Liebe und Freude und Schlummer zu bewirken, gewann er auch den klugen Erfinder lieb, und sprach: die Erfindung sey der funfzig geraubten Rinder werth! -- Da schenkte ihm Merkur die Laute, und Apollo war über den Besitz des kost- baren Schatzes hocherfreut; damit ihm dieser aber vollkommen gesichert sey, so bat er den Mer- kur, ihm noch bei dem Styx zu schwören, daß er die sanft ertönende Laute ihrem nunmehrigen Besitzer nie wieder entwenden wolle.
Apollo schenkte nachher dem Merkur den gol- denen Stab, der alle Zwiste schlichtet; -- jetzt aber kehrten die beiden Nahverwandten Hand in Hand geschlungen zum Olymp zurück; es war die Kunst, die ein schönes Band zwischen ihnen knüpfte, und Jupiter freute sich ihrer Eintracht. --
Merkur wird nun der Götterbote; -- er ist die behende Macht -- das schnell sich Bewe- gende unter den hohen Göttergestalten, die gleich- sam fest gegründet in ihrer Majestät, den schnellen erfindungsreichen Gedanken vom Himmel zur Erde senden, und wenn er wiederkehrt, ihn in ihrem hohen Rath aufnehmen.
Auch die Kunst zu ringen, und durch Be- hendigkeit der Stärke überlegen zu seyn, lehrte Merkur die Menschen. Alles, wodurch der zarte Gedanke, sich in der Dinge geheimste Fugen
Liebe und Freude und Schlummer zu bewirken, gewann er auch den klugen Erfinder lieb, und ſprach: die Erfindung ſey der funfzig geraubten Rinder werth! — Da ſchenkte ihm Merkur die Laute, und Apollo war uͤber den Beſitz des koſt- baren Schatzes hocherfreut; damit ihm dieſer aber vollkommen geſichert ſey, ſo bat er den Mer- kur, ihm noch bei dem Styx zu ſchwoͤren, daß er die ſanft ertoͤnende Laute ihrem nunmehrigen Beſitzer nie wieder entwenden wolle.
Apollo ſchenkte nachher dem Merkur den gol- denen Stab, der alle Zwiſte ſchlichtet; — jetzt aber kehrten die beiden Nahverwandten Hand in Hand geſchlungen zum Olymp zuruͤck; es war die Kunſt, die ein ſchoͤnes Band zwiſchen ihnen knuͤpfte, und Jupiter freute ſich ihrer Eintracht. —
Merkur wird nun der Goͤtterbote; — er iſt die behende Macht — das ſchnell ſich Bewe- gende unter den hohen Goͤttergeſtalten, die gleich- ſam feſt gegruͤndet in ihrer Majeſtaͤt, den ſchnellen erfindungsreichen Gedanken vom Himmel zur Erde ſenden, und wenn er wiederkehrt, ihn in ihrem hohen Rath aufnehmen.
Auch die Kunſt zu ringen, und durch Be- hendigkeit der Staͤrke uͤberlegen zu ſeyn, lehrte Merkur die Menſchen. Alles, wodurch der zarte Gedanke, ſich in der Dinge geheimſte Fugen
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Liebe und Freude und Schlummer zu bewirken,
gewann er auch den klugen Erfinder lieb, und
ſprach: die Erfindung ſey der funfzig geraubten
Rinder werth! — Da ſchenkte ihm Merkur die
Laute, und Apollo war uͤber den Beſitz des koſt-
baren Schatzes hocherfreut; damit ihm dieſer
aber vollkommen geſichert ſey, ſo bat er den Mer-
kur, ihm noch bei dem Styx zu ſchwoͤren, daß
er die ſanft ertoͤnende Laute ihrem nunmehrigen
Beſitzer nie wieder entwenden wolle.
Apollo ſchenkte nachher dem Merkur den gol-
denen Stab, der alle Zwiſte ſchlichtet; — jetzt
aber kehrten die beiden Nahverwandten Hand
in Hand geſchlungen zum Olymp zuruͤck; es war
die Kunſt, die ein ſchoͤnes Band zwiſchen ihnen
knuͤpfte, und Jupiter freute ſich ihrer Eintracht. —
Merkur wird nun der Goͤtterbote; — er iſt
die behende Macht — das ſchnell ſich Bewe-
gende unter den hohen Goͤttergeſtalten, die gleich-
ſam feſt gegruͤndet in ihrer Majeſtaͤt, den ſchnellen
erfindungsreichen Gedanken vom Himmel zur
Erde ſenden, und wenn er wiederkehrt, ihn in
ihrem hohen Rath aufnehmen.
Auch die Kunſt zu ringen, und durch Be-
hendigkeit der Staͤrke uͤberlegen zu ſeyn, lehrte
Merkur die Menſchen. Alles, wodurch der zarte
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Moritz, Karl Philipp: Götterlehre oder mythologische Dichtungen der Alten. Berlin, 1791, S. 162. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moritz_goetterlehre_1791/206>, abgerufen am 24.11.2024.
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