er gewaltsam sich ihrer zu bemächtigen suchte, wurde, während daß er mit der Göttin kämpfte, die Erde von seiner Zeugungskraft befruchtet, und gebahr den Erichthonius mit Drachenfüßen, den Minerva selbst in Schutz nahm, und ihn den Einwohnern ihrer geliebten Stadt Athen zum Könige setzte, wo er, um seine ungestalten Füße zu verbergen, den vierrädrigen bedeckten Wagen erfand. --
Die Drachengestalt und Drachenfüße bezeich- nen in diesen Dichtungen fast immer das der Erde entsprossene, mit der Erde nah verwandte, -- so bildet die Phantasie die himmelanstürmenden Gi- ganten, als Kinder der Erde mit Drachenfüßen; und auch der Wagen der Ceres, die die Erde be- fruchtet, ist mit Drachen bespannt.
Ganz menschenähnlich stellt die Dichtung den Gott der Flammen dar, wie er, um die The- tis zu empfangen, die zu ihm kömmt, um für ihren geliebten Sohn Achilles einen neuen Schild und Rüstung zu erbitten, sich mit dem nassen Schwamme, erst Brust und Nacken, Gesicht und Hände wäscht, um mit dem Schmutz der Arbeit nicht vor der besuchenden Göttin zu erscheinen.
Als er aber in dem Treffen vor Troja auf den Befehl seiner Mutter sich mit seinen Flammen dem Flußgott Skamander widersetzte, der mit seinen anschwellenden Fluthen den Achill verfolgte; so be-
er gewaltſam ſich ihrer zu bemaͤchtigen ſuchte, wurde, waͤhrend daß er mit der Goͤttin kaͤmpfte, die Erde von ſeiner Zeugungskraft befruchtet, und gebahr den Erichthonius mit Drachenfuͤßen, den Minerva ſelbſt in Schutz nahm, und ihn den Einwohnern ihrer geliebten Stadt Athen zum Koͤnige ſetzte, wo er, um ſeine ungeſtalten Fuͤße zu verbergen, den vierraͤdrigen bedeckten Wagen erfand. —
Die Drachengeſtalt und Drachenfuͤße bezeich- nen in dieſen Dichtungen faſt immer das der Erde entſproſſene, mit der Erde nah verwandte, — ſo bildet die Phantaſie die himmelanſtuͤrmenden Gi- ganten, als Kinder der Erde mit Drachenfuͤßen; und auch der Wagen der Ceres, die die Erde be- fruchtet, iſt mit Drachen beſpannt.
Ganz menſchenaͤhnlich ſtellt die Dichtung den Gott der Flammen dar, wie er, um die The- tis zu empfangen, die zu ihm koͤmmt, um fuͤr ihren geliebten Sohn Achilles einen neuen Schild und Ruͤſtung zu erbitten, ſich mit dem naſſen Schwamme, erſt Bruſt und Nacken, Geſicht und Haͤnde waͤſcht, um mit dem Schmutz der Arbeit nicht vor der beſuchenden Goͤttin zu erſcheinen.
Als er aber in dem Treffen vor Troja auf den Befehl ſeiner Mutter ſich mit ſeinen Flammen dem Flußgott Skamander widerſetzte, der mit ſeinen anſchwellenden Fluthen den Achill verfolgte; ſo be-
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er gewaltſam ſich ihrer zu bemaͤchtigen ſuchte,
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die Erde von ſeiner Zeugungskraft befruchtet, und
gebahr den Erichthonius mit Drachenfuͤßen,
den Minerva ſelbſt in Schutz nahm, und ihn den
Einwohnern ihrer geliebten Stadt Athen zum
Koͤnige ſetzte, wo er, um ſeine ungeſtalten Fuͤße
zu verbergen, den vierraͤdrigen bedeckten Wagen
erfand. —
Die Drachengeſtalt und Drachenfuͤße bezeich-
nen in dieſen Dichtungen faſt immer das der Erde
entſproſſene, mit der Erde nah verwandte, — ſo
bildet die Phantaſie die himmelanſtuͤrmenden Gi-
ganten, als Kinder der Erde mit Drachenfuͤßen;
und auch der Wagen der Ceres, die die Erde be-
fruchtet, iſt mit Drachen beſpannt.
Ganz menſchenaͤhnlich ſtellt die Dichtung
den Gott der Flammen dar, wie er, um die The-
tis zu empfangen, die zu ihm koͤmmt, um fuͤr
ihren geliebten Sohn Achilles einen neuen Schild
und Ruͤſtung zu erbitten, ſich mit dem naſſen
Schwamme, erſt Bruſt und Nacken, Geſicht und
Haͤnde waͤſcht, um mit dem Schmutz der Arbeit
nicht vor der beſuchenden Goͤttin zu erſcheinen.
Als er aber in dem Treffen vor Troja auf den
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Flußgott Skamander widerſetzte, der mit ſeinen
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Moritz, Karl Philipp: Götterlehre oder mythologische Dichtungen der Alten. Berlin, 1791, S. 150. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moritz_goetterlehre_1791/192>, abgerufen am 27.11.2024.
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