Moritz, Karl Philipp (Hrsg.): Gnothi sauton oder Magazin zur Erfahrungsseelenkunde. Bd. 9, St. 1. Berlin, 1792.
Am Morgen setzte er seine Reise fort, indem er vorher nach einem Orte fragte, wo Juden wohnten, damit er in die Synagoge gehen, und die Klaglieder über die Zerstörung Jerusalems mit seinen Brüdern singen könnte. Dieses geschahe. Nach Endigung des Betens und Singens (ungefähr gegen Mittagszeit) gieng er zu dem jüdischen Schulmeister dieses Orts, und unterredete sich mit ihm; und da dieser merkte, daß B. J. ein vollkommener Rabbiner sey, fing er an, sich für ihn zu interessieren, und verschafte ihm bei einem Juden ein Abendessen, und gab ihm auch ein Empfehlungsschreiben an einen andern Schulmeister im nächsten Orte mit, worin er B. J. als einen großen Talmudisten und ehrwürdigen Rabbiner rekommandirte. B. J. fand hier auch ziemlich gute Aufnahme, wurde von dem angesehensten und reichsten Juden dieses Orts zum Sabathessen eingeladen, und gieng in die Synagoge, wo man ihm die oberste Stelle anwies, und alle einem Rabbiner gewöhnlich zukommende Ehrenbezeigungen erwies. Nach Endigung des Gottesdienstes nahm ihn der gedachte reiche Jude mit nach Hause, und wies ihm am Tische den obersten Platz an, nehmlich zwischen sich und seiner Tochter. Diese war ein junges
Am Morgen setzte er seine Reise fort, indem er vorher nach einem Orte fragte, wo Juden wohnten, damit er in die Synagoge gehen, und die Klaglieder uͤber die Zerstoͤrung Jerusalems mit seinen Bruͤdern singen koͤnnte. Dieses geschahe. Nach Endigung des Betens und Singens (ungefaͤhr gegen Mittagszeit) gieng er zu dem juͤdischen Schulmeister dieses Orts, und unterredete sich mit ihm; und da dieser merkte, daß B. J. ein vollkommener Rabbiner sey, fing er an, sich fuͤr ihn zu interessieren, und verschafte ihm bei einem Juden ein Abendessen, und gab ihm auch ein Empfehlungsschreiben an einen andern Schulmeister im naͤchsten Orte mit, worin er B. J. als einen großen Talmudisten und ehrwuͤrdigen Rabbiner rekommandirte. B. J. fand hier auch ziemlich gute Aufnahme, wurde von dem angesehensten und reichsten Juden dieses Orts zum Sabathessen eingeladen, und gieng in die Synagoge, wo man ihm die oberste Stelle anwies, und alle einem Rabbiner gewoͤhnlich zukommende Ehrenbezeigungen erwies. Nach Endigung des Gottesdienstes nahm ihn der gedachte reiche Jude mit nach Hause, und wies ihm am Tische den obersten Platz an, nehmlich zwischen sich und seiner Tochter. Diese war ein junges <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <p><pb facs="#f0051" n="49"/><lb/> Glas Bier, und gieng nach dem Stalle aufs Stroh, um zu schlafen.</p> <p>Am Morgen setzte er seine Reise fort, indem er vorher nach einem Orte fragte, wo Juden wohnten, damit er in die Synagoge gehen, und die Klaglieder uͤber die Zerstoͤrung Jerusalems mit seinen Bruͤdern singen koͤnnte.</p> <p>Dieses geschahe. Nach Endigung des Betens und Singens (ungefaͤhr gegen Mittagszeit) gieng er zu dem juͤdischen Schulmeister dieses Orts, und unterredete sich mit ihm; und da dieser merkte, daß <hi rendition="#b"><persName ref="#ref0003"><note type="editorial">Maimon, Salomon</note>B. J.</persName></hi> ein vollkommener Rabbiner sey, fing er an, sich fuͤr ihn zu interessieren, und verschafte ihm bei einem Juden ein Abendessen, und gab ihm auch ein Empfehlungsschreiben an einen andern Schulmeister im naͤchsten Orte mit, worin er <hi rendition="#b"><persName ref="#ref0003"><note type="editorial">Maimon, Salomon</note>B. J.</persName></hi> als einen großen Talmudisten und ehrwuͤrdigen Rabbiner rekommandirte.</p> <p><hi rendition="#b"><persName ref="#ref0003"><note type="editorial">Maimon, Salomon</note>B. J.</persName></hi> fand hier auch ziemlich gute Aufnahme, wurde von dem angesehensten und reichsten Juden dieses Orts zum Sabathessen eingeladen, und gieng in die Synagoge, wo man ihm die oberste Stelle anwies, und alle einem Rabbiner gewoͤhnlich zukommende Ehrenbezeigungen erwies.</p> <p>Nach Endigung des Gottesdienstes nahm ihn der gedachte reiche Jude mit nach Hause, und wies ihm am Tische den obersten Platz an, nehmlich zwischen sich und seiner Tochter. Diese war ein junges<lb/></p> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [49/0051]
Glas Bier, und gieng nach dem Stalle aufs Stroh, um zu schlafen.
Am Morgen setzte er seine Reise fort, indem er vorher nach einem Orte fragte, wo Juden wohnten, damit er in die Synagoge gehen, und die Klaglieder uͤber die Zerstoͤrung Jerusalems mit seinen Bruͤdern singen koͤnnte.
Dieses geschahe. Nach Endigung des Betens und Singens (ungefaͤhr gegen Mittagszeit) gieng er zu dem juͤdischen Schulmeister dieses Orts, und unterredete sich mit ihm; und da dieser merkte, daß B. J. ein vollkommener Rabbiner sey, fing er an, sich fuͤr ihn zu interessieren, und verschafte ihm bei einem Juden ein Abendessen, und gab ihm auch ein Empfehlungsschreiben an einen andern Schulmeister im naͤchsten Orte mit, worin er B. J. als einen großen Talmudisten und ehrwuͤrdigen Rabbiner rekommandirte.
B. J. fand hier auch ziemlich gute Aufnahme, wurde von dem angesehensten und reichsten Juden dieses Orts zum Sabathessen eingeladen, und gieng in die Synagoge, wo man ihm die oberste Stelle anwies, und alle einem Rabbiner gewoͤhnlich zukommende Ehrenbezeigungen erwies.
Nach Endigung des Gottesdienstes nahm ihn der gedachte reiche Jude mit nach Hause, und wies ihm am Tische den obersten Platz an, nehmlich zwischen sich und seiner Tochter. Diese war ein junges
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