs und
feinere Zuͤge giebt.

Als Theſeus, mit ſeines Vaters Schwerdt
bewafnet, von Troͤzen auf den Iſthmus zuwan-
dernd, durch die Laͤnder von Epidaurus kam,
ſtieß er zuerſt auf den wegen ſeiner Grauſamkeit
beruͤchtigten Periphetes, der bei ſeiner Rieſen-
ſtaͤrke bloß mit einer Keule bewafnet, den Reiſen-
den furchtbar war; als er es wagte, den Theſeus
anzugreifen, ſchlug dieſer ihn zu Boden und toͤd-
tete ihn, und trug nachher beſtaͤndig, zum An-
denken ſeines erſten Sieges, die Keule des Peri-
phetes.

Da er nun auf dem Iſthmus von Korinth
anlangte, mußte er mit einem noch grauſamern
Moͤrder, dem Sinnis kaͤmpfen, den man den
Fichtenbeuger nannte, weil er die Fremden zwi-
ſchen zwei zur Erde gebeugten und ſchnell wieder
in die Hoͤhe fahrenden Fichten feſtgebunden, zu
ſeiner Luſt zu zerreißen pflegte. Als Theſeus ihn
uͤberwunden hatte, ließ er mit der von dem Moͤr-
der ſelbſt erfundnen Todesart, ihn fuͤr ſeine Grau-
ſamkeit und ſeinen Frevel buͤßen.

Auch befreite Theſeus die Laͤnder, durch wel-
che er reiſte, von Ungeheuern, und toͤdtete unter
andern die Krommyoniſche Sau, welche dem
ganzen Lande furchtbar, uͤberall Schaden ſtiftete
und die Aecker verwuͤſtete. — Als er hierauf an

T
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0347" n="289"/>
welche dem The&#x017F;eus einen &#x017F;chlankern Wuchs und<lb/>
feinere Zu&#x0364;ge giebt.</p><lb/>
          <p>Als The&#x017F;eus, mit &#x017F;eines Vaters Schwerdt<lb/>
bewafnet, von Tro&#x0364;zen auf den I&#x017F;thmus zuwan-<lb/>
dernd, durch die La&#x0364;nder von <hi rendition="#fr">Epidaurus</hi> kam,<lb/>
&#x017F;tieß er zuer&#x017F;t auf den wegen &#x017F;einer Grau&#x017F;amkeit<lb/>
beru&#x0364;chtigten <hi rendition="#fr">Periphetes,</hi> der bei <choice><sic>&#x017F;elner</sic><corr>&#x017F;einer</corr></choice> Rie&#x017F;en-<lb/>
&#x017F;ta&#x0364;rke bloß mit einer Keule bewafnet, den Rei&#x017F;en-<lb/>
den furchtbar war; als er es wagte, den The&#x017F;eus<lb/>
anzugreifen, &#x017F;chlug die&#x017F;er ihn zu Boden und to&#x0364;d-<lb/>
tete ihn, und trug nachher be&#x017F;ta&#x0364;ndig, zum An-<lb/>
denken &#x017F;eines er&#x017F;ten Sieges, die Keule des Peri-<lb/>
phetes.</p><lb/>
          <p>Da er nun auf dem I&#x017F;thmus von Korinth<lb/>
anlangte, mußte er mit einem noch grau&#x017F;amern<lb/>
Mo&#x0364;rder, dem <hi rendition="#fr">Sinnis</hi> ka&#x0364;mpfen, den man den<lb/>
Fichtenbeuger nannte, weil er die Fremden zwi-<lb/>
&#x017F;chen zwei zur Erde gebeugten und &#x017F;chnell wieder<lb/>
in die Ho&#x0364;he fahrenden Fichten fe&#x017F;tgebunden, zu<lb/>
&#x017F;einer Lu&#x017F;t zu zerreißen pflegte. Als The&#x017F;eus ihn<lb/>
u&#x0364;berwunden hatte, ließ er mit der von dem Mo&#x0364;r-<lb/>
der &#x017F;elb&#x017F;t erfundnen Todesart, ihn fu&#x0364;r &#x017F;eine Grau-<lb/>
&#x017F;amkeit und &#x017F;einen Frevel bu&#x0364;ßen.</p><lb/>
          <p>Auch befreite The&#x017F;eus die La&#x0364;nder, durch wel-<lb/>
che er rei&#x017F;te, von Ungeheuern, und to&#x0364;dtete unter<lb/>
andern die <hi rendition="#fr">Krommyoni&#x017F;che</hi> Sau, welche dem<lb/>
ganzen Lande furchtbar, u&#x0364;berall Schaden &#x017F;tiftete<lb/>
und die Aecker verwu&#x0364;&#x017F;tete. &#x2014; Als er hierauf an<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">T</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[289/0347] welche dem Theſeus einen ſchlankern Wuchs und feinere Zuͤge giebt. Als Theſeus, mit ſeines Vaters Schwerdt bewafnet, von Troͤzen auf den Iſthmus zuwan- dernd, durch die Laͤnder von Epidaurus kam, ſtieß er zuerſt auf den wegen ſeiner Grauſamkeit beruͤchtigten Periphetes, der bei ſeiner Rieſen- ſtaͤrke bloß mit einer Keule bewafnet, den Reiſen- den furchtbar war; als er es wagte, den Theſeus anzugreifen, ſchlug dieſer ihn zu Boden und toͤd- tete ihn, und trug nachher beſtaͤndig, zum An- denken ſeines erſten Sieges, die Keule des Peri- phetes. Da er nun auf dem Iſthmus von Korinth anlangte, mußte er mit einem noch grauſamern Moͤrder, dem Sinnis kaͤmpfen, den man den Fichtenbeuger nannte, weil er die Fremden zwi- ſchen zwei zur Erde gebeugten und ſchnell wieder in die Hoͤhe fahrenden Fichten feſtgebunden, zu ſeiner Luſt zu zerreißen pflegte. Als Theſeus ihn uͤberwunden hatte, ließ er mit der von dem Moͤr- der ſelbſt erfundnen Todesart, ihn fuͤr ſeine Grau- ſamkeit und ſeinen Frevel buͤßen. Auch befreite Theſeus die Laͤnder, durch wel- che er reiſte, von Ungeheuern, und toͤdtete unter andern die Krommyoniſche Sau, welche dem ganzen Lande furchtbar, uͤberall Schaden ſtiftete und die Aecker verwuͤſtete. — Als er hierauf an T

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/moritz_goetterlehre_1791
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/moritz_goetterlehre_1791/347
Zitationshilfe: Moritz, Karl Philipp: Götterlehre oder mythologische Dichtungen der Alten. Berlin, 1791, S. 289. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moritz_goetterlehre_1791/347>, abgerufen am 28.11.2024.