Auch wußte der wilde Mars mit seinem ju- gendlichen Ungestüm die sanfte Venus selbst zu fes- seln, die ihrem Gatten dem kunstreichen bildenden Vulkan, den zerstörenden Kriegsgott vorzog, mit dem sie ein verstohlnes Liebesbündniß knüpfte. --
Aus diesem verstohlnen Bündniß des Sanf- ten mit dem Ungestümen, entstand Harmonia, der Venus schöne Tochter, die mit Kadmus, dem Stifter und Erbauer von Theben, sich ver- mählte. --
Auf der Untreue der Venus verweilt die bil- dende Kunst der Alten und ihre Dichtkunst gern. -- Vulkanus zürnt vergeblich; die Schönheit bindet sich an kein Gesetz; sie ist über allen Zwang erha- ben; und das verderbliche Jugendliche, ist, was ihr wohl gefällt.
So wie nun Venus mit Zärtlichkeit den Krie- gesgott fesselt; so hält Minerva ihn mit Weis- heit von seinem Ungestüm zurück. -- Denn als einst Jupiters drohendes Verbot den Göttern un- tersagt hatte, in den Krieg der Trojaner und Griechen sich zu mischen, und Mars vernahm, sein Sohn Askalaphus sey erschlagen; so ließ er seine Diener, das Schrecken und das Entsetzen die Pferde vor seinen Wagen spannen, und legte seine leuchtenden Waffen an.
Zürnt nicht, ihr Götter, sprach er, daß ich den Tod meines Sohnes räche, wenn Jupiter
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Auch wußte der wilde Mars mit ſeinem ju- gendlichen Ungeſtuͤm die ſanfte Venus ſelbſt zu feſ- ſeln, die ihrem Gatten dem kunſtreichen bildenden Vulkan, den zerſtoͤrenden Kriegsgott vorzog, mit dem ſie ein verſtohlnes Liebesbuͤndniß knuͤpfte. —
Aus dieſem verſtohlnen Buͤndniß des Sanf- ten mit dem Ungeſtuͤmen, entſtand Harmonia, der Venus ſchoͤne Tochter, die mit Kadmus, dem Stifter und Erbauer von Theben, ſich ver- maͤhlte. —
Auf der Untreue der Venus verweilt die bil- dende Kunſt der Alten und ihre Dichtkunſt gern. — Vulkanus zuͤrnt vergeblich; die Schoͤnheit bindet ſich an kein Geſetz; ſie iſt uͤber allen Zwang erha- ben; und das verderbliche Jugendliche, iſt, was ihr wohl gefaͤllt.
So wie nun Venus mit Zaͤrtlichkeit den Krie- gesgott feſſelt; ſo haͤlt Minerva ihn mit Weis- heit von ſeinem Ungeſtuͤm zuruͤck. — Denn als einſt Jupiters drohendes Verbot den Goͤttern un- terſagt hatte, in den Krieg der Trojaner und Griechen ſich zu miſchen, und Mars vernahm, ſein Sohn Askalaphus ſey erſchlagen; ſo ließ er ſeine Diener, das Schrecken und das Entſetzen die Pferde vor ſeinen Wagen ſpannen, und legte ſeine leuchtenden Waffen an.
Zuͤrnt nicht, ihr Goͤtter, ſprach er, daß ich den Tod meines Sohnes raͤche, wenn Jupiter
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Auch wußte der wilde Mars mit ſeinem ju-
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Vulkan, den zerſtoͤrenden Kriegsgott vorzog, mit
dem ſie ein verſtohlnes Liebesbuͤndniß knuͤpfte. —
Aus dieſem verſtohlnen Buͤndniß des Sanf-
ten mit dem Ungeſtuͤmen, entſtand Harmonia,
der Venus ſchoͤne Tochter, die mit Kadmus, dem
Stifter und Erbauer von Theben, ſich ver-
maͤhlte. —
Auf der Untreue der Venus verweilt die bil-
dende Kunſt der Alten und ihre Dichtkunſt gern. —
Vulkanus zuͤrnt vergeblich; die Schoͤnheit bindet
ſich an kein Geſetz; ſie iſt uͤber allen Zwang erha-
ben; und das verderbliche Jugendliche, iſt,
was ihr wohl gefaͤllt.
So wie nun Venus mit Zaͤrtlichkeit den Krie-
gesgott feſſelt; ſo haͤlt Minerva ihn mit Weis-
heit von ſeinem Ungeſtuͤm zuruͤck. — Denn als
einſt Jupiters drohendes Verbot den Goͤttern un-
terſagt hatte, in den Krieg der Trojaner und
Griechen ſich zu miſchen, und Mars vernahm,
ſein Sohn Askalaphus ſey erſchlagen; ſo ließ er
ſeine Diener, das Schrecken und das Entſetzen
die Pferde vor ſeinen Wagen ſpannen, und legte
ſeine leuchtenden Waffen an.
Zuͤrnt nicht, ihr Goͤtter, ſprach er, daß ich
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Moritz, Karl Philipp: Götterlehre oder mythologische Dichtungen der Alten. Berlin, 1791, S. 129. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moritz_goetterlehre_1791/165>, abgerufen am 25.11.2024.
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