Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Moritz, Karl Philipp (Hrsg.): Gnothi sauton oder Magazin zur Erfahrungsseelenkunde. Bd. 9, St. 3. Berlin, 1792.

Bild:
<< vorherige Seite


indem die erwünschte Besserung in Berlin doch nicht erfolgte. Gewalt anzuwenden hatte ich keine Erlaubniß, und Ueberredung fruchtete bei ihm nichts. Jch verfiel daher auf ein Mittel, das mir jetzt nicht ganz recht scheint, aber das mir damals das bequemste zu seyn schien, den Wunsch meiner Freunde zu erfüllen, weil es ganz in seinen Jdeengang eingriff, ihn zur Abreise geneigt zu machen.

Jch sagte ihm nämlich einen Morgen, daß ich vom Minister ** Befehl erhalten hätte, ihm die Nachricht zu hinterbringen, daß der Prinz, sein Vater, ihn sprechen wollte. Für Extrapost, Bedienten und Zehrung auf der Reise wäre vom Prinzen gesorgt worden; und er hätte weiter nichts zu thun, als sich auf den Wagen zu setzen, und sich an Ort und Stelle bringen zu lassen.

Diese Nachricht setzte ihn außer sich vor Freude. Er fing sogleich an einzupacken, und schickte sich zur Reise an. Jn dem Wahne zum Prinzen zu fahren, würde er nach H. gebracht worden seyn; und wer weiß, ob diese neue Täuschung nicht das Uebel ärger gemacht hätte. Der Zufall vereitelte meinen Plan, und ich danke ihm noch dafür. Jch mußte nämlich E. verlassen, um die Post zu bestellen, und den Menschen aufzusuchen, der ihn begleiten sollte. Mittlerweile kleidete er sich an, lief zum Minister, um sich von demselben ein Schrei-


indem die erwuͤnschte Besserung in Berlin doch nicht erfolgte. Gewalt anzuwenden hatte ich keine Erlaubniß, und Ueberredung fruchtete bei ihm nichts. Jch verfiel daher auf ein Mittel, das mir jetzt nicht ganz recht scheint, aber das mir damals das bequemste zu seyn schien, den Wunsch meiner Freunde zu erfuͤllen, weil es ganz in seinen Jdeengang eingriff, ihn zur Abreise geneigt zu machen.

Jch sagte ihm naͤmlich einen Morgen, daß ich vom Minister ** Befehl erhalten haͤtte, ihm die Nachricht zu hinterbringen, daß der Prinz, sein Vater, ihn sprechen wollte. Fuͤr Extrapost, Bedienten und Zehrung auf der Reise waͤre vom Prinzen gesorgt worden; und er haͤtte weiter nichts zu thun, als sich auf den Wagen zu setzen, und sich an Ort und Stelle bringen zu lassen.

Diese Nachricht setzte ihn außer sich vor Freude. Er fing sogleich an einzupacken, und schickte sich zur Reise an. Jn dem Wahne zum Prinzen zu fahren, wuͤrde er nach H. gebracht worden seyn; und wer weiß, ob diese neue Taͤuschung nicht das Uebel aͤrger gemacht haͤtte. Der Zufall vereitelte meinen Plan, und ich danke ihm noch dafuͤr. Jch mußte naͤmlich E. verlassen, um die Post zu bestellen, und den Menschen aufzusuchen, der ihn begleiten sollte. Mittlerweile kleidete er sich an, lief zum Minister, um sich von demselben ein Schrei-

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0082" n="82"/><lb/>
indem die erwu&#x0364;nschte Besserung in Berlin                         doch nicht erfolgte. Gewalt anzuwenden hatte ich keine Erlaubniß, und                         Ueberredung fruchtete bei ihm nichts. Jch verfiel daher auf ein Mittel, das                         mir jetzt nicht ganz recht scheint, aber das mir damals das bequemste zu                         seyn schien, den Wunsch meiner Freunde zu erfu&#x0364;llen, weil es ganz in seinen                         Jdeengang eingriff, ihn zur Abreise geneigt zu machen. </p>
            <p>Jch sagte ihm na&#x0364;mlich einen Morgen, daß ich vom Minister ** Befehl erhalten                         ha&#x0364;tte, ihm die Nachricht zu hinterbringen, daß der Prinz, sein Vater, ihn                         sprechen wollte. Fu&#x0364;r Extrapost, Bedienten und Zehrung auf der Reise wa&#x0364;re vom                         Prinzen gesorgt worden; und er ha&#x0364;tte weiter nichts zu thun, als sich auf den                         Wagen zu setzen, und sich an Ort und Stelle bringen zu lassen. </p>
            <p>Diese Nachricht setzte ihn außer sich vor Freude. Er fing sogleich an                         einzupacken, und schickte sich zur Reise an. Jn dem Wahne zum Prinzen zu                         fahren, wu&#x0364;rde er nach H. gebracht worden seyn; und wer weiß, ob diese neue                         Ta&#x0364;uschung nicht das Uebel a&#x0364;rger gemacht ha&#x0364;tte. Der Zufall vereitelte meinen                         Plan, und ich danke ihm noch dafu&#x0364;r. Jch mußte na&#x0364;mlich E. verlassen, um die                         Post zu bestellen, und den Menschen aufzusuchen, der ihn begleiten sollte.                         Mittlerweile kleidete er sich an, lief zum Minister, um sich von demselben                         ein Schrei-<lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[82/0082] indem die erwuͤnschte Besserung in Berlin doch nicht erfolgte. Gewalt anzuwenden hatte ich keine Erlaubniß, und Ueberredung fruchtete bei ihm nichts. Jch verfiel daher auf ein Mittel, das mir jetzt nicht ganz recht scheint, aber das mir damals das bequemste zu seyn schien, den Wunsch meiner Freunde zu erfuͤllen, weil es ganz in seinen Jdeengang eingriff, ihn zur Abreise geneigt zu machen. Jch sagte ihm naͤmlich einen Morgen, daß ich vom Minister ** Befehl erhalten haͤtte, ihm die Nachricht zu hinterbringen, daß der Prinz, sein Vater, ihn sprechen wollte. Fuͤr Extrapost, Bedienten und Zehrung auf der Reise waͤre vom Prinzen gesorgt worden; und er haͤtte weiter nichts zu thun, als sich auf den Wagen zu setzen, und sich an Ort und Stelle bringen zu lassen. Diese Nachricht setzte ihn außer sich vor Freude. Er fing sogleich an einzupacken, und schickte sich zur Reise an. Jn dem Wahne zum Prinzen zu fahren, wuͤrde er nach H. gebracht worden seyn; und wer weiß, ob diese neue Taͤuschung nicht das Uebel aͤrger gemacht haͤtte. Der Zufall vereitelte meinen Plan, und ich danke ihm noch dafuͤr. Jch mußte naͤmlich E. verlassen, um die Post zu bestellen, und den Menschen aufzusuchen, der ihn begleiten sollte. Mittlerweile kleidete er sich an, lief zum Minister, um sich von demselben ein Schrei-

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Christof Wingertszahn, Sheila Dickson, Goethe-Museum Düsseldorf/Anton-und-Katharina-Kippenberg-Stiftung, University of Glasgow: Erstellung der Transkription nach DTA-Richtlinien (2015-06-09T11:00:00Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Matthias Boenig, Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie zu Berlin: Konvertierung nach DTA-Basisformat (2015-06-09T11:00:00Z)
UB Uni-Bielefeld: Bereitstellung der Bilddigitalisate (2015-06-09T11:00:00Z)

Weitere Informationen:

Anmerkungen zur Transkription:

  • Langes s (ſ) wird als rundes s (s) wiedergegeben.
  • Die Umlautschreibung mit ›e‹ über dem Vokal wurden übernommen.
  • Die Majuskel I/J wurde nicht nach Lautwert transkribiert.
  • Verbessert wird nur bei eindeutigen Druckfehlern. Die editorischen Eingriffe sind stets nachgewiesen.
  • Zu Moritz’ Zeit war es üblich, bei mehrzeiligen Zitaten vor jeder Zeile Anführungsstriche zu setzen. Diese wiederholten Anführungsstriche des Originals werden stillschweigend getilgt.
  • Die Druckgestalt der Vorlagen (Absätze, Überschriften, Schriftgrade etc.) wird schematisiert wiedergegeben. Der Zeilenfall wurde nicht übernommen.
  • Worteinfügungen der Herausgeber im edierten Text sowie Ergänzungen einzelner Buchstaben sind dokumentiert.
  • Die Originalseite wird als einzelne Seite in der Internetausgabe wiedergegeben. Von diesem Darstellungsprinzip wird bei langen, sich über mehr als eine Seite erstreckenden Fußnoten abgewichen. Die vollständige Fußnote erscheint in diesem Fall zusammenhängend an der ersten betreffenden Seite.
  • Die textkritischen Nachweise erfolgen in XML-Form nach dem DTABf-Schema: <choice><corr>[Verbesserung]</corr><sic>[Originaltext]</sic></choice> vorgenommen.



Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/moritz_erfahrungsseelenkunde0903_1792
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/moritz_erfahrungsseelenkunde0903_1792/82
Zitationshilfe: Moritz, Karl Philipp (Hrsg.): Gnothi sauton oder Magazin zur Erfahrungsseelenkunde. Bd. 9, St. 3. Berlin, 1792, S. 82. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moritz_erfahrungsseelenkunde0903_1792/82>, abgerufen am 22.11.2024.