Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Moritz, Karl Philipp: Götterlehre oder mythologische Dichtungen der Alten. Berlin, 1791.

Bild:
<< vorherige Seite
Argos.

Juno nennt unter ihren geliebten Städten
Argos selbst zuerst. -- Da sie den Jupiter an-
liegt, die Zerstörung des ihr verhaßten Troja ihr
endlich zu gewähren, so sucht sie gleichsam mit
ihm einen Tausch zu treffen.

Drei Städte, sagt sie, sind mir unter allen die
liebsten: Argos, Sparta, und Mycen; dennoch
geb' ich sie gern, so bald du willst, dir Preis, wenn
nur die Mauern von Troja endlich stürzen!

Das Fatum, das über alles waltet, läßt die
Zerstörung ihren ungehemmten Schritt gehen. --
Der hohe Götterwille selber fügt sich seinen Pla-
nen, und den Göttern selber ist nichts so theuer
und kostbar, das nicht ein Opfer wird, sobald
sein Ziel herannaht. --

In Argos wurden der Juno die Heräen ge-
feiert, die von ihrer griechischen Benennung
Hera den Nahmen führten, wobei die Priesterin
der Juno, wie im Triumph, auf einem Wagen
zum Tempel der Götter fuhr, und eine Heka-
tombe von weißen Rindern ihr zum Opfer
brachte.

Die Göttin wurde hier vorzüglich in ihrer
obersten Priesterin verehrt, -- an welche Ver-
ehrung sich die schöne Erzählung vom Kleobis und
Biton knüpft, deren kindliche Ehrfurcht gegen ihre

Argos.

Juno nennt unter ihren geliebten Staͤdten
Argos ſelbſt zuerſt. — Da ſie den Jupiter an-
liegt, die Zerſtoͤrung des ihr verhaßten Troja ihr
endlich zu gewaͤhren, ſo ſucht ſie gleichſam mit
ihm einen Tauſch zu treffen.

Drei Staͤdte, ſagt ſie, ſind mir unter allen die
liebſten: Argos, Sparta, und Mycen; dennoch
geb’ ich ſie gern, ſo bald du willſt, dir Preis, wenn
nur die Mauern von Troja endlich ſtuͤrzen!

Das Fatum, das uͤber alles waltet, laͤßt die
Zerſtoͤrung ihren ungehemmten Schritt gehen. —
Der hohe Goͤtterwille ſelber fuͤgt ſich ſeinen Pla-
nen, und den Goͤttern ſelber iſt nichts ſo theuer
und koſtbar, das nicht ein Opfer wird, ſobald
ſein Ziel herannaht. —

In Argos wurden der Juno die Heraͤen ge-
feiert, die von ihrer griechiſchen Benennung
Hera den Nahmen fuͤhrten, wobei die Prieſterin
der Juno, wie im Triumph, auf einem Wagen
zum Tempel der Goͤtter fuhr, und eine Heka-
tombe von weißen Rindern ihr zum Opfer
brachte.

Die Goͤttin wurde hier vorzuͤglich in ihrer
oberſten Prieſterin verehrt, — an welche Ver-
ehrung ſich die ſchoͤne Erzaͤhlung vom Kleobis und
Biton knuͤpft, deren kindliche Ehrfurcht gegen ihre

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <pb facs="#f0236" n="188"/>
        <div n="2">
          <head> <hi rendition="#b"><hi rendition="#g">Argos</hi>.</hi> </head><lb/>
          <p>Juno nennt unter ihren geliebten Sta&#x0364;dten<lb/>
Argos &#x017F;elb&#x017F;t zuer&#x017F;t. &#x2014; Da &#x017F;ie den Jupiter an-<lb/>
liegt, die Zer&#x017F;to&#x0364;rung des ihr <hi rendition="#fr">verhaßten</hi> Troja ihr<lb/>
endlich zu gewa&#x0364;hren, &#x017F;o &#x017F;ucht &#x017F;ie gleich&#x017F;am mit<lb/>
ihm einen Tau&#x017F;ch zu treffen.</p><lb/>
          <p>Drei Sta&#x0364;dte, &#x017F;agt &#x017F;ie, &#x017F;ind mir unter allen die<lb/>
lieb&#x017F;ten: <hi rendition="#fr">Argos,</hi> Sparta, und Mycen; dennoch<lb/>
geb&#x2019; ich &#x017F;ie gern, &#x017F;o bald du will&#x017F;t, dir Preis, wenn<lb/>
nur die Mauern von Troja endlich &#x017F;tu&#x0364;rzen!</p><lb/>
          <p>Das Fatum, das u&#x0364;ber alles waltet, la&#x0364;ßt die<lb/>
Zer&#x017F;to&#x0364;rung ihren ungehemmten Schritt gehen. &#x2014;<lb/>
Der hohe Go&#x0364;tterwille &#x017F;elber fu&#x0364;gt &#x017F;ich &#x017F;einen Pla-<lb/>
nen, und den Go&#x0364;ttern &#x017F;elber i&#x017F;t nichts &#x017F;o theuer<lb/>
und ko&#x017F;tbar, das nicht ein Opfer wird, &#x017F;obald<lb/>
&#x017F;ein Ziel herannaht. &#x2014;</p><lb/>
          <p>In Argos wurden der Juno die <hi rendition="#fr">Hera&#x0364;en</hi> ge-<lb/>
feiert, die von ihrer griechi&#x017F;chen Benennung<lb/><hi rendition="#fr">Hera</hi> den Nahmen fu&#x0364;hrten, wobei die Prie&#x017F;terin<lb/>
der Juno, wie im Triumph, auf einem Wagen<lb/>
zum Tempel der Go&#x0364;tter fuhr, und eine Heka-<lb/>
tombe von weißen Rindern ihr zum Opfer<lb/>
brachte.</p><lb/>
          <p>Die Go&#x0364;ttin wurde hier vorzu&#x0364;glich in ihrer<lb/><hi rendition="#fr">ober&#x017F;ten Prie&#x017F;terin</hi> verehrt, &#x2014; an welche Ver-<lb/>
ehrung &#x017F;ich die &#x017F;cho&#x0364;ne Erza&#x0364;hlung vom Kleobis und<lb/>
Biton knu&#x0364;pft, deren kindliche Ehrfurcht gegen ihre<lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[188/0236] Argos. Juno nennt unter ihren geliebten Staͤdten Argos ſelbſt zuerſt. — Da ſie den Jupiter an- liegt, die Zerſtoͤrung des ihr verhaßten Troja ihr endlich zu gewaͤhren, ſo ſucht ſie gleichſam mit ihm einen Tauſch zu treffen. Drei Staͤdte, ſagt ſie, ſind mir unter allen die liebſten: Argos, Sparta, und Mycen; dennoch geb’ ich ſie gern, ſo bald du willſt, dir Preis, wenn nur die Mauern von Troja endlich ſtuͤrzen! Das Fatum, das uͤber alles waltet, laͤßt die Zerſtoͤrung ihren ungehemmten Schritt gehen. — Der hohe Goͤtterwille ſelber fuͤgt ſich ſeinen Pla- nen, und den Goͤttern ſelber iſt nichts ſo theuer und koſtbar, das nicht ein Opfer wird, ſobald ſein Ziel herannaht. — In Argos wurden der Juno die Heraͤen ge- feiert, die von ihrer griechiſchen Benennung Hera den Nahmen fuͤhrten, wobei die Prieſterin der Juno, wie im Triumph, auf einem Wagen zum Tempel der Goͤtter fuhr, und eine Heka- tombe von weißen Rindern ihr zum Opfer brachte. Die Goͤttin wurde hier vorzuͤglich in ihrer oberſten Prieſterin verehrt, — an welche Ver- ehrung ſich die ſchoͤne Erzaͤhlung vom Kleobis und Biton knuͤpft, deren kindliche Ehrfurcht gegen ihre

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/moritz_goetterlehre_1791
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/moritz_goetterlehre_1791/236
Zitationshilfe: Moritz, Karl Philipp: Götterlehre oder mythologische Dichtungen der Alten. Berlin, 1791, S. 188. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moritz_goetterlehre_1791/236>, abgerufen am 22.12.2024.