Moritz, Karl Philipp (Hrsg.): Gnothi sauton oder Magazin zur Erfahrungsseelenkunde. Bd. 9, St. 2. Berlin, 1792.
Weiter will ich der eignen Beurtheilung des Lesers nicht vorgreifen. Aber Folgerungen herzuleiten, giebt diese Erzählung Stoff genug. Die alten Zeiten sind vorbei, da Sterndeutung und Zauberei noch galten, da an Schwarzkünstler und Pfaffen noch der menschliche Verstand zu gleichen Rechten verpachtet war. Jetzt ist ihre Macht gedämpft, ihre Schattenbilder hat die Zeit verlöscht. Jene Meister sind nicht mehr, die Menschenseelen gefesselt hielten, und über ihren Verstand das Scepter schwungen. Jhre Gebeine drückt das Grab und die lange Vergessenheit. Wir sind besser als unsre Väter, uns lohnt das Schicksal mit Licht und mit Freiheit. Wir, entfesselt von dem Joche unsrer Ahnen, schlürfen mit vollen Zügen Aufklärung ein, und, begeistert von ihrer Kraft, fühlen wir uns selbst stark genug, eigne Systeme zu weben, eigne Gänge uns zu hauen zu dem Verborgenen, zu dem das unsre schaffende Seele uns weissagt, das in ihr ruht, und das sie noch nie außer sich wahrnahm. -- O kehrt nur wieder aus Euern Grä-
Weiter will ich der eignen Beurtheilung des Lesers nicht vorgreifen. Aber Folgerungen herzuleiten, giebt diese Erzaͤhlung Stoff genug. Die alten Zeiten sind vorbei, da Sterndeutung und Zauberei noch galten, da an Schwarzkuͤnstler und Pfaffen noch der menschliche Verstand zu gleichen Rechten verpachtet war. Jetzt ist ihre Macht gedaͤmpft, ihre Schattenbilder hat die Zeit verloͤscht. Jene Meister sind nicht mehr, die Menschenseelen gefesselt hielten, und uͤber ihren Verstand das Scepter schwungen. Jhre Gebeine druͤckt das Grab und die lange Vergessenheit. Wir sind besser als unsre Vaͤter, uns lohnt das Schicksal mit Licht und mit Freiheit. Wir, entfesselt von dem Joche unsrer Ahnen, schluͤrfen mit vollen Zuͤgen Aufklaͤrung ein, und, begeistert von ihrer Kraft, fuͤhlen wir uns selbst stark genug, eigne Systeme zu weben, eigne Gaͤnge uns zu hauen zu dem Verborgenen, zu dem das unsre schaffende Seele uns weissagt, das in ihr ruht, und das sie noch nie außer sich wahrnahm. — O kehrt nur wieder aus Euern Graͤ- <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <p><pb facs="#f0039" n="39"/><lb/> dadurch zum Narren geworden? Mußte man sie in Absicht auf diesen Punkt also nicht schon ihr ganzes Leben hindurch eine Naͤrrin heißen? und doch, wer haͤtte es gewagt, sie so lange von der Zahl vernuͤnftiger Menschen auszuschließen? — also —</p> <p>Weiter will ich der eignen Beurtheilung des Lesers nicht vorgreifen. Aber Folgerungen herzuleiten, giebt diese Erzaͤhlung Stoff genug. Die alten Zeiten sind vorbei, da Sterndeutung und Zauberei noch galten, da an Schwarzkuͤnstler und Pfaffen noch der menschliche Verstand zu gleichen Rechten verpachtet war. Jetzt ist ihre Macht gedaͤmpft, ihre Schattenbilder hat die Zeit verloͤscht. Jene Meister sind nicht mehr, die Menschenseelen gefesselt hielten, und uͤber ihren Verstand das Scepter schwungen. Jhre Gebeine druͤckt das Grab und die lange Vergessenheit. Wir sind besser als unsre Vaͤter, uns lohnt das Schicksal mit Licht und mit Freiheit. Wir, entfesselt von dem Joche unsrer Ahnen, schluͤrfen mit vollen Zuͤgen Aufklaͤrung ein, und, begeistert von ihrer Kraft, fuͤhlen wir uns selbst stark genug, eigne Systeme zu weben, eigne Gaͤnge uns zu hauen zu dem Verborgenen, zu dem das unsre schaffende Seele uns weissagt, das in ihr ruht, und das sie noch nie außer sich wahrnahm. — O kehrt nur wieder aus Euern Graͤ-<lb/></p> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [39/0039]
dadurch zum Narren geworden? Mußte man sie in Absicht auf diesen Punkt also nicht schon ihr ganzes Leben hindurch eine Naͤrrin heißen? und doch, wer haͤtte es gewagt, sie so lange von der Zahl vernuͤnftiger Menschen auszuschließen? — also —
Weiter will ich der eignen Beurtheilung des Lesers nicht vorgreifen. Aber Folgerungen herzuleiten, giebt diese Erzaͤhlung Stoff genug. Die alten Zeiten sind vorbei, da Sterndeutung und Zauberei noch galten, da an Schwarzkuͤnstler und Pfaffen noch der menschliche Verstand zu gleichen Rechten verpachtet war. Jetzt ist ihre Macht gedaͤmpft, ihre Schattenbilder hat die Zeit verloͤscht. Jene Meister sind nicht mehr, die Menschenseelen gefesselt hielten, und uͤber ihren Verstand das Scepter schwungen. Jhre Gebeine druͤckt das Grab und die lange Vergessenheit. Wir sind besser als unsre Vaͤter, uns lohnt das Schicksal mit Licht und mit Freiheit. Wir, entfesselt von dem Joche unsrer Ahnen, schluͤrfen mit vollen Zuͤgen Aufklaͤrung ein, und, begeistert von ihrer Kraft, fuͤhlen wir uns selbst stark genug, eigne Systeme zu weben, eigne Gaͤnge uns zu hauen zu dem Verborgenen, zu dem das unsre schaffende Seele uns weissagt, das in ihr ruht, und das sie noch nie außer sich wahrnahm. — O kehrt nur wieder aus Euern Graͤ-
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