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Moritz, Karl Philipp (Hrsg.): Gnothi sauton oder Magazin zur Erfahrungsseelenkunde. Bd. 9, St. 2. Berlin, 1792.

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und seiner Architektonik der Begriffe zu sehen, welche letztern, ihm selbst zu wenig genugthuend, er anfänglich nie Sinn hatte, selbst heraus zu geben, ohne zu sehr gedrungen zu seyn, weil die größte Theurung und doch Nichtachtung, freien und reinen Grundverstandes herrschte, da er selbst behauptete, die Logik sey noch lange nicht vollkommen genug, um zur Metaphysik recht anwendbar zu seyn, die eigens erforderliche logische Causalmethode darzu sey noch nicht erfunden, auch noch nicht der Schlüssel, das fruchtbarste richtige Eröfnungsprinzip darzu, das auch der universalgelehrte Sulzer mit der ganzen Berlinischen Akademie der Wissenschaften damals unter den Denkern desiderirte und suchte, wie dergleichen die Preisaufgabe über die metaphysische Evidenz voraussetzend zu verstehen gab.

Obereit gesteht, daß er das fruchtbarste und durchgängig bestimmende Prinzip auch in der spekulativen Spekulationskritik von Kant überall suchte, und nicht zu finden das Glück oder Geschick hatte, daher an ihr Grundmangel a priori natürlich bei allen Hauptsachen zu sehen dachte, und dieselben ad interim für sich und mögliche Grundesfreunde, so gut er konnte, in dem Aufklärungsversuch zu ersetzen suchte.

Obereit hatte zwar die erste Vernunftkritik jetzt besser verstehen gelernt, aber mit der neuen Theorie des Vorstellungsvermögens, die ihm hauptsächlich genetisch einleuchtete, konnte sein alter Kopf nun


und seiner Architektonik der Begriffe zu sehen, welche letztern, ihm selbst zu wenig genugthuend, er anfaͤnglich nie Sinn hatte, selbst heraus zu geben, ohne zu sehr gedrungen zu seyn, weil die groͤßte Theurung und doch Nichtachtung, freien und reinen Grundverstandes herrschte, da er selbst behauptete, die Logik sey noch lange nicht vollkommen genug, um zur Metaphysik recht anwendbar zu seyn, die eigens erforderliche logische Causalmethode darzu sey noch nicht erfunden, auch noch nicht der Schluͤssel, das fruchtbarste richtige Eroͤfnungsprinzip darzu, das auch der universalgelehrte Sulzer mit der ganzen Berlinischen Akademie der Wissenschaften damals unter den Denkern desiderirte und suchte, wie dergleichen die Preisaufgabe uͤber die metaphysische Evidenz voraussetzend zu verstehen gab.

Obereit gesteht, daß er das fruchtbarste und durchgaͤngig bestimmende Prinzip auch in der spekulativen Spekulationskritik von Kant uͤberall suchte, und nicht zu finden das Gluͤck oder Geschick hatte, daher an ihr Grundmangel a priori natuͤrlich bei allen Hauptsachen zu sehen dachte, und dieselben ad interim fuͤr sich und moͤgliche Grundesfreunde, so gut er konnte, in dem Aufklaͤrungsversuch zu ersetzen suchte.

Obereit hatte zwar die erste Vernunftkritik jetzt besser verstehen gelernt, aber mit der neuen Theorie des Vorstellungsvermoͤgens, die ihm hauptsaͤchlich genetisch einleuchtete, konnte sein alter Kopf nun

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[133/0133] und seiner Architektonik der Begriffe zu sehen, welche letztern, ihm selbst zu wenig genugthuend, er anfaͤnglich nie Sinn hatte, selbst heraus zu geben, ohne zu sehr gedrungen zu seyn, weil die groͤßte Theurung und doch Nichtachtung, freien und reinen Grundverstandes herrschte, da er selbst behauptete, die Logik sey noch lange nicht vollkommen genug, um zur Metaphysik recht anwendbar zu seyn, die eigens erforderliche logische Causalmethode darzu sey noch nicht erfunden, auch noch nicht der Schluͤssel, das fruchtbarste richtige Eroͤfnungsprinzip darzu, das auch der universalgelehrte Sulzer mit der ganzen Berlinischen Akademie der Wissenschaften damals unter den Denkern desiderirte und suchte, wie dergleichen die Preisaufgabe uͤber die metaphysische Evidenz voraussetzend zu verstehen gab. Obereit gesteht, daß er das fruchtbarste und durchgaͤngig bestimmende Prinzip auch in der spekulativen Spekulationskritik von Kant uͤberall suchte, und nicht zu finden das Gluͤck oder Geschick hatte, daher an ihr Grundmangel a priori natuͤrlich bei allen Hauptsachen zu sehen dachte, und dieselben ad interim fuͤr sich und moͤgliche Grundesfreunde, so gut er konnte, in dem Aufklaͤrungsversuch zu ersetzen suchte. Obereit hatte zwar die erste Vernunftkritik jetzt besser verstehen gelernt, aber mit der neuen Theorie des Vorstellungsvermoͤgens, die ihm hauptsaͤchlich genetisch einleuchtete, konnte sein alter Kopf nun

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Zitationshilfe: Moritz, Karl Philipp (Hrsg.): Gnothi sauton oder Magazin zur Erfahrungsseelenkunde. Bd. 9, St. 2. Berlin, 1792, S. 133. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moritz_erfahrungsseelenkunde0902_1792/133>, abgerufen am 04.12.2024.