Moritz, Karl Philipp (Hrsg.): Gnothi sauton oder Magazin zur Erfahrungsseelenkunde. Bd. 9, St. 2. Berlin, 1792.
Den Eigensinn, den sie bei dem Auftritte mit dem Korbe bewies, glaube ich blos davon herleiten zu können, daß sie, um allen Argwohn von Verrückung zu verhindern, zeigen wollte, sie habe es mit guter Ueberlegung gethan. Sie schwieg auch still, da man weiter nichts darüber erwähnte. Man wird finden, daß sie besonders sehr die Hüner beschäftigten. Sie glaubte Basiliske; sollte das etwa die Ursache gewesen seyn? oder sollte es sich von dem Gedanken hergeschrieben haben: sieh, die sollst du heute tödten! Betrachten wir diese Geschichte als Beispiel für meine obigen Sätze; so werden wir darin, wie ich glaube, Bestätigungen genug für dieselben finden. -- Wann fieng diese Person an, eine Närrin zu werden? den letzten Tag? nein! den Tag, da die Wahrsagerin zu ihr kam; aber welcher Mensch, der solche Jdeen nicht schon vorher immer zu seinem Hauptgegenstande gemacht hätte, wäre wohl
Den Eigensinn, den sie bei dem Auftritte mit dem Korbe bewies, glaube ich blos davon herleiten zu koͤnnen, daß sie, um allen Argwohn von Verruͤckung zu verhindern, zeigen wollte, sie habe es mit guter Ueberlegung gethan. Sie schwieg auch still, da man weiter nichts daruͤber erwaͤhnte. Man wird finden, daß sie besonders sehr die Huͤner beschaͤftigten. Sie glaubte Basiliske; sollte das etwa die Ursache gewesen seyn? oder sollte es sich von dem Gedanken hergeschrieben haben: sieh, die sollst du heute toͤdten! Betrachten wir diese Geschichte als Beispiel fuͤr meine obigen Saͤtze; so werden wir darin, wie ich glaube, Bestaͤtigungen genug fuͤr dieselben finden. — Wann fieng diese Person an, eine Naͤrrin zu werden? den letzten Tag? nein! den Tag, da die Wahrsagerin zu ihr kam; aber welcher Mensch, der solche Jdeen nicht schon vorher immer zu seinem Hauptgegenstande gemacht haͤtte, waͤre wohl <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <p><pb facs="#f0038" n="38"/><lb/> thoͤricht daͤchte, und daß sie sich in einem ungewoͤhnlichen und ungluͤcklichen Zustande befaͤnde. Allein wer weiß durch was fuͤr heftige aͤußere Veranlassungen diese Einsicht bei ihr hervorgebracht worden. Sie stand beim Feuer; vielleicht daß, durch die Reitze von Licht und Hitze, ihre Organe thaͤtig wurden, sie auf andre Gegenstaͤnde aufmerksam, und so in ihrem Nachdenken zerstreut ward, u.s.w.</p> <p>Den Eigensinn, den sie bei dem Auftritte mit dem Korbe bewies, glaube ich blos davon herleiten zu koͤnnen, daß sie, um allen Argwohn von Verruͤckung zu verhindern, zeigen wollte, sie habe es mit guter Ueberlegung gethan. Sie schwieg auch still, da man weiter nichts daruͤber erwaͤhnte.</p> <p>Man wird finden, daß sie besonders sehr die Huͤner beschaͤftigten. Sie glaubte Basiliske; sollte das etwa die Ursache gewesen seyn? oder sollte es sich von dem Gedanken hergeschrieben haben: sieh, die sollst du heute toͤdten!</p> <p>Betrachten wir diese Geschichte als Beispiel fuͤr meine obigen Saͤtze; so werden wir darin, wie ich glaube, Bestaͤtigungen genug fuͤr dieselben finden. — Wann fieng diese Person an, eine Naͤrrin zu werden? den letzten Tag? nein! den Tag, da die Wahrsagerin zu ihr kam; aber welcher Mensch, der solche Jdeen nicht schon vorher immer zu seinem Hauptgegenstande gemacht haͤtte, waͤre wohl<lb/></p> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [38/0038]
thoͤricht daͤchte, und daß sie sich in einem ungewoͤhnlichen und ungluͤcklichen Zustande befaͤnde. Allein wer weiß durch was fuͤr heftige aͤußere Veranlassungen diese Einsicht bei ihr hervorgebracht worden. Sie stand beim Feuer; vielleicht daß, durch die Reitze von Licht und Hitze, ihre Organe thaͤtig wurden, sie auf andre Gegenstaͤnde aufmerksam, und so in ihrem Nachdenken zerstreut ward, u.s.w.
Den Eigensinn, den sie bei dem Auftritte mit dem Korbe bewies, glaube ich blos davon herleiten zu koͤnnen, daß sie, um allen Argwohn von Verruͤckung zu verhindern, zeigen wollte, sie habe es mit guter Ueberlegung gethan. Sie schwieg auch still, da man weiter nichts daruͤber erwaͤhnte.
Man wird finden, daß sie besonders sehr die Huͤner beschaͤftigten. Sie glaubte Basiliske; sollte das etwa die Ursache gewesen seyn? oder sollte es sich von dem Gedanken hergeschrieben haben: sieh, die sollst du heute toͤdten!
Betrachten wir diese Geschichte als Beispiel fuͤr meine obigen Saͤtze; so werden wir darin, wie ich glaube, Bestaͤtigungen genug fuͤr dieselben finden. — Wann fieng diese Person an, eine Naͤrrin zu werden? den letzten Tag? nein! den Tag, da die Wahrsagerin zu ihr kam; aber welcher Mensch, der solche Jdeen nicht schon vorher immer zu seinem Hauptgegenstande gemacht haͤtte, waͤre wohl
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools
|
URL zu diesem Werk: | https://www.deutschestextarchiv.de/moritz_erfahrungsseelenkunde0902_1792 |
URL zu dieser Seite: | https://www.deutschestextarchiv.de/moritz_erfahrungsseelenkunde0902_1792/38 |
Zitationshilfe: | Moritz, Karl Philipp (Hrsg.): Gnothi sauton oder Magazin zur Erfahrungsseelenkunde. Bd. 9, St. 2. Berlin, 1792, S. 38. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moritz_erfahrungsseelenkunde0902_1792/38>, abgerufen am 16.02.2025. |