Moritz, Karl Philipp (Hrsg.): Gnothi sauton oder Magazin zur Erfahrungsseelenkunde. Bd. 9, St. 1. Berlin, 1792.
Selbst der Prediger gerieth darüber in Erstaunen und Verwunderung, als er sahe, daß es B. J. in einer kurzen Zeit viel weiter als er selbst darin gebracht hatte, und in die Tiefen dieser Wissenschaft eingedrungen war. B. J. wollte sich aber dennoch mit der litterarischen Kenntniß dieser Wissenschaft nicht befriedigen, er suchte in ihren Geist einzudringen; und da er bemerkte, daß diese ganze Wissenschaft, wenn sie diesen Nahmen verdienen sollte, nichts anders als die Geheimnisse der Natur in Fabeln und Allegorien eingehüllet, seyn könne; so bemühte er sich diese Geheimnisse ausfindig zu machen, und dadurch seine bloße litterarische Erkenntniß zu einer Vernunfterkenntniß zu erheben. Er konnte aber dieses damals nur auf eine sehr unvollständige Art bewerkstelligen, weil er noch sehr wenige Begriffe von Wissenschaften überhaupt hatte. Doch gerieth er von selbst durch eignes Nachdenken auf viele Applikationen dieser Art. Er erklärte sich z.B. gleich die erste Jnstanz, womit die Kabalisten gemeiniglich ihre Wissenschaft anfangen. Nehmlich: ehe die Welt erschaffen worden ist, hatte das göttliche Wesen allein den ganzen unend-
Selbst der Prediger gerieth daruͤber in Erstaunen und Verwunderung, als er sahe, daß es B. J. in einer kurzen Zeit viel weiter als er selbst darin gebracht hatte, und in die Tiefen dieser Wissenschaft eingedrungen war. B. J. wollte sich aber dennoch mit der litterarischen Kenntniß dieser Wissenschaft nicht befriedigen, er suchte in ihren Geist einzudringen; und da er bemerkte, daß diese ganze Wissenschaft, wenn sie diesen Nahmen verdienen sollte, nichts anders als die Geheimnisse der Natur in Fabeln und Allegorien eingehuͤllet, seyn koͤnne; so bemuͤhte er sich diese Geheimnisse ausfindig zu machen, und dadurch seine bloße litterarische Erkenntniß zu einer Vernunfterkenntniß zu erheben. Er konnte aber dieses damals nur auf eine sehr unvollstaͤndige Art bewerkstelligen, weil er noch sehr wenige Begriffe von Wissenschaften uͤberhaupt hatte. Doch gerieth er von selbst durch eignes Nachdenken auf viele Applikationen dieser Art. Er erklaͤrte sich z.B. gleich die erste Jnstanz, womit die Kabalisten gemeiniglich ihre Wissenschaft anfangen. Nehmlich: ehe die Welt erschaffen worden ist, hatte das goͤttliche Wesen allein den ganzen unend- <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <p><pb facs="#f0040" n="38"/><lb/> Gebrauch zu machen. Es war keine Stelle in der heiligen Schrift, oder im Talmud anzutreffen, deren geheimen Sinn er nicht aus kabalistischen Prinzipien, mit der groͤßten Fertigkeit haͤtte herauswickeln koͤnnen.</p> <p>Selbst der Prediger gerieth daruͤber in Erstaunen und Verwunderung, als er sahe, daß es <hi rendition="#b"><persName ref="#ref0003"><note type="editorial">Maimon, Salomon</note>B. J.</persName></hi> in einer kurzen Zeit viel weiter als er selbst darin gebracht hatte, und in die Tiefen dieser Wissenschaft eingedrungen war.</p> <p><hi rendition="#b"><persName ref="#ref0003"><note type="editorial">Maimon, Salomon</note>B. J.</persName></hi> wollte sich aber dennoch mit der litterarischen Kenntniß dieser Wissenschaft nicht befriedigen, er suchte in ihren Geist einzudringen; und da er bemerkte, daß diese ganze Wissenschaft, wenn sie diesen Nahmen verdienen sollte, nichts anders als die Geheimnisse der Natur in Fabeln und Allegorien eingehuͤllet, seyn koͤnne; so bemuͤhte er sich diese Geheimnisse ausfindig zu machen, und dadurch seine bloße litterarische Erkenntniß zu einer Vernunfterkenntniß zu erheben.</p> <p>Er konnte aber dieses damals nur auf eine sehr unvollstaͤndige Art bewerkstelligen, weil er noch sehr wenige Begriffe von Wissenschaften uͤberhaupt hatte. Doch gerieth er von selbst durch eignes Nachdenken auf viele Applikationen dieser Art. Er erklaͤrte sich z.B. gleich die erste Jnstanz, womit die Kabalisten gemeiniglich ihre Wissenschaft anfangen.</p> <p>Nehmlich: ehe die Welt erschaffen worden ist, hatte das goͤttliche Wesen allein den ganzen unend-<lb/></p> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [38/0040]
Gebrauch zu machen. Es war keine Stelle in der heiligen Schrift, oder im Talmud anzutreffen, deren geheimen Sinn er nicht aus kabalistischen Prinzipien, mit der groͤßten Fertigkeit haͤtte herauswickeln koͤnnen.
Selbst der Prediger gerieth daruͤber in Erstaunen und Verwunderung, als er sahe, daß es B. J. in einer kurzen Zeit viel weiter als er selbst darin gebracht hatte, und in die Tiefen dieser Wissenschaft eingedrungen war.
B. J. wollte sich aber dennoch mit der litterarischen Kenntniß dieser Wissenschaft nicht befriedigen, er suchte in ihren Geist einzudringen; und da er bemerkte, daß diese ganze Wissenschaft, wenn sie diesen Nahmen verdienen sollte, nichts anders als die Geheimnisse der Natur in Fabeln und Allegorien eingehuͤllet, seyn koͤnne; so bemuͤhte er sich diese Geheimnisse ausfindig zu machen, und dadurch seine bloße litterarische Erkenntniß zu einer Vernunfterkenntniß zu erheben.
Er konnte aber dieses damals nur auf eine sehr unvollstaͤndige Art bewerkstelligen, weil er noch sehr wenige Begriffe von Wissenschaften uͤberhaupt hatte. Doch gerieth er von selbst durch eignes Nachdenken auf viele Applikationen dieser Art. Er erklaͤrte sich z.B. gleich die erste Jnstanz, womit die Kabalisten gemeiniglich ihre Wissenschaft anfangen.
Nehmlich: ehe die Welt erschaffen worden ist, hatte das goͤttliche Wesen allein den ganzen unend-
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen … Christof Wingertszahn, Sheila Dickson, Goethe-Museum Düsseldorf/Anton-und-Katharina-Kippenberg-Stiftung, University of Glasgow: Erstellung der Transkription nach DTA-Richtlinien
(2015-06-09T11:00:00Z)
Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Matthias Boenig, Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie zu Berlin: Konvertierung nach DTA-Basisformat
(2015-06-09T11:00:00Z)
UB Uni-Bielefeld: Bereitstellung der Bilddigitalisate
(2015-06-09T11:00:00Z)
Weitere Informationen:Anmerkungen zur Transkription:
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2025 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |