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Moritz, Karl Philipp: Götterlehre oder mythologische Dichtungen der Alten. Berlin, 1791.

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Alkmenens Reitze hatten indeß den Donner-
gott von seinem hohen Sitze herabgezogen. -- In
der Gestalt des Amphitryo, der nun siegreich zu-
rückkehrte, genoß er ihrer Umarmung, und ver-
längerte zu einer dreifachen Dauer die Nacht,
worin er den Herkules mit ihr erzeugte. --

Unbeschadet der Ehrfurcht gegen das Göttliche
und Erhabene, benutzten die komischen Dichter
der Alten diesen Stoff, indem sie das lächerliche
Verhältniß des wahren Amphitryo gegen den Ju-
piter in der Gestalt desselben auf der Schaubühne
darstellten, und beide darauf erscheinen ließen. --
Die komische Muse der Alten durfte es sich erlau-
ben, in dergleichen kühnen Darstellungen selbst
mit dem Donnergott zu scherzen, der zu den Töch-
tern der Sterblichen sich herabließ.

Dem Amphitryo, der auf Alkmenen zürnte,
gab Jupiter endlich selber, um ihn zu besänftigen,
seine Gottheit zu erkennen; und indeß Alkmene
nun zugleich mit dem Herkules und mit einem
Sohne des wirklichen Amphitryo schwanger war;
und dem Sthenelus, der zu Mycene herrschte,
ebenfalls ein Sohn gebohren werden sollte, gieng
Folgendes im Rathe der Götter vor:

An dem Tage nehmlich, an welchem Herkules
gebohren werden sollte, sprach Jupiter rühmend
in der Versammlung der Götter: Heute, alle ihr
Götter und Göttinnen, verkündige ich euch,

Alkmenens Reitze hatten indeß den Donner-
gott von ſeinem hohen Sitze herabgezogen. — In
der Geſtalt des Amphitryo, der nun ſiegreich zu-
ruͤckkehrte, genoß er ihrer Umarmung, und ver-
laͤngerte zu einer dreifachen Dauer die Nacht,
worin er den Herkules mit ihr erzeugte. —

Unbeſchadet der Ehrfurcht gegen das Goͤttliche
und Erhabene, benutzten die komiſchen Dichter
der Alten dieſen Stoff, indem ſie das laͤcherliche
Verhaͤltniß des wahren Amphitryo gegen den Ju-
piter in der Geſtalt deſſelben auf der Schaubuͤhne
darſtellten, und beide darauf erſcheinen ließen. —
Die komiſche Muſe der Alten durfte es ſich erlau-
ben, in dergleichen kuͤhnen Darſtellungen ſelbſt
mit dem Donnergott zu ſcherzen, der zu den Toͤch-
tern der Sterblichen ſich herabließ.

Dem Amphitryo, der auf Alkmenen zuͤrnte,
gab Jupiter endlich ſelber, um ihn zu beſaͤnftigen,
ſeine Gottheit zu erkennen; und indeß Alkmene
nun zugleich mit dem Herkules und mit einem
Sohne des wirklichen Amphitryo ſchwanger war;
und dem Sthenelus, der zu Mycene herrſchte,
ebenfalls ein Sohn gebohren werden ſollte, gieng
Folgendes im Rathe der Goͤtter vor:

An dem Tage nehmlich, an welchem Herkules
gebohren werden ſollte, ſprach Jupiter ruͤhmend
in der Verſammlung der Goͤtter: Heute, alle ihr
Goͤtter und Goͤttinnen, verkuͤndige ich euch,

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[220/0270] Alkmenens Reitze hatten indeß den Donner- gott von ſeinem hohen Sitze herabgezogen. — In der Geſtalt des Amphitryo, der nun ſiegreich zu- ruͤckkehrte, genoß er ihrer Umarmung, und ver- laͤngerte zu einer dreifachen Dauer die Nacht, worin er den Herkules mit ihr erzeugte. — Unbeſchadet der Ehrfurcht gegen das Goͤttliche und Erhabene, benutzten die komiſchen Dichter der Alten dieſen Stoff, indem ſie das laͤcherliche Verhaͤltniß des wahren Amphitryo gegen den Ju- piter in der Geſtalt deſſelben auf der Schaubuͤhne darſtellten, und beide darauf erſcheinen ließen. — Die komiſche Muſe der Alten durfte es ſich erlau- ben, in dergleichen kuͤhnen Darſtellungen ſelbſt mit dem Donnergott zu ſcherzen, der zu den Toͤch- tern der Sterblichen ſich herabließ. Dem Amphitryo, der auf Alkmenen zuͤrnte, gab Jupiter endlich ſelber, um ihn zu beſaͤnftigen, ſeine Gottheit zu erkennen; und indeß Alkmene nun zugleich mit dem Herkules und mit einem Sohne des wirklichen Amphitryo ſchwanger war; und dem Sthenelus, der zu Mycene herrſchte, ebenfalls ein Sohn gebohren werden ſollte, gieng Folgendes im Rathe der Goͤtter vor: An dem Tage nehmlich, an welchem Herkules gebohren werden ſollte, ſprach Jupiter ruͤhmend in der Verſammlung der Goͤtter: Heute, alle ihr Goͤtter und Goͤttinnen, verkuͤndige ich euch,

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Zitationshilfe: Moritz, Karl Philipp: Götterlehre oder mythologische Dichtungen der Alten. Berlin, 1791, S. 220. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moritz_goetterlehre_1791/270>, abgerufen am 24.11.2024.