Moritz, Karl Philipp (Hrsg.): Gnothi sauton oder Magazin zur Erfahrungsseelenkunde. Bd. 9, St. 1. Berlin, 1792.Er beschloß daher, von da, zum wenigsten für jetzt, nicht weiter zu gehn, und allenfalls, wenn es hoch kommen sollte, sich vor die Synagoge zu legen, und entweder da zu sterben, oder das Mitleiden seiner Mitbrüder zu erregen, und dadurch seinem Leiden ein Ende zu machen. Sobald daher sein Kamerad am Morgen aufwachte, sich zum Bettelngehn anschickte, und den B. J. gleichfalls dazu aufforderte, antwortete ihm dieser, daß er jetzt nicht mitgehen wolle, und da dieser ihn fragte, wie er doch auf eine andere Art sein Leben zu erhalten dächte, konnte er nichts mehr antworten, als: Gott wird schon helfen. Darauf gieng er nach der Judenschule. Hier fand er einige junge Schüler, die theils lasen, theils aber auch sich die Abwesenheit ihres Lehrers zu Nutze machten, und die Zeit mit Spielen zubrachten. B. J. nahm auch ein Buch zum Lesen. Jene, denen sein seltsamer Anzug auffiel, näherten sich ihm, fragten ihn, woher er komme? und was sein Vorhaben sey? B. J. beantwortete ihnen diese Fragen in seiner litthauischen Sprache, worüber jene zu lachen, und sich über ihn lustig zu machen anfiengen. B. J. kehrte sich wenig daran; und da er sich erinnerte, daß vor einigen Jahren ein Oberrabbiner aus seiner Gegend zum Oberrabbiner in Posen aufgenommen sey, und dieser einen Bekann- Er beschloß daher, von da, zum wenigsten fuͤr jetzt, nicht weiter zu gehn, und allenfalls, wenn es hoch kommen sollte, sich vor die Synagoge zu legen, und entweder da zu sterben, oder das Mitleiden seiner Mitbruͤder zu erregen, und dadurch seinem Leiden ein Ende zu machen. Sobald daher sein Kamerad am Morgen aufwachte, sich zum Bettelngehn anschickte, und den B. J. gleichfalls dazu aufforderte, antwortete ihm dieser, daß er jetzt nicht mitgehen wolle, und da dieser ihn fragte, wie er doch auf eine andere Art sein Leben zu erhalten daͤchte, konnte er nichts mehr antworten, als: Gott wird schon helfen. Darauf gieng er nach der Judenschule. Hier fand er einige junge Schuͤler, die theils lasen, theils aber auch sich die Abwesenheit ihres Lehrers zu Nutze machten, und die Zeit mit Spielen zubrachten. B. J. nahm auch ein Buch zum Lesen. Jene, denen sein seltsamer Anzug auffiel, naͤherten sich ihm, fragten ihn, woher er komme? und was sein Vorhaben sey? B. J. beantwortete ihnen diese Fragen in seiner litthauischen Sprache, woruͤber jene zu lachen, und sich uͤber ihn lustig zu machen anfiengen. B. J. kehrte sich wenig daran; und da er sich erinnerte, daß vor einigen Jahren ein Oberrabbiner aus seiner Gegend zum Oberrabbiner in Posen aufgenommen sey, und dieser einen Bekann- <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <pb facs="#f0059" n="57"/><lb/> <p>Er beschloß daher, von da, zum wenigsten fuͤr jetzt, nicht weiter zu gehn, und allenfalls, wenn es hoch kommen sollte, sich vor die Synagoge zu legen, und entweder da zu sterben, oder das Mitleiden seiner Mitbruͤder zu erregen, und dadurch seinem Leiden ein Ende zu machen.</p> <p>Sobald daher sein Kamerad am Morgen aufwachte, sich zum Bettelngehn anschickte, und den <hi rendition="#b"><persName ref="#ref0003"><note type="editorial">Maimon, Salomon</note>B. J.</persName></hi> gleichfalls dazu aufforderte, antwortete ihm dieser, daß er jetzt nicht mitgehen wolle, und da dieser ihn fragte, wie er doch auf eine andere Art sein Leben zu erhalten daͤchte, konnte er nichts mehr antworten, als: Gott wird schon helfen.</p> <p>Darauf gieng er nach der Judenschule. Hier fand er einige junge Schuͤler, die theils lasen, theils aber auch sich die Abwesenheit ihres Lehrers zu Nutze machten, und die Zeit mit Spielen zubrachten.</p> <p><hi rendition="#b"><persName ref="#ref0003"><note type="editorial">Maimon, Salomon</note>B. J.</persName></hi> nahm auch ein Buch zum Lesen. Jene, denen sein seltsamer Anzug auffiel, naͤherten sich ihm, fragten ihn, woher er komme? und was sein Vorhaben sey? <hi rendition="#b"><persName ref="#ref0003"><note type="editorial">Maimon, Salomon</note>B. J.</persName></hi> beantwortete ihnen diese Fragen in seiner litthauischen Sprache, woruͤber jene zu lachen, und sich uͤber ihn lustig zu machen anfiengen.</p> <p><hi rendition="#b"><persName ref="#ref0003"><note type="editorial">Maimon, Salomon</note>B. J.</persName></hi> kehrte sich wenig daran; und da er sich erinnerte, daß vor einigen Jahren ein Oberrabbiner aus seiner Gegend zum Oberrabbiner in Posen aufgenommen sey, und dieser einen Bekann-<lb/></p> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [57/0059]
Er beschloß daher, von da, zum wenigsten fuͤr jetzt, nicht weiter zu gehn, und allenfalls, wenn es hoch kommen sollte, sich vor die Synagoge zu legen, und entweder da zu sterben, oder das Mitleiden seiner Mitbruͤder zu erregen, und dadurch seinem Leiden ein Ende zu machen.
Sobald daher sein Kamerad am Morgen aufwachte, sich zum Bettelngehn anschickte, und den B. J. gleichfalls dazu aufforderte, antwortete ihm dieser, daß er jetzt nicht mitgehen wolle, und da dieser ihn fragte, wie er doch auf eine andere Art sein Leben zu erhalten daͤchte, konnte er nichts mehr antworten, als: Gott wird schon helfen.
Darauf gieng er nach der Judenschule. Hier fand er einige junge Schuͤler, die theils lasen, theils aber auch sich die Abwesenheit ihres Lehrers zu Nutze machten, und die Zeit mit Spielen zubrachten.
B. J. nahm auch ein Buch zum Lesen. Jene, denen sein seltsamer Anzug auffiel, naͤherten sich ihm, fragten ihn, woher er komme? und was sein Vorhaben sey? B. J. beantwortete ihnen diese Fragen in seiner litthauischen Sprache, woruͤber jene zu lachen, und sich uͤber ihn lustig zu machen anfiengen.
B. J. kehrte sich wenig daran; und da er sich erinnerte, daß vor einigen Jahren ein Oberrabbiner aus seiner Gegend zum Oberrabbiner in Posen aufgenommen sey, und dieser einen Bekann-
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