In drei Jahren vollendete Bachus seinen siegreichen, die Völker der Erde beglückenden Zug, zu dessen Andenken stets nachher, so oft drei Jahre verflossen waren, die Feste gefeiert wurden, an denen das freudige Getümmel, womit der Zug des Bachus begleitet war, aufs neue von den Bergen widerhallte. --
Die Priesterinnen des Bachus mit zerstreu- tem Haar, auf den Bergen umher schweifend, erfüllten die Luft mit dem Getöse ihrer Trommeln, und mit ihrem wilden Geschrei: Evohe Ba- chus! --
Der drohende Thyrsusstab in ihrer Hand, an dem die farbigten Bänder wehten, während daß unter dem Fichtenapfel sich oben die verwundende Spitze barg, bezeichnete den schönen Feldzug, wo das Furchtbare und Kriegerische, unter Gesang und Flötenspiel verborgen lauschte. --
Diese begeisterten Priesterinnen des Bachus, welche auch Bachantinnen hießen, sind ein erhab- ner Gegenstand der Poesie. -- Eine Bachantin ist gleichsam über die Menschheit erhaben. -- Von der Macht der Gottheit erfüllt, sind die Grenzen der Menschheit ihr zu enge. --
So schildert ein Dichter aus dem Alterthum die Begeisterte, wie sie auf dem Gipfel des Ge- birges, den sie bewußtlos erstiegen hat, auf ein- mal vom Schlummer erwacht, und nun den
In drei Jahren vollendete Bachus ſeinen ſiegreichen, die Voͤlker der Erde begluͤckenden Zug, zu deſſen Andenken ſtets nachher, ſo oft drei Jahre verfloſſen waren, die Feſte gefeiert wurden, an denen das freudige Getuͤmmel, womit der Zug des Bachus begleitet war, aufs neue von den Bergen widerhallte. —
Die Prieſterinnen des Bachus mit zerſtreu- tem Haar, auf den Bergen umher ſchweifend, erfuͤllten die Luft mit dem Getoͤſe ihrer Trommeln, und mit ihrem wilden Geſchrei: Evohe Ba- chus! —
Der drohende Thyrſusſtab in ihrer Hand, an dem die farbigten Baͤnder wehten, waͤhrend daß unter dem Fichtenapfel ſich oben die verwundende Spitze barg, bezeichnete den ſchoͤnen Feldzug, wo das Furchtbare und Kriegeriſche, unter Geſang und Floͤtenſpiel verborgen lauſchte. —
Dieſe begeiſterten Prieſterinnen des Bachus, welche auch Bachantinnen hießen, ſind ein erhab- ner Gegenſtand der Poeſie. — Eine Bachantin iſt gleichſam uͤber die Menſchheit erhaben. — Von der Macht der Gottheit erfuͤllt, ſind die Grenzen der Menſchheit ihr zu enge. —
So ſchildert ein Dichter aus dem Alterthum die Begeiſterte, wie ſie auf dem Gipfel des Ge- birges, den ſie bewußtlos erſtiegen hat, auf ein- mal vom Schlummer erwacht, und nun den
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In drei Jahren vollendete Bachus ſeinen
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zu deſſen Andenken ſtets nachher, ſo oft drei Jahre
verfloſſen waren, die Feſte gefeiert wurden, an
denen das freudige Getuͤmmel, womit der Zug
des Bachus begleitet war, aufs neue von den
Bergen widerhallte. —
Die Prieſterinnen des Bachus mit zerſtreu-
tem Haar, auf den Bergen umher ſchweifend,
erfuͤllten die Luft mit dem Getoͤſe ihrer Trommeln,
und mit ihrem wilden Geſchrei: Evohe Ba-
chus! —
Der drohende Thyrſusſtab in ihrer Hand, an
dem die farbigten Baͤnder wehten, waͤhrend daß
unter dem Fichtenapfel ſich oben die verwundende
Spitze barg, bezeichnete den ſchoͤnen Feldzug, wo
das Furchtbare und Kriegeriſche, unter Geſang
und Floͤtenſpiel verborgen lauſchte. —
Dieſe begeiſterten Prieſterinnen des Bachus,
welche auch Bachantinnen hießen, ſind ein erhab-
ner Gegenſtand der Poeſie. — Eine Bachantin
iſt gleichſam uͤber die Menſchheit erhaben. — Von
der Macht der Gottheit erfuͤllt, ſind die Grenzen
der Menſchheit ihr zu enge. —
So ſchildert ein Dichter aus dem Alterthum
die Begeiſterte, wie ſie auf dem Gipfel des Ge-
birges, den ſie bewußtlos erſtiegen hat, auf ein-
mal vom Schlummer erwacht, und nun den
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Moritz, Karl Philipp: Götterlehre oder mythologische Dichtungen der Alten. Berlin, 1791, S. 172. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moritz_goetterlehre_1791/218>, abgerufen am 23.11.2024.
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