Moritz, Karl Philipp (Hrsg.): Gnothi sauton oder Magazin zur Erfahrungsseelenkunde. Bd. 9, St. 2. Berlin, 1792.
Die Fenster waren kreuzweise übereinander gelegte schmale Streifen von Kienholz, mit Papier überzogen. Dieses Gemach war Wohn- Schenk- Speise- Studier- und Schlafstube zugleich. Nun denke man sich, daß diese Stube sehr stark geheizt und der Rauch, von Wind und Nässe (wie es im Winter mehrentheils der Fall ist) in die Stube zurückgetrieben, und dieselbe bis zum Ersticken damit angefüllt wird. Hier hängt schwarze Wäsche und andere schmutzige Kleidungsstücke, auf den in der Stube der Länge nach angebrachten Stangen, damit das .... im Rauche ersticke. Da hängen Würste zum trocknen, deren Fett den Menschen beständig auf die Köpfe herunter tröpfelt. Dort stehen Zöber mit saurem Kohl und rothen Rüben (die Hauptspeise der Litthauer). Jn einem Winkel das Wasser zum täglichen Gebrauche, und daneben das unreine Wasser. Hier wird Brod geknetet, gekocht, gebacken, die Kuh gemolken u.s.w. Jn dieser herrlichen Wohnung sitzen die Bauern auf der bloßen Erde (höher darf man nicht sitzen, wenn man nicht vom Rauche ersticken will), saufen Branntwein und lärmen; in einer Ecke sitzen die Hausleute; hinter dem Ofen aber saß B. J.
Die Fenster waren kreuzweise uͤbereinander gelegte schmale Streifen von Kienholz, mit Papier uͤberzogen. Dieses Gemach war Wohn- Schenk- Speise- Studier- und Schlafstube zugleich. Nun denke man sich, daß diese Stube sehr stark geheizt und der Rauch, von Wind und Naͤsse (wie es im Winter mehrentheils der Fall ist) in die Stube zuruͤckgetrieben, und dieselbe bis zum Ersticken damit angefuͤllt wird. Hier haͤngt schwarze Waͤsche und andere schmutzige Kleidungsstuͤcke, auf den in der Stube der Laͤnge nach angebrachten Stangen, damit das .... im Rauche ersticke. Da haͤngen Wuͤrste zum trocknen, deren Fett den Menschen bestaͤndig auf die Koͤpfe herunter troͤpfelt. Dort stehen Zoͤber mit saurem Kohl und rothen Ruͤben (die Hauptspeise der Litthauer). Jn einem Winkel das Wasser zum taͤglichen Gebrauche, und daneben das unreine Wasser. Hier wird Brod geknetet, gekocht, gebacken, die Kuh gemolken u.s.w. Jn dieser herrlichen Wohnung sitzen die Bauern auf der bloßen Erde (hoͤher darf man nicht sitzen, wenn man nicht vom Rauche ersticken will), saufen Branntwein und laͤrmen; in einer Ecke sitzen die Hausleute; hinter dem Ofen aber saß B. J. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <p><pb facs="#f0054" n="54"/><lb/> innen und von außen, ohne Kamin, wo blos im Dache eine kleine Oefnung zum Ausgange des Rauches angebracht ist, die, so bald man das Feuer ausgehen laͤßt, sorgfaͤltig zugemacht wird, damit die Hitze nicht herausgehe.</p> <p>Die Fenster waren kreuzweise uͤbereinander gelegte schmale Streifen von Kienholz, mit Papier uͤberzogen. Dieses Gemach war Wohn- Schenk- Speise- Studier- und Schlafstube zugleich. Nun denke man sich, daß diese Stube sehr stark geheizt und der Rauch, von Wind und Naͤsse (wie es im Winter mehrentheils der Fall ist) in die Stube zuruͤckgetrieben, und dieselbe bis zum Ersticken damit angefuͤllt wird. Hier haͤngt schwarze Waͤsche und andere schmutzige Kleidungsstuͤcke, auf den in der Stube der Laͤnge nach angebrachten Stangen, damit das <hi rendition="#b">....</hi> im Rauche ersticke. Da haͤngen Wuͤrste zum trocknen, deren Fett den Menschen bestaͤndig auf die Koͤpfe herunter troͤpfelt. Dort stehen Zoͤber mit saurem Kohl und rothen Ruͤben (die Hauptspeise der Litthauer). Jn einem Winkel das Wasser zum taͤglichen Gebrauche, und daneben das unreine Wasser. Hier wird Brod geknetet, gekocht, gebacken, die Kuh gemolken u.s.w. Jn dieser herrlichen Wohnung sitzen die Bauern auf der bloßen Erde (hoͤher darf man nicht sitzen, wenn man nicht vom Rauche ersticken will), saufen Branntwein und laͤrmen; in einer Ecke sitzen die Hausleute; hinter dem Ofen aber saß <hi rendition="#b">B. J.</hi><lb/></p> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [54/0054]
innen und von außen, ohne Kamin, wo blos im Dache eine kleine Oefnung zum Ausgange des Rauches angebracht ist, die, so bald man das Feuer ausgehen laͤßt, sorgfaͤltig zugemacht wird, damit die Hitze nicht herausgehe.
Die Fenster waren kreuzweise uͤbereinander gelegte schmale Streifen von Kienholz, mit Papier uͤberzogen. Dieses Gemach war Wohn- Schenk- Speise- Studier- und Schlafstube zugleich. Nun denke man sich, daß diese Stube sehr stark geheizt und der Rauch, von Wind und Naͤsse (wie es im Winter mehrentheils der Fall ist) in die Stube zuruͤckgetrieben, und dieselbe bis zum Ersticken damit angefuͤllt wird. Hier haͤngt schwarze Waͤsche und andere schmutzige Kleidungsstuͤcke, auf den in der Stube der Laͤnge nach angebrachten Stangen, damit das .... im Rauche ersticke. Da haͤngen Wuͤrste zum trocknen, deren Fett den Menschen bestaͤndig auf die Koͤpfe herunter troͤpfelt. Dort stehen Zoͤber mit saurem Kohl und rothen Ruͤben (die Hauptspeise der Litthauer). Jn einem Winkel das Wasser zum taͤglichen Gebrauche, und daneben das unreine Wasser. Hier wird Brod geknetet, gekocht, gebacken, die Kuh gemolken u.s.w. Jn dieser herrlichen Wohnung sitzen die Bauern auf der bloßen Erde (hoͤher darf man nicht sitzen, wenn man nicht vom Rauche ersticken will), saufen Branntwein und laͤrmen; in einer Ecke sitzen die Hausleute; hinter dem Ofen aber saß B. J.
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools
|
URL zu diesem Werk: | https://www.deutschestextarchiv.de/moritz_erfahrungsseelenkunde0902_1792 |
URL zu dieser Seite: | https://www.deutschestextarchiv.de/moritz_erfahrungsseelenkunde0902_1792/54 |
Zitationshilfe: | Moritz, Karl Philipp (Hrsg.): Gnothi sauton oder Magazin zur Erfahrungsseelenkunde. Bd. 9, St. 2. Berlin, 1792, S. 54. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moritz_erfahrungsseelenkunde0902_1792/54>, abgerufen am 17.02.2025. |