Moritz, Karl Philipp (Hrsg.): Gnothi sauton oder Magazin zur Erfahrungsseelenkunde. Bd. 9, St. 2. Berlin, 1792.
Die älteste Tochter aber, die Theanthis unsrer Geschichte, war nun in Diensten eines der vornehmsten Häuser in Archabone, einem der kleinsten See- und Handelsstädtchen, das doch in bequemer und schöner Lage auf der Schweizerseite des akronischen Seees verschiedne große Handelshäuser von patricischem Adel aus Schwaben enthielt, die nach Jtalien, Frankreich und so weiter handelten, auch in Lyon eigne Häuser und Gewerbe hatten. Eins dieser patricischen Handelshäuser hatte nun Theanthis als Köchin und Kinderwärterin schon viele Jahre bedient, und darin dreien Damen von der edlen Familie aufzuwarten, die da ziemlich gut zusammen lebten, und miteinander das Haus voll Leute regierten. Es läßt sich sonst kaum einer einzigen delikaten Dame was recht genug machen, geschweige denn dreien zusammen. Theanthis vergnügte durch einfältige Treue, Ordnung, Fertigkeit und Munterkeit alle dreie so sehr durch etliche Jahre, daß sie solche gerne beständig behalten hätten, und ihr alles vertrauen mochten. Wie nun auf dieser Erde nicht leicht ein Gut ist, das nicht ein benachbartes Uebel zum Kreuz darüber hat, so fand sichs auch hier.
Die aͤlteste Tochter aber, die Theanthis unsrer Geschichte, war nun in Diensten eines der vornehmsten Haͤuser in Archabone, einem der kleinsten See- und Handelsstaͤdtchen, das doch in bequemer und schoͤner Lage auf der Schweizerseite des akronischen Seees verschiedne große Handelshaͤuser von patricischem Adel aus Schwaben enthielt, die nach Jtalien, Frankreich und so weiter handelten, auch in Lyon eigne Haͤuser und Gewerbe hatten. Eins dieser patricischen Handelshaͤuser hatte nun Theanthis als Koͤchin und Kinderwaͤrterin schon viele Jahre bedient, und darin dreien Damen von der edlen Familie aufzuwarten, die da ziemlich gut zusammen lebten, und miteinander das Haus voll Leute regierten. Es laͤßt sich sonst kaum einer einzigen delikaten Dame was recht genug machen, geschweige denn dreien zusammen. Theanthis vergnuͤgte durch einfaͤltige Treue, Ordnung, Fertigkeit und Munterkeit alle dreie so sehr durch etliche Jahre, daß sie solche gerne bestaͤndig behalten haͤtten, und ihr alles vertrauen mochten. Wie nun auf dieser Erde nicht leicht ein Gut ist, das nicht ein benachbartes Uebel zum Kreuz daruͤber hat, so fand sichs auch hier. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <p><pb facs="#f0093" n="93"/><lb/> heiten gerieth, zumal da ihre juͤngeren Toͤchter, noch zu klein, schwach, wild und flatterhaft, mehr verderben als gut machen konnten.</p> <p>Die aͤlteste Tochter aber, die Theanthis unsrer Geschichte, war nun in Diensten eines der vornehmsten Haͤuser in Archabone, einem der kleinsten See- und Handelsstaͤdtchen, das doch in bequemer und schoͤner Lage auf der Schweizerseite des akronischen Seees verschiedne große Handelshaͤuser von patricischem Adel aus Schwaben enthielt, die nach Jtalien, Frankreich und so weiter handelten, auch in Lyon eigne Haͤuser und Gewerbe hatten.</p> <p>Eins dieser patricischen Handelshaͤuser hatte nun Theanthis als Koͤchin und Kinderwaͤrterin schon viele Jahre bedient, und darin dreien Damen von der edlen Familie aufzuwarten, die da ziemlich gut zusammen lebten, und miteinander das Haus voll Leute regierten.</p> <p>Es laͤßt sich sonst kaum einer einzigen delikaten Dame was recht genug machen, geschweige denn dreien zusammen. Theanthis vergnuͤgte durch einfaͤltige Treue, Ordnung, Fertigkeit und Munterkeit alle dreie so sehr durch etliche Jahre, daß sie solche gerne bestaͤndig behalten haͤtten, und ihr alles vertrauen mochten. Wie nun auf dieser Erde nicht leicht ein Gut ist, das nicht ein benachbartes Uebel zum Kreuz daruͤber hat, so fand sichs auch hier.</p><lb/> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [93/0093]
heiten gerieth, zumal da ihre juͤngeren Toͤchter, noch zu klein, schwach, wild und flatterhaft, mehr verderben als gut machen konnten.
Die aͤlteste Tochter aber, die Theanthis unsrer Geschichte, war nun in Diensten eines der vornehmsten Haͤuser in Archabone, einem der kleinsten See- und Handelsstaͤdtchen, das doch in bequemer und schoͤner Lage auf der Schweizerseite des akronischen Seees verschiedne große Handelshaͤuser von patricischem Adel aus Schwaben enthielt, die nach Jtalien, Frankreich und so weiter handelten, auch in Lyon eigne Haͤuser und Gewerbe hatten.
Eins dieser patricischen Handelshaͤuser hatte nun Theanthis als Koͤchin und Kinderwaͤrterin schon viele Jahre bedient, und darin dreien Damen von der edlen Familie aufzuwarten, die da ziemlich gut zusammen lebten, und miteinander das Haus voll Leute regierten.
Es laͤßt sich sonst kaum einer einzigen delikaten Dame was recht genug machen, geschweige denn dreien zusammen. Theanthis vergnuͤgte durch einfaͤltige Treue, Ordnung, Fertigkeit und Munterkeit alle dreie so sehr durch etliche Jahre, daß sie solche gerne bestaͤndig behalten haͤtten, und ihr alles vertrauen mochten. Wie nun auf dieser Erde nicht leicht ein Gut ist, das nicht ein benachbartes Uebel zum Kreuz daruͤber hat, so fand sichs auch hier.
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen … Christof Wingertszahn, Sheila Dickson, Goethe-Museum Düsseldorf/Anton-und-Katharina-Kippenberg-Stiftung, University of Glasgow: Erstellung der Transkription nach DTA-Richtlinien
(2015-06-09T11:00:00Z)
Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Matthias Boenig, Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie zu Berlin: Konvertierung nach DTA-Basisformat
(2015-06-09T11:00:00Z)
UB Uni-Bielefeld: Bereitstellung der Bilddigitalisate
(2015-06-09T11:00:00Z)
Weitere Informationen:Anmerkungen zur Transkription:
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |