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Moritz, Karl Philipp (Hrsg.): Gnothi sauton oder Magazin zur Erfahrungsseelenkunde. Bd. 9, St. 2. Berlin, 1792.

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hat den Schaden mit einem Blick des Durchmessers im Grund eingesehen, und ganz simpel gezeigt, daß Wolf und auch die größten seiner Nachfolger die mathematische Methode nur halb, nicht vollständig gebraucht haben, und daher in alle Fehler der Halbdenker und Halbmesser, die überall in der That zu kurz kommen, gefallen sind, daß man hingegen, vom Capitalfehler weg, aufs äußerste bemerken und besorgen müsse, die mathematische Methode vollständig, ganz Euklidisch im Geist, nicht Buchstaben der äußern Form, zu beobachten, um durchgängig bestimmte Generalbegriffe, wie den des Zirkels, Triangels etc. zu bekommen, die denn auch durchgängig richtig anwendbar seyen, ja nach denen, wenn was darnach zu messen möglich, der Mathematiker sogleich seine Dimension recht anbringen könne, ohne vorher weitere Veränderung und Berichtigung des Begriffes oder Satzes zu richtiger Meßbarkeit zu bedürfen, wie bisher der Fall insgemein war. --

Jst diese absolut nothwendige Lambertische Forderung nicht von aller Philosophenwelt, außer Kant, bisher vergessen worden? Vertrakt! Jst je deren Erfüllung in Philosophie zu vollem Bewußtseyn gekommen? Jst wohl das Bewußtseyn an sich selber, der Tag der Seele, ihr Gewißheitsmaaß nach Lambert, noch nie zu ganzem Bewußtseyn seiner selbst bei der ganzen Welt gekommen? Wo je?



hat den Schaden mit einem Blick des Durchmessers im Grund eingesehen, und ganz simpel gezeigt, daß Wolf und auch die groͤßten seiner Nachfolger die mathematische Methode nur halb, nicht vollstaͤndig gebraucht haben, und daher in alle Fehler der Halbdenker und Halbmesser, die uͤberall in der That zu kurz kommen, gefallen sind, daß man hingegen, vom Capitalfehler weg, aufs aͤußerste bemerken und besorgen muͤsse, die mathematische Methode vollstaͤndig, ganz Euklidisch im Geist, nicht Buchstaben der aͤußern Form, zu beobachten, um durchgaͤngig bestimmte Generalbegriffe, wie den des Zirkels, Triangels etc. zu bekommen, die denn auch durchgaͤngig richtig anwendbar seyen, ja nach denen, wenn was darnach zu messen moͤglich, der Mathematiker sogleich seine Dimension recht anbringen koͤnne, ohne vorher weitere Veraͤnderung und Berichtigung des Begriffes oder Satzes zu richtiger Meßbarkeit zu beduͤrfen, wie bisher der Fall insgemein war. —

Jst diese absolut nothwendige Lambertische Forderung nicht von aller Philosophenwelt, außer Kant, bisher vergessen worden? Vertrakt! Jst je deren Erfuͤllung in Philosophie zu vollem Bewußtseyn gekommen? Jst wohl das Bewußtseyn an sich selber, der Tag der Seele, ihr Gewißheitsmaaß nach Lambert, noch nie zu ganzem Bewußtseyn seiner selbst bei der ganzen Welt gekommen? Wo je?


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[131/0131] hat den Schaden mit einem Blick des Durchmessers im Grund eingesehen, und ganz simpel gezeigt, daß Wolf und auch die groͤßten seiner Nachfolger die mathematische Methode nur halb, nicht vollstaͤndig gebraucht haben, und daher in alle Fehler der Halbdenker und Halbmesser, die uͤberall in der That zu kurz kommen, gefallen sind, daß man hingegen, vom Capitalfehler weg, aufs aͤußerste bemerken und besorgen muͤsse, die mathematische Methode vollstaͤndig, ganz Euklidisch im Geist, nicht Buchstaben der aͤußern Form, zu beobachten, um durchgaͤngig bestimmte Generalbegriffe, wie den des Zirkels, Triangels etc. zu bekommen, die denn auch durchgaͤngig richtig anwendbar seyen, ja nach denen, wenn was darnach zu messen moͤglich, der Mathematiker sogleich seine Dimension recht anbringen koͤnne, ohne vorher weitere Veraͤnderung und Berichtigung des Begriffes oder Satzes zu richtiger Meßbarkeit zu beduͤrfen, wie bisher der Fall insgemein war. — Jst diese absolut nothwendige Lambertische Forderung nicht von aller Philosophenwelt, außer Kant, bisher vergessen worden? Vertrakt! Jst je deren Erfuͤllung in Philosophie zu vollem Bewußtseyn gekommen? Jst wohl das Bewußtseyn an sich selber, der Tag der Seele, ihr Gewißheitsmaaß nach Lambert, noch nie zu ganzem Bewußtseyn seiner selbst bei der ganzen Welt gekommen? Wo je?

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Zitationshilfe: Moritz, Karl Philipp (Hrsg.): Gnothi sauton oder Magazin zur Erfahrungsseelenkunde. Bd. 9, St. 2. Berlin, 1792, S. 131. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moritz_erfahrungsseelenkunde0902_1792/131>, abgerufen am 26.11.2024.