heit die ganze Natur verehrte, und nichts Un- edles in der Vorstellung lag, den höchsten unter den Göttern in irgend einer der Gestalten der all- umfassenden Natur sich verhüllt zu denken.
Daß nun eine widerstrebende, eifersüchtige, und doch auch erhabene Macht die höchste Macht zu beschränken, und ihre Plane zu verei- teln sucht; daß Jupiters verstohlnen Umar- mungen die tapfern Söhne entstammen, ist ganz in dem Geiste dieser Dichtungen, wo alles Schö- ne und Starke, was sich entwickeln und bilden soll, mit Widerstand und Schwierigkeiten kämpfen, und manche Noth und Gefahr bestehen muß, bis sein Werth erprobt ist.
Von nun ist die Göttergeschichte in die Ge- schichte der Menschen verflochten und verwebt. -- Die Götterkriege haben nun aufgehört, und was die seeligen Götter noch beschäftigt, das sind die Schicksale der Sterblichen, mit denen ihre Macht, den einen hebend und den andern stürzend zum öftern gern ihr Spiel treibt; -- zum öftern aber auch der hohen Heldentugend und Tapferkeit sich annimmt; zuerst am Kampf des Helden sich er- götzt, und dann mit Unsterblichkeit den Sieger lohnt. --
Nun ist es aber das Verhältniß des Donner- gottes zu der hohen Juno, worin die Verwicke-
heit die ganze Natur verehrte, und nichts Un- edles in der Vorſtellung lag, den hoͤchſten unter den Goͤttern in irgend einer der Geſtalten der all- umfaſſenden Natur ſich verhuͤllt zu denken.
Daß nun eine widerſtrebende, eiferſuͤchtige, und doch auch erhabene Macht die hoͤchſte Macht zu beſchraͤnken, und ihre Plane zu verei- teln ſucht; daß Jupiters verſtohlnen Umar- mungen die tapfern Soͤhne entſtammen, iſt ganz in dem Geiſte dieſer Dichtungen, wo alles Schoͤ- ne und Starke, was ſich entwickeln und bilden ſoll, mit Widerſtand und Schwierigkeiten kaͤmpfen, und manche Noth und Gefahr beſtehen muß, bis ſein Werth erprobt iſt.
Von nun iſt die Goͤttergeſchichte in die Ge- ſchichte der Menſchen verflochten und verwebt. — Die Goͤtterkriege haben nun aufgehoͤrt, und was die ſeeligen Goͤtter noch beſchaͤftigt, das ſind die Schickſale der Sterblichen, mit denen ihre Macht, den einen hebend und den andern ſtuͤrzend zum oͤftern gern ihr Spiel treibt; — zum oͤftern aber auch der hohen Heldentugend und Tapferkeit ſich annimmt; zuerſt am Kampf des Helden ſich er- goͤtzt, und dann mit Unſterblichkeit den Sieger lohnt. —
Nun iſt es aber das Verhaͤltniß des Donner- gottes zu der hohen Juno, worin die Verwicke-
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heit die ganze Natur verehrte, und nichts Un-
edles in der Vorſtellung lag, den hoͤchſten unter
den Goͤttern in irgend einer der Geſtalten der all-
umfaſſenden Natur ſich verhuͤllt zu denken.
Daß nun eine widerſtrebende, eiferſuͤchtige,
und doch auch erhabene Macht die hoͤchſte
Macht zu beſchraͤnken, und ihre Plane zu verei-
teln ſucht; daß Jupiters verſtohlnen Umar-
mungen die tapfern Soͤhne entſtammen, iſt ganz
in dem Geiſte dieſer Dichtungen, wo alles Schoͤ-
ne und Starke, was ſich entwickeln und bilden
ſoll, mit Widerſtand und Schwierigkeiten kaͤmpfen,
und manche Noth und Gefahr beſtehen muß, bis
ſein Werth erprobt iſt.
Von nun iſt die Goͤttergeſchichte in die Ge-
ſchichte der Menſchen verflochten und verwebt. —
Die Goͤtterkriege haben nun aufgehoͤrt, und was
die ſeeligen Goͤtter noch beſchaͤftigt, das ſind die
Schickſale der Sterblichen, mit denen ihre Macht,
den einen hebend und den andern ſtuͤrzend zum
oͤftern gern ihr Spiel treibt; — zum oͤftern aber
auch der hohen Heldentugend und Tapferkeit ſich
annimmt; zuerſt am Kampf des Helden ſich er-
goͤtzt, und dann mit Unſterblichkeit den Sieger
lohnt. —
Nun iſt es aber das Verhaͤltniß des Donner-
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Moritz, Karl Philipp: Götterlehre oder mythologische Dichtungen der Alten. Berlin, 1791, S. 87. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moritz_goetterlehre_1791/113>, abgerufen am 27.11.2024.
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