Stärke gehörte, sich gerne an diesen Nahmen knüpfte, der einmal alles Göttliche in sich faßte, was durch die Körperkraft sich offenbart.
Wenn aber bei irgend einer Götter- oder Heldengestalt der Begriff der Macht und Stärke über alles andre überwiegend ist, so ist dies beim Herkules der Fall, der gleichsam die aus ihrem er- sten Schlummer erwachte Menschheit, im Gefühl ihrer ganzen Kraft, ohne müßiges Denken, in sich abbildet; immer rastloß irgend ein Ziel verfol- gend, unbekümmert, was um ihn her steht oder fällt. --
Der Begriff von einem Helden, war in der Vorstellungsart der Alten, mit dem Begriff von einem Weisen, gemeiniglich nicht verknüpft. -- Selbst beim Ulysses geht die Weisheit in Verschla- genheit über, und bei dem weisen Nestor ist durch das Alter die Heldenkraft schon gelähmt. -- Bei den Helden findet sich immer viel Licht und Schat- ten, und Herkules selbst muß noch mit manchen Schwächen für seine Heldenstärke büßen. --
In seinen Vermählungen, und in seinen Aus- schweifungen in der Liebe fand Herkules sein Un- glück, und zuletzt einen qualenvollen Tod, welcher demohngeachtet der Uebergang zur Unsterblichkeit für ihn war.
Zuerst vermählte Kreon, Thebens Fürst, ihm seine Tochter Megara, zur Dankbarkeit für einen
Staͤrke gehoͤrte, ſich gerne an dieſen Nahmen knuͤpfte, der einmal alles Goͤttliche in ſich faßte, was durch die Koͤrperkraft ſich offenbart.
Wenn aber bei irgend einer Goͤtter- oder Heldengeſtalt der Begriff der Macht und Staͤrke uͤber alles andre uͤberwiegend iſt, ſo iſt dies beim Herkules der Fall, der gleichſam die aus ihrem er- ſten Schlummer erwachte Menſchheit, im Gefuͤhl ihrer ganzen Kraft, ohne muͤßiges Denken, in ſich abbildet; immer raſtloß irgend ein Ziel verfol- gend, unbekuͤmmert, was um ihn her ſteht oder faͤllt. —
Der Begriff von einem Helden, war in der Vorſtellungsart der Alten, mit dem Begriff von einem Weiſen, gemeiniglich nicht verknuͤpft. — Selbſt beim Ulyſſes geht die Weisheit in Verſchla- genheit uͤber, und bei dem weiſen Neſtor iſt durch das Alter die Heldenkraft ſchon gelaͤhmt. — Bei den Helden findet ſich immer viel Licht und Schat- ten, und Herkules ſelbſt muß noch mit manchen Schwaͤchen fuͤr ſeine Heldenſtaͤrke buͤßen. —
In ſeinen Vermaͤhlungen, und in ſeinen Aus- ſchweifungen in der Liebe fand Herkules ſein Un- gluͤck, und zuletzt einen qualenvollen Tod, welcher demohngeachtet der Uebergang zur Unſterblichkeit fuͤr ihn war.
Zuerſt vermaͤhlte Kreon, Thebens Fuͤrſt, ihm ſeine Tochter Megara, zur Dankbarkeit fuͤr einen
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Staͤrke gehoͤrte, ſich gerne an dieſen Nahmen
knuͤpfte, der einmal alles Goͤttliche in ſich faßte,
was durch die Koͤrperkraft ſich offenbart.
Wenn aber bei irgend einer Goͤtter- oder
Heldengeſtalt der Begriff der Macht und Staͤrke
uͤber alles andre uͤberwiegend iſt, ſo iſt dies beim
Herkules der Fall, der gleichſam die aus ihrem er-
ſten Schlummer erwachte Menſchheit, im Gefuͤhl
ihrer ganzen Kraft, ohne muͤßiges Denken, in
ſich abbildet; immer raſtloß irgend ein Ziel verfol-
gend, unbekuͤmmert, was um ihn her ſteht oder
faͤllt. —
Der Begriff von einem Helden, war in der
Vorſtellungsart der Alten, mit dem Begriff von
einem Weiſen, gemeiniglich nicht verknuͤpft. —
Selbſt beim Ulyſſes geht die Weisheit in Verſchla-
genheit uͤber, und bei dem weiſen Neſtor iſt durch
das Alter die Heldenkraft ſchon gelaͤhmt. — Bei
den Helden findet ſich immer viel Licht und Schat-
ten, und Herkules ſelbſt muß noch mit manchen
Schwaͤchen fuͤr ſeine Heldenſtaͤrke buͤßen. —
In ſeinen Vermaͤhlungen, und in ſeinen Aus-
ſchweifungen in der Liebe fand Herkules ſein Un-
gluͤck, und zuletzt einen qualenvollen Tod, welcher
demohngeachtet der Uebergang zur Unſterblichkeit
fuͤr ihn war.
Zuerſt vermaͤhlte Kreon, Thebens Fuͤrſt, ihm
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Moritz, Karl Philipp: Götterlehre oder mythologische Dichtungen der Alten. Berlin, 1791, S. 247. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moritz_goetterlehre_1791/297>, abgerufen am 24.11.2024.
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