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Moritz, Karl Philipp: Götterlehre oder mythologische Dichtungen der Alten. Berlin, 1791.

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die liebende Mutter sich alljährlich der wiederge-
fundenen Tochter freue.

Durch alle diese Dichtungen schimmern die
Begriffe von der geheimnißvollen Entwickelung
des Keims im Schooß der Erde, von dem innern
verborgenen Leben der Natur hervor. -- Es giebt
keine Erscheinung in der Natur, wo Leben und
Tod, dem Ansehen nach, näher aneinander
grenzen, als da, wo das Saamenkorn, dem Auge
ganz verdeckt, im Schooß der Erde vergraben, und
gänzlich verschwunden ist; und dennoch grade auf
dem Punkte, wo das Leben ganz seine Endschaft
zu erreichen scheint, ein neues Leben anhebt.

Durch den sanften Schooß der Ceres pflanzen
sich bis in das dunkle Reich des Pluto die himmli-
schen Einflüsse fort. -- Pluto heißt auch der sty-
gische oder unterirdische Jupiter; und mit ihm
vermählt sich des himmlischen Jupiters reitzende
Tochter, in welcher die Dichtung die entgegen-
gesetzten Begriffe von Leben und Tod zusammen-
faßt, und durch welche sich zwischen dem Hohen
und Tiefen ein zartes geheimnißvolles Band
knüpft.

Auf den Marmorsärgen der Alten findet
man oft den Raub der Proserpina abgebildet, --
und bei den geheimnißvollen Festen, welche der
Ceres und der Proserpina gefeiert wurden, scheint
es, als habe man grade dieß Aneinandergrenzen

die liebende Mutter ſich alljaͤhrlich der wiederge-
fundenen Tochter freue.

Durch alle dieſe Dichtungen ſchimmern die
Begriffe von der geheimnißvollen Entwickelung
des Keims im Schooß der Erde, von dem innern
verborgenen Leben der Natur hervor. — Es giebt
keine Erſcheinung in der Natur, wo Leben und
Tod, dem Anſehen nach, naͤher aneinander
grenzen, als da, wo das Saamenkorn, dem Auge
ganz verdeckt, im Schooß der Erde vergraben, und
gaͤnzlich verſchwunden iſt; und dennoch grade auf
dem Punkte, wo das Leben ganz ſeine Endſchaft
zu erreichen ſcheint, ein neues Leben anhebt.

Durch den ſanften Schooß der Ceres pflanzen
ſich bis in das dunkle Reich des Pluto die himmli-
ſchen Einfluͤſſe fort. — Pluto heißt auch der ſty-
giſche oder unterirdiſche Jupiter; und mit ihm
vermaͤhlt ſich des himmliſchen Jupiters reitzende
Tochter, in welcher die Dichtung die entgegen-
geſetzten Begriffe von Leben und Tod zuſammen-
faßt, und durch welche ſich zwiſchen dem Hohen
und Tiefen ein zartes geheimnißvolles Band
knuͤpft.

Auf den Marmorſaͤrgen der Alten findet
man oft den Raub der Proſerpina abgebildet, —
und bei den geheimnißvollen Feſten, welche der
Ceres und der Proſerpina gefeiert wurden, ſcheint
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[143/0183] die liebende Mutter ſich alljaͤhrlich der wiederge- fundenen Tochter freue. Durch alle dieſe Dichtungen ſchimmern die Begriffe von der geheimnißvollen Entwickelung des Keims im Schooß der Erde, von dem innern verborgenen Leben der Natur hervor. — Es giebt keine Erſcheinung in der Natur, wo Leben und Tod, dem Anſehen nach, naͤher aneinander grenzen, als da, wo das Saamenkorn, dem Auge ganz verdeckt, im Schooß der Erde vergraben, und gaͤnzlich verſchwunden iſt; und dennoch grade auf dem Punkte, wo das Leben ganz ſeine Endſchaft zu erreichen ſcheint, ein neues Leben anhebt. Durch den ſanften Schooß der Ceres pflanzen ſich bis in das dunkle Reich des Pluto die himmli- ſchen Einfluͤſſe fort. — Pluto heißt auch der ſty- giſche oder unterirdiſche Jupiter; und mit ihm vermaͤhlt ſich des himmliſchen Jupiters reitzende Tochter, in welcher die Dichtung die entgegen- geſetzten Begriffe von Leben und Tod zuſammen- faßt, und durch welche ſich zwiſchen dem Hohen und Tiefen ein zartes geheimnißvolles Band knuͤpft. Auf den Marmorſaͤrgen der Alten findet man oft den Raub der Proſerpina abgebildet, — und bei den geheimnißvollen Feſten, welche der Ceres und der Proſerpina gefeiert wurden, ſcheint es, als habe man grade dieß Aneinandergrenzen

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Zitationshilfe: Moritz, Karl Philipp: Götterlehre oder mythologische Dichtungen der Alten. Berlin, 1791, S. 143. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moritz_goetterlehre_1791/183>, abgerufen am 26.11.2024.