Moritz, Karl Philipp (Hrsg.): Gnothi sauton oder Magazin zur Erfahrungsseelenkunde. Bd. 9, St. 3. Berlin, 1792.Zur Beobachtung und Bezielung unendlicher Schönheit und Vollkommenheit giebt die allbedingende absohlte Freiheit uns auch die subjektiven Formen endlosen Raums und Zeitlaufs, denn Freiheit macht Raum und Zeit endlos zu ihrem absoluten Zweck; die beiden Formen allein aber geben ein unabsehlich leeres Chaos ohne die Form des Ebenmaaßes von beiden, und ein finstres Chaos an sich, ohne die Form, die an und durch sich selbst anschaulich ist und macht, alles verklärt, das ist die Form der Klarheit a priori, ohne welche gar kein Anschauen möglich, wenn auch alles voll Gegenstände und Augenfähigkeit wäre. Die Formen aber von Klarheit, Ebenmaaß, Raum und Zeit zusammen geben zeitliche Sinnenschönheit überall, wo sie entsprechende Darstellung finden. Diese Schönheitsform der Sinnen ist die Quelle des Jdeals aller Schönheitskünstler. Solcherweise und solchermaaßen supplirt a priori die originale Gemeinsinnsphilosophie des allgemeinen Harmoniesinnes, was an dem Zur Beobachtung und Bezielung unendlicher Schoͤnheit und Vollkommenheit giebt die allbedingende absohlte Freiheit uns auch die subjektiven Formen endlosen Raums und Zeitlaufs, denn Freiheit macht Raum und Zeit endlos zu ihrem absoluten Zweck; die beiden Formen allein aber geben ein unabsehlich leeres Chaos ohne die Form des Ebenmaaßes von beiden, und ein finstres Chaos an sich, ohne die Form, die an und durch sich selbst anschaulich ist und macht, alles verklaͤrt, das ist die Form der Klarheit a priori, ohne welche gar kein Anschauen moͤglich, wenn auch alles voll Gegenstaͤnde und Augenfaͤhigkeit waͤre. Die Formen aber von Klarheit, Ebenmaaß, Raum und Zeit zusammen geben zeitliche Sinnenschoͤnheit uͤberall, wo sie entsprechende Darstellung finden. Diese Schoͤnheitsform der Sinnen ist die Quelle des Jdeals aller Schoͤnheitskuͤnstler. Solcherweise und solchermaaßen supplirt a priori die originale Gemeinsinnsphilosophie des allgemeinen Harmoniesinnes, was an dem <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div type="letter" n="3"> <pb facs="#f0094" n="94"/><lb/> <p>Zur Beobachtung und Bezielung unendlicher Schoͤnheit und Vollkommenheit giebt die allbedingende absohlte Freiheit uns auch die <hi rendition="#b">subjektiven</hi> Formen endlosen Raums und Zeitlaufs, denn Freiheit macht Raum und Zeit endlos zu ihrem absoluten Zweck; die beiden Formen allein aber geben ein unabsehlich leeres Chaos ohne die Form des Ebenmaaßes von beiden, und ein finstres Chaos an sich, ohne die Form, die an und <hi rendition="#b">durch sich selbst anschaulich</hi> ist und macht, alles verklaͤrt, das ist die Form der Klarheit <hi rendition="#i">a priori,</hi> ohne welche gar kein Anschauen moͤglich, wenn auch alles voll Gegenstaͤnde und Augenfaͤhigkeit waͤre. Die Formen aber von Klarheit, Ebenmaaß, Raum und Zeit zusammen geben <hi rendition="#b">zeitliche Sinnenschoͤnheit</hi> uͤberall, wo sie entsprechende <hi rendition="#b">Darstellung</hi> finden.</p> <p>Diese Schoͤnheitsform der Sinnen ist die Quelle des Jdeals aller Schoͤnheitskuͤnstler. Solcherweise und solchermaaßen <hi rendition="#b">supplirt</hi> <hi rendition="#i">a priori</hi> die originale Gemeinsinnsphilosophie des <hi rendition="#b">allgemeinen Harmoniesinnes,</hi> was an dem <persName ref="#ref0128"><note type="editorial">Kant, Jmmanuel</note>Kantischen</persName> Maaßstab und elementarischen Vorstellungsfundament desselben noch mangelt, oder Mangel verrathen mag, und so coincidirt der Gemeinsinn mit <persName ref="#ref0128"><note type="editorial">Kant, Jmmanuel</note>Kant und Reinhold und Leibnitz etc., und laͤßt doch Kant</persName> und alle <hi rendition="#b">ganz im Frieden stehen,</hi> jeden fuͤr sich, <hi rendition="#b">profitirt von allen,</hi> und geht nach allen <hi rendition="#b">weiter ins Unendliche im Friedens- und Allbenutzensweg</hi> durch Allbeobachten zum Ganzen. </p><lb/> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [94/0094]
Zur Beobachtung und Bezielung unendlicher Schoͤnheit und Vollkommenheit giebt die allbedingende absohlte Freiheit uns auch die subjektiven Formen endlosen Raums und Zeitlaufs, denn Freiheit macht Raum und Zeit endlos zu ihrem absoluten Zweck; die beiden Formen allein aber geben ein unabsehlich leeres Chaos ohne die Form des Ebenmaaßes von beiden, und ein finstres Chaos an sich, ohne die Form, die an und durch sich selbst anschaulich ist und macht, alles verklaͤrt, das ist die Form der Klarheit a priori, ohne welche gar kein Anschauen moͤglich, wenn auch alles voll Gegenstaͤnde und Augenfaͤhigkeit waͤre. Die Formen aber von Klarheit, Ebenmaaß, Raum und Zeit zusammen geben zeitliche Sinnenschoͤnheit uͤberall, wo sie entsprechende Darstellung finden.
Diese Schoͤnheitsform der Sinnen ist die Quelle des Jdeals aller Schoͤnheitskuͤnstler. Solcherweise und solchermaaßen supplirt a priori die originale Gemeinsinnsphilosophie des allgemeinen Harmoniesinnes, was an dem Kantischen Maaßstab und elementarischen Vorstellungsfundament desselben noch mangelt, oder Mangel verrathen mag, und so coincidirt der Gemeinsinn mit Kant und Reinhold und Leibnitz etc., und laͤßt doch Kant und alle ganz im Frieden stehen, jeden fuͤr sich, profitirt von allen, und geht nach allen weiter ins Unendliche im Friedens- und Allbenutzensweg durch Allbeobachten zum Ganzen.
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Zitationshilfe: | Moritz, Karl Philipp (Hrsg.): Gnothi sauton oder Magazin zur Erfahrungsseelenkunde. Bd. 9, St. 3. Berlin, 1792, S. 94. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moritz_erfahrungsseelenkunde0903_1792/94>, abgerufen am 16.02.2025. |