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Moritz, Karl Philipp (Hrsg.): Gnothi sauton oder Magazin zur Erfahrungsseelenkunde. Bd. 9, St. 2. Berlin, 1792.

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tion. Da giengs recht nach des alten seeligen Johann Jacob Mosers Verschen:

Nachdem das Herz den Kopf gelehrt,

Hat dieser sich ganz umgekehrt,

Auch in den Grundideen.*)

Das ist auch wohl die allerälteste Gelehrsamkeit der Menschenkinder, bei schiefem Herzen die schlimmsten werdend, bei gradem reinem die besten

*) Jch kann mir nicht vorstellen, daß das Herz den Kopf lehre, man nähme denn an, daß das Herz (Gefühlsvermögen) dem Kopfe (Erkenntnißvermögen) ihm bisher unbekannte Gefühle zum Vergleichen darbiete. Diese Gefühle müßten also an sich evident seyn. Das moralische Gefühl aber hat seinen Grund nicht im Herzen, sondern im Kopfe (in der Vernunft), und sein Daseyn als Gefühl kann noch immer in Zweifel gezogen werden. Hier ist also der Fall umgekehrt, der Kopf oder die Vernunft muß dem Herzen ein Gefühl (Achtung fürs Gesetz), als Folge ihrer Jdee, durch einen Machtspruch aufdringen, d.h. es belehren. S. M.


tion. Da giengs recht nach des alten seeligen Johann Jacob Mosers Verschen:

Nachdem das Herz den Kopf gelehrt,

Hat dieser sich ganz umgekehrt,

Auch in den Grundideen.*)

Das ist auch wohl die alleraͤlteste Gelehrsamkeit der Menschenkinder, bei schiefem Herzen die schlimmsten werdend, bei gradem reinem die besten

*) Jch kann mir nicht vorstellen, daß das Herz den Kopf lehre, man naͤhme denn an, daß das Herz (Gefuͤhlsvermoͤgen) dem Kopfe (Erkenntnißvermoͤgen) ihm bisher unbekannte Gefuͤhle zum Vergleichen darbiete. Diese Gefuͤhle muͤßten also an sich evident seyn. Das moralische Gefuͤhl aber hat seinen Grund nicht im Herzen, sondern im Kopfe (in der Vernunft), und sein Daseyn als Gefuͤhl kann noch immer in Zweifel gezogen werden. Hier ist also der Fall umgekehrt, der Kopf oder die Vernunft muß dem Herzen ein Gefuͤhl (Achtung fuͤrs Gesetz), als Folge ihrer Jdee, durch einen Machtspruch aufdringen, d.h. es belehren. S. M.
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[113/0113] tion. Da giengs recht nach des alten seeligen Johann Jacob Mosers Verschen: Nachdem das Herz den Kopf gelehrt, Hat dieser sich ganz umgekehrt, Auch in den Grundideen.*) Das ist auch wohl die alleraͤlteste Gelehrsamkeit der Menschenkinder, bei schiefem Herzen die schlimmsten werdend, bei gradem reinem die besten *) Jch kann mir nicht vorstellen, daß das Herz den Kopf lehre, man naͤhme denn an, daß das Herz (Gefuͤhlsvermoͤgen) dem Kopfe (Erkenntnißvermoͤgen) ihm bisher unbekannte Gefuͤhle zum Vergleichen darbiete. Diese Gefuͤhle muͤßten also an sich evident seyn. Das moralische Gefuͤhl aber hat seinen Grund nicht im Herzen, sondern im Kopfe (in der Vernunft), und sein Daseyn als Gefuͤhl kann noch immer in Zweifel gezogen werden. Hier ist also der Fall umgekehrt, der Kopf oder die Vernunft muß dem Herzen ein Gefuͤhl (Achtung fuͤrs Gesetz), als Folge ihrer Jdee, durch einen Machtspruch aufdringen, d.h. es belehren. S. M.

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Zitationshilfe: Moritz, Karl Philipp (Hrsg.): Gnothi sauton oder Magazin zur Erfahrungsseelenkunde. Bd. 9, St. 2. Berlin, 1792, S. 113. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moritz_erfahrungsseelenkunde0902_1792/113>, abgerufen am 25.11.2024.