Moritz, Karl Philipp (Hrsg.): Gnothi sauton oder Magazin zur Erfahrungsseelenkunde. Bd. 9, St. 3. Berlin, 1792.
Nun kann ich Sie auf mein Gewissen versichern, daß ich weder des Abends, noch des Tages vorher an Feuer gedacht, viel weniger davon gesprochen habe. Als ich nun des Morgens darauf aufstand, war mir dieser ganze Traum entfallen; ich ging wie gewöhnlich aus meinem Schlafzimmer in meine Wohnstube, nahm ein Buch und las darin. Unterdessen kam meine Aufwärterin, brachte -- ganz zufällig, denn dies geschah von ihr denselben Tag zum Erstenmal, ungeachtet sie mir schon ein völliges Jahr aufgewartet hatte -- einen Topf mit Kohlen, um zu räuchern, und setzte diesen Topf auf einen Tisch. Jch war zu sehr vertieft in meinem Lesen, auch saß ich mit dem Rücken der Thüre zugewandt, so, daß ich weder sie noch den Topf bemerkte. Eine halbe Stunde nachher aber wurde meine Stube mit einem solchen Rauch angefüllt, daß ich kaum die Buchstaben in meinem Buche mehr erkennen konnte; ich stand daher auf, und siehe! da hatte das Feuer schon sich meines Tisches bemächtiget und hätte ich nicht schleunige Hülfe geleistet, wäre er vom Feuer völlig verzehrt worden. --
Nun kann ich Sie auf mein Gewissen versichern, daß ich weder des Abends, noch des Tages vorher an Feuer gedacht, viel weniger davon gesprochen habe. Als ich nun des Morgens darauf aufstand, war mir dieser ganze Traum entfallen; ich ging wie gewoͤhnlich aus meinem Schlafzimmer in meine Wohnstube, nahm ein Buch und las darin. Unterdessen kam meine Aufwaͤrterin, brachte — ganz zufaͤllig, denn dies geschah von ihr denselben Tag zum Erstenmal, ungeachtet sie mir schon ein voͤlliges Jahr aufgewartet hatte — einen Topf mit Kohlen, um zu raͤuchern, und setzte diesen Topf auf einen Tisch. Jch war zu sehr vertieft in meinem Lesen, auch saß ich mit dem Ruͤcken der Thuͤre zugewandt, so, daß ich weder sie noch den Topf bemerkte. Eine halbe Stunde nachher aber wurde meine Stube mit einem solchen Rauch angefuͤllt, daß ich kaum die Buchstaben in meinem Buche mehr erkennen konnte; ich stand daher auf, und siehe! da hatte das Feuer schon sich meines Tisches bemaͤchtiget und haͤtte ich nicht schleunige Huͤlfe geleistet, waͤre er vom Feuer voͤllig verzehrt worden. — <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <p><pb facs="#f0109" n="109"/><lb/> gen Wochen traͤumte mir des Nachts: es waͤre in meiner Stube Feuer ausgekommen, welches zwar mir große Gefahr gedroht, das ich aber sogleich mit wenig Wasser geloͤscht haͤtte. </p> <p>Nun kann ich Sie auf mein Gewissen versichern, daß ich weder des Abends, noch des Tages vorher an Feuer gedacht, viel weniger davon gesprochen habe. Als ich nun des Morgens darauf aufstand, war mir dieser ganze Traum entfallen; ich ging wie gewoͤhnlich aus meinem Schlafzimmer in meine Wohnstube, nahm ein Buch und las darin. Unterdessen kam meine Aufwaͤrterin, brachte — ganz zufaͤllig, denn dies geschah von ihr denselben Tag zum Erstenmal, ungeachtet sie mir schon ein voͤlliges Jahr aufgewartet hatte — einen Topf mit Kohlen, um zu raͤuchern, und setzte diesen Topf auf einen Tisch. Jch war zu sehr vertieft in meinem Lesen, auch saß ich mit dem Ruͤcken der Thuͤre zugewandt, so, daß ich weder sie noch den Topf bemerkte. Eine halbe Stunde nachher aber wurde meine Stube mit einem solchen Rauch angefuͤllt, daß ich kaum die Buchstaben in meinem Buche mehr erkennen konnte; ich stand daher auf, und siehe! da hatte das Feuer schon sich meines Tisches bemaͤchtiget und haͤtte ich nicht schleunige Huͤlfe geleistet, waͤre er vom Feuer voͤllig verzehrt worden. — </p><lb/> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [109/0109]
gen Wochen traͤumte mir des Nachts: es waͤre in meiner Stube Feuer ausgekommen, welches zwar mir große Gefahr gedroht, das ich aber sogleich mit wenig Wasser geloͤscht haͤtte.
Nun kann ich Sie auf mein Gewissen versichern, daß ich weder des Abends, noch des Tages vorher an Feuer gedacht, viel weniger davon gesprochen habe. Als ich nun des Morgens darauf aufstand, war mir dieser ganze Traum entfallen; ich ging wie gewoͤhnlich aus meinem Schlafzimmer in meine Wohnstube, nahm ein Buch und las darin. Unterdessen kam meine Aufwaͤrterin, brachte — ganz zufaͤllig, denn dies geschah von ihr denselben Tag zum Erstenmal, ungeachtet sie mir schon ein voͤlliges Jahr aufgewartet hatte — einen Topf mit Kohlen, um zu raͤuchern, und setzte diesen Topf auf einen Tisch. Jch war zu sehr vertieft in meinem Lesen, auch saß ich mit dem Ruͤcken der Thuͤre zugewandt, so, daß ich weder sie noch den Topf bemerkte. Eine halbe Stunde nachher aber wurde meine Stube mit einem solchen Rauch angefuͤllt, daß ich kaum die Buchstaben in meinem Buche mehr erkennen konnte; ich stand daher auf, und siehe! da hatte das Feuer schon sich meines Tisches bemaͤchtiget und haͤtte ich nicht schleunige Huͤlfe geleistet, waͤre er vom Feuer voͤllig verzehrt worden. —
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Zitationshilfe: | Moritz, Karl Philipp (Hrsg.): Gnothi sauton oder Magazin zur Erfahrungsseelenkunde. Bd. 9, St. 3. Berlin, 1792, S. 109. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moritz_erfahrungsseelenkunde0903_1792/109>, abgerufen am 16.08.2024. |